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Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
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Berner zündete sich eine weitere Zigarette an und fuhr fort: »Ich habe nie einen besseren Safeknacker als dich in meiner ganzen Amtszeit erlebt, Gott sei Dank.«
    Eddy lächelte und winkte bescheiden ab. »Das ist lange her, Herr Kommissar, Jugendsünden.«
    »Nur mit dem Unterschied, dass dir bei Schlössern und Schlüsseln noch immer niemand etwas vormacht, oder soll ich doch deine Korrespondenz in Angriff nehmen?«, brummelte Berner und setzte sich wieder.
    Eddy hatte eine Lupe aus einer der Schubladen geholt und betrachtete aufmerksam den Schlüssel. Er drehte ihn, wog ihn in der Hand, nahm einen Mikrometer und maß genau Länge und Abstand der Einkerbungen. Dann zwängte er sich wieder hinter seinen Schreibtisch und holte eine kleine Ultraviolett-Lampe hervor, betrachtete den Schlüssel nochmals und reichte ihn schließlich an Berner zurück. »Was ist an den Gerüchten dran, dass Sie in Pension gegangen sind, Herr Kommissar«, fragte Eddy und schaute ihm in die Augen.
    »Erstens soll man nicht alles glauben, was man hört, und zweitens sind in besonderen Fällen alle Mittel recht.« Berner lehnte sich in seinem Sessel vor und sein Gesicht kam ganz nah an das des ehemaligen Ringers Eduard »Eddy« Bogner.
    Der nickte und meinte schließlich nach einem Moment des Nachdenkens: »Es heißt, Sie seien an einer ganz heißen Sache dran. Ich habe von dem Mord in der Karlskirche gehört. Das ist eine Sauerei, ein so junges Mädchen und völlig unschuldig.« Eddy deutete auf den Schlüssel in Berners Hand. »Geht es darum?«
    Der Kommissar nickte. Eddy schlug mit der Hand auf den Tisch. »Dann will ich, dass Sie das Schwein kriegen. Safe knacken ist eine Sache, einen jungen Menschen auszuziehen, ihm Flügel aufzumalen und ihn in einer Kirche dreißig Meter tief sinnlos fallen zu lassen, ist etwas anderes. Ich würde ihm das Genick brechen, wenn ich ihn in die Finger bekäme, glauben Sie mir.«
    Eddy schaute durch die blinden Scheiben in die Werkstatt, wo sich geisterhaft die Arbeiter bewegten wie in einem geheimnisvollen Ballett.
    »Jetzt zu dem Schlüssel, Herr Kommissar. Es ist ein seltenes System, vor drei Jahren produziert, nicht für eine große Bank, eher für ein kleines Institut. Privatbank zum Beispiel. Das System besteht aus nicht mehr als 200 Schlüsseln, Schließfächer. Der Schlüssel ist neu, kaum benutzt, keine zehn Mal verwendet, das sehe ich an den Kratzern. Wenn der Besitzer in der Inneren Stadt wohnt«, Eddy sah Berner fragend an und der nickte leicht, »dann würde ich bei Scholhammer und Schera vorbeischauen. Nur ein Tipp.« Eddy kratzte sich wieder hinter dem Ohr. »Und geben Sie acht, Herr Kommissar, da ist etwas im Busch, was mir nicht gefällt. Da versucht jemand, Sie kaltzustellen.«
    Berner stand auf und steckte den Schlüssel ein. »Danke, Eddy, ich stehe in deiner Schuld.«
    Der Exringer winkte ab. »Irgendwann gleicht sich jedes Konto aus, Herr Kommissar. Aber passen Sie auf, dass Ihre Pension nicht nur ein kurzes Intermezzo ist, zwischen letzten Ermittlungen und würdigem Begräbnis.«
    Berner fand, er hätte es selbst nicht besser formulieren können.
Café Diglas, Wien/Österreich
    P aul Wagner und Georg Sina saßen im Café Diglas am Fleischmarkt und jeder hing seinen Gedanken nach. Von der Ruprechtskirche aus waren sie über den Schwedenplatz schweigend hierher marschiert. Der alarmierte junge Priester, der so fluchtartig das Museum im Schottenstift verlassen hatte, nachdem er das Wort »Drachenviereck« gehört hatte, ging ihnen nicht mehr aus dem Kopf. Wen hatte er aufgesucht? War er durch die Ruprechtskirche nur gegangen, um sie abzuschütteln, oder hatte er dort jemanden getroffen? Und wenn ja, wen?
    So waren sie schweigsam nebeneinander durch die Innenstadt gegangen. Als sie auf ihrem Weg am einzigen erhaltenen mittelalterlichen Wohnturm Wiens beim berühmten Restaurant »Griechen Beisl« vorbeigekommen waren, hatte Sina kurz angehalten. Er hatte durch das Gitter im Boden auf die Puppe des lieben Augustin geschaut, der unverdrossen trinkend an seinem Tisch saß und sich geduldig von Kindern und Touristen mit Münzen bewerfen ließ. Dann hatte Sina leise »O du lieber Augustin alles ist hin …« intoniert.
    Wagner hatte ihn angesehen, zugehört und das Gesicht verzogen. »Wollen wir hoffen, dass wir noch so viel Leben in uns haben, dass wir wieder aus der Grube heraussteigen können, wenn uns jemand in ein anonymes Massengrab wirft«, hatte er lakonisch kommentiert, sich

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