Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ewige Nacht

Ewige Nacht

Titel: Ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
Vom Netzwerk:
konnten, passte überhaupt nicht ins Bild. Allerdings hatte die G1 beim Papst gerade ebenfalls ein verändertes Ebola-Virus eingesetzt.
    Die Straße führte durch leicht hügeliges Gelände, das von einem dichten, grünen Baumbestand überzogen war. Timo verspürte eine merkwürdige Übelkeit. Er veränderte seine Sitzposition, um den Luftstrom des offenen Vorderfensters abzubekommen.
    »Entschuldigung, können Sie einen Moment anhalten«, sagte er zum Fahrer und befeuchtete die Lippen.
    Der Fahrer blickte in den Spiegel und bremste. Timo kletterte hinaus und atmete tief die warme Luft ein, die schwer nach exotischen Pflanzen und tierischem Dung roch. Er sah den Fahrer in sein Funkgerät sprechen.
     
    Noora stand auf dem flachen, kraterartigen Gipfel des Mwanga über den Höhlen und bestaunte die Vielfalt der Natur um sie herum. Es war wie aus dem Lehrbuch: ein perfektes Ökosystem.
    Aber aus größerer Distanz betrachtet war es alles andere als das. Die Erde war seit ihrer Entstehung fünfmal von einem Massensterben betroffen gewesen, bei dem jeweils in katastrophaler Weise Arten ausgerottet worden waren: im Ordovizium vor 435 Millionen Jahren, im Devon vor 350 Millionen Jahren, im Perm vor 225 Millionen Jahren, im Trias vor 250 Millionen Jahren und im Paläogen vor 66 Millionen Jahren.
    Das sechste Massensterben war gerade im Gange. Diesmal jedoch waren nicht Vulkanausbrüche oder Asteroide der Grund, sondern der Mensch selbst.
    Jeden Tag starben fünfzig Tier-oder Pflanzenarten aus. In den Regenwäldern Afrikas, Südamerikas und Südostasiens wurden 20000 Arten im Jahr infolge von Abholzungen ausradiert.
    Die tropischen Regenwälder waren über 100 Millionen Jahre alt. Motorsägen, Planierraupen und Flammen zerstörten davon jährlich ein Gebiet von der Größe Deutschlands, vor allem in Südamerika. Und mit der Zerstörung des Waldes wurde auch die Photosynthese zerstört, mit der das Sauerstoff-und Kohlendioxydgleichgewicht, das Klima auf der Erde, geregelt wurde.
    In den nächsten dreißig Jahren würde die Hälfte aller Arten auf dem Planeten aussterben. Nahm man die früheren Artensterben zum Maßstab, würde die Biodiversität 35 Millionen Jahre benötigen, um sich davon wieder zu erholen.
    Noora schaute auf den mehrere tausend Liter fassenden Kunststofftank, der zwischen den Ästen eines Sipo-Mahagoni-Baums hervorschimmerte. Für den Transport mit dem Hubschrauber waren an der Oberseite Karabinerhaken befestigt. Ein armdicker Schlauch schlängelte sich von dem Behälter aus durch das feuchte, sumpfige Gelände zu einer großen Pfütze, die an ein finnisches Morastloch erinnerte. Dreißig, vierzig Meter weiter stand ein zweiter Behälter, und hinter diesem folgten weitere.
    »Was sind das für Tanks?«, fragte sie Ilgar, der gerade das Ventil am Schlauch aufdrehte.
    Bevor Ilgar antworten konnte, kam Ralf aufgeregt angelaufen. »In Kapulo ist ein Besucher für uns angekommen.«
    »Wer?«
    Erst als Ralf unmittelbar vor ihr stand, bemerkte Noora an dessen Blick, wie erschrocken er war. Unverhüllte Panik glühte in den übernächtigten, geschwollenen Augen.
    »Ein Landsmann von dir«, sagte er leise. »Monsieur Nortamo aus Brüssel.«
    Noora stöhnte auf. »Das darf nicht wahr sein. Wie …«
    »Wenn sie etwas wüssten, hätten sie mehr als nur einen Mann geschickt.« Ralf wandte sich an Ilgar, der sich aufgerichtet hatte.
    »Nortamo will zum Mwanga«, sagte Ralf. »Er hat die Koordinaten.«
    Ilgar starrte ihn an. »Was?«
    »Ja.« Ralfs linkes Auge zuckte. »Er hat gründlich recherchiert. Sie überprüfen die Stelle.«
    »Und was machen wir dann?«
    »Ich habe der Führerin Anweisungen gegeben. Wir erledigen den Fall auf die einzig mögliche Art.«
    »Wenn Nortamo etwas zustößt, werden bald sehr viele Männer hier sein.«
    »Ihm wird nichts zustoßen, was Verdacht erregen könnte.«
    »Ihr wollt ihn umbringen«, sagte Noora kühl. »Ist das klug?«
    »Hat dich jemand nach deiner Meinung gefragt?«, entgegnete Ralf leise und frostig.
    Er trat einige Schritte zur Seite, holte das Telefon aus der Tasche und rief Tobias in Brüssel an.
    »Es ist Zeit, zu überlegen, wie du an den Jungen herankommst.«
     
    Timo stand mit dem Satellitentelefon am Ohr im Schatten des dichten Laubes. Die Führerin hatte etwas zu erledigen und wollte in fünf Minuten zurück sein.
    Der Landrover war in der Fahrspur geparkt, buchstäblich am Ende der Straße. Durch die Blätter drang Licht in den dschungelartigen Wald, in dem das

Weitere Kostenlose Bücher