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Ewige Nacht

Ewige Nacht

Titel: Ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Vatikan.«
    Auffallend war die Anwesenheit eines CIA-Beamten im engsten Umkreis des Papstes. Der Vatikan und die USA standen traditionell in engem Kontakt, besonders in den 70er und 80er Jahren, während des Kalten Krieges, hatten sie sich einander angenähert.
    Die CIA hatte dem Vatikan damals regelmäßig Geheimdienstinformationen zukommen lassen, und CIA-Vertreter waren regelmäßig beim Papst gewesen. Besonders die Unterstützung des Papstes für Solidarno sc in Polen hatte dazu geführt, dass osteuropäische Geheimdienste versuchten, katholische Pfarrer anzuwerben, damit sie ihnen Informationen aus dem Vatikan lieferten. Gleichzeitig wurden osteuropäische Botschaften und Büros osteuropäischer Fluggesellschaften in Rom als Abhörstationen gegen den Vatikan benutzt.
    Einer der Männer wollte Timo die Hand geben, aber Campbell sagte hinter ihrem Mundschutz: »Keinen Kontakt.«
    Der Italiener zog die Hand zurück und nickte Timo reserviert zu. »Worüber wollen Sie mit ihm reden, Signor Nortamo?«
    »Darüber, was genau im Amtszimmer des Papstes vorgefallen ist.«
    »Das ist schon mehrfach zur Sprache gebracht worden …«
    »Es wird so lange zur Sprache gebracht, bis wir weiterkommen.«
    »Wir haben ein Gespräch per Telefon vorgeschlagen …«
    »Das kann die persönliche Begegnung nicht ersetzen. Ich bin auch Ralf Denk begegnet«, sagte Timo mit leichter Übertreibung der Wahrheit. »Jetzt müssen wir wieder an ihn herankommen. Dafür brauchen wir dringend die Hilfe von Clemens XV.«
    Die Kardinäle tauschten Blicke und schwiegen.
    »Wie ist sein Zustand?«, wollte Timo von Campbell wissen.
    »Nicht gut. Weiße Blutkörperchen 1,5, Thrombozyten 90, Hämoglobin 104, Atemschwierigkeiten wegen starker Schleimabsonderung.«
    »Ich verstehe nichts von Medizin. Funktioniert sein Kopf?«
    Die Vertreter des Vatikans warfen sich entrüstete Blicke zu.
    »Vorläufig ja. Aber in dem Maße, in dem das Gehirn geschädigt wird, kann der Patient aggressiver und abweisender werden. Auch tiefe Depressionen sind möglich.«
    Einer der Kardinäle sagte: »Kann man nichts dagegen tun?«
    »Wir stärken seine Immunabwehr, indem wir ihm alle vier Stunden zwei Millionen Einheiten Interferon verabreichen. Haben Sie einen besseren Vorschlag?«
    Der Kardinal schwieg missmutig.
    Campbell wandte sich Timo zu. »Sie haben fünf Minuten, Mr Nortamo. Der Patient ist äußerst müde. Gehen Sie in den Umkleideraum weiter. Dave hilft Ihnen bei der Ausrüstung.«
    Ausrüstung? Ein jüngerer Mann führte Timo in den nächsten Raum, wo an der Wand drei Overalls hingen, die an Raumfahrtanzüge erinnerten. Timo hörte verdutzt zu, als der Amerikaner ihm Anweisungen gab.
    Zehn Minuten später betrat Timo durch eine Luftschleuse allein den Isolationsraum. Der Anzug war schwer, und das Plexiglas vor dem Gesicht beeinträchtigte die Sicht. Er bereute sein Kommen und fragte sich zum ersten Mal, was passierte, wenn er sich ansteckte. Er dachte dabei weniger an sich als vielmehr an Aaro und Soile.
    Der Anblick vor ihm war schockierend. Auf dem elektronisch verstellbaren Bett lag inmitten modernster Krankenhaustechnik ein menschliches Wrack. Gesicht, Hals und Arme, alle sichtbare Haut war von scharfen roten Punkten übersät. Ein Teil davon hatte sich zu blauen Hämatomen ausgeweitet. In den Armbeugen steckten Kanülen mit Schläuchen, und Brustkorb und Kopf waren mit Kabeln an ein Schaltpult angeschlossen.
    Der Voodoo-Papst.
    Langsam trat Timo ans Bett. Er fürchtete, in Ohnmacht zu fallen. Durch einen Schlauch aus der Decke wurde Atemluft in seinen Helm geleitet, aber je heftiger er atmete, umso bedrängter fühlte er sich. Er schloss einen Moment die Augen und versuchte sich zu beruhigen.
    Der Greis auf dem Bett schlug die Augen auf. Das Weiß darin war blutrot.
    Der Stellvertreter Gottes auf Erden.
    »Was wollen Sie?«, fragte der Papst. Seine Stimme hatte überraschend viel Kraft. Timo erschrak.
    »Ich bin …«
    »Ich weiß, wer Sie sind. Was wollen Sie? Ich habe schon alles erzählt.«
    Timo wusste, dass er auf Risiko spielte. Er hatte nur ein paar Namen und eine vage Vorstellung davon, dass Ralfs Besuch beim Papst auch mit persönlichen Dingen zu tun gehabt haben könnte. Außer Theos religiösen Requisiten kannte er nur ein Verbindungsstück zwischen Ralf und der katholischen Kirche: den Onkel. Pater Eugen hatte Ralf und Theo sein Haus vermacht, und die beiden hatten sich geweigert, das Erbe anzunehmen. Warum?
    Timo räusperte sich und sah den

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