Ewig
befördert, irrst du dich aber gewaltig«, stichelte der Reporter und tippte mit dem Finger an Sinas Brust.
»Hör zu, du Giftmischer. Wir konzentrieren uns zunächst auf diesen Babenberger-Stammbaum in Klosterneuburg, auf die Reise nach Süden, die Spinnerin am Kreuz und wo sie uns hinführt. Deinen Zaubertrank kannst du in deiner Freizeit brauen.«
Ein Klingeln hinderte Sina an einer zornigen Erwiderung. Wagner griff in seine Manteltasche und nahm das Gespräch an.
»Hier spricht Elena Millt von UMG. Wie geht es Ihnen, Mister Wagner?« Paul lächelte ins Telefon. Er hatte Elena bei seiner letzten Reise in die Vereinigten Staaten kennen gelernt und sie sah verdammt gut aus. Das und die hohen Honorare, die United Media Group für seine Reportagen zahlte, waren Grund genug für eine gezielte transatlantische Freundlichkeit.
»Elena, wie schön, von Ihnen zu hören«, rief Wagner und das halbe Café hörte interessiert zu.
»Wir haben von diesen Morden in Wien erfahren und hätten gerne einen Exklusivbericht von Ihnen. Oder haben Sie den schon jemandem anderen zugesagt?«
»Nein, ich bin an einer ganz großen Geschichte dran und UMG kann sie gerne exklusiv haben. Ich schicke Ihnen eine erste Reportage morgen, aber das wird mehr kosten als üblich, Elena. Das sind nicht nur zwei einfache Morde, das ist eine Sensation, sagen Sie das Mr. Wineberg.« Wagner hatte einen Kugelschreiber aus seiner Tasche geholt und kritzelte damit auf die Serviette.
»Mr. Wineberg geht es leider gar nicht gut, er ist auf seiner Yacht in der Karibik und seine Hausärzte sind vor Ort.« Elena klang besorgt. Der Medienmogul, Herrscher über drei große Tageszeitungen und zwei TV-Stationen, war über neunzig und seit Langem krank. Wagner hoffte, dass es mit ihm nicht zu Ende ging, bevor er seinen Scheck unterschreiben konnte.
»Wir verlassen uns auf Sie, Paul«, flötete Elena, »ich erwarte Ihren ersten Bericht morgen.« Damit legte sie auf und Wagner wollte das Handy schon wieder einstecken, da klingelte es erneut.
»Wagner, trinken Sie schon wieder einen Kaffee ohne mich?« Berner hörte sich an wie immer, nur ein wenig aufgekratzter.
»Sind Sie Hellseher, Kommissar?«, antwortete der Reporter und grinste Sina an. »Irgendwie habe ich das Gefühl, seit Sie in Pension sind, arbeiten Sie mehr als früher.«
»Mehr als gewisse Journalisten auf jeden Fall«, gab Berner zurück. »Mertens hatte ein Schließfach bei einer kleinen Privatbank in der Inneren Stadt, wenn meine Informationen richtig sind. Heute ist es schon zu spät, aber morgen werde ich nachschauen, was dort auf uns wartet.« Nach einer kurzen Pause fuhr er bissig fort: »Und was der Spurensicherung entgangen ist. Wenn es nach mir ginge, würde die Polizei Professor Sina engagieren, um Kurse bei uns zu veranstalten.«
»Was halten Sie davon, heute Abend mit Georg und mir die Fakten zu sichten und die Marschroute für die nächsten Tage abzustecken?«
Berner brummte etwas ins Telefon. »Ich bin kein großer Burgenfreund. Schon gar nicht, wenn das baufällige Gebäude weit außerhalb der Stadt liegt.«
»Keine Angst, Kommissar, wir bleiben in Wien und treffen uns bei mir in, sagen wir, zwei Stunden?«
»Soll ich etwas mitbringen zu der trauten Diskussionsrunde?« Berner schien erleichtert zu sein, die gewohnte Stadtumgebung nicht verlassen zu müssen.
»Nur Ihren üblichen Charme und Ihren Scharfsinn«, versetzte Wagner lachend und wurde dann schnell wieder ernst. Er erzählte Berner von dem jungen Priester im Schottenstift und dessen spurlosen Verschwinden in der Ruprechtskirche.
Der Kommissar überlegte kurz. »Das heißt aber auch, dass Sie auf dem richtigen Weg sind«, meinte er dann. »Solche Alarmglocken schrillen nur dann, wenn Sie eine bestimmte Linie überqueren. Meiner Meinung nach gibt es zwei Parteien in diesem Fall. Einmal jene, die das Geheimnis schützen wollen und die Sie heute alarmiert haben. Nennen wir sie die Bewahrer. Auf der anderen Seite steht der Mörder des Fremdenführers und des jungen Mädchens. Und für wen der arbeitet, das wissen wir nicht sicher. Ich habe einen Verdacht, aber dem muss ich erst nachgehen.« Berner schwieg.
»Und Mertens?«, fragte Wagner.
»Wenn Mertens zu viel wusste über Friedrich und sein Geheimnis, dann waren es die Bewahrer, die ihn zum Schweigen gebracht haben, bevor er ihnen mehr erzählen konnte«, meinte Berner nachdenklich. »Das ist die eine Möglichkeit. Es ist allerdings auch möglich, dass unser Mörder aus
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