Ewige Nacht
Konzert unbekannter Vögel und anderer Tiere so laut war, dass Timo sich das andere Ohr zuhalten musste, um die Stimme seines italienischen Kollegen aus Brüssel hören zu können.
»Der Papst ist tot«, sagte de Gasperi.
Diese Mitteilung überraschte Timo nicht, aber sie steigerte seine Beklemmung. Der Plan der G1 war aufgegangen. Auch in diesem Fall. »Was wird der Vatikan als Todesursache angeben?«
»Das weiß man noch nicht. Sie können weder die Wahrheit sagen noch lügen. Die Vatikan-Experten von der CIA sagen, um die Nachfolge des Papstes herrsche Krieg.«
»Weißt du, ob Heidi schon mit meinem Sohn über das Kennzeichen eines Wohnmobils gesprochen hat?«
»Glaube ich nicht. Hier ist ziemlich viel los. Gibt es bei dir was Neues?«
»Ich gehe jetzt mit einer Führerin zum Mwanga.« Timo verstaute das Telefon in seiner Umhängetasche. Ihm fiel auf, dass sich sein Puls während des Telefonats beschleunigt hatte.
Die Führerin kam lächelnd auf ihn zu. »Gehen wir?«
Timo nickte.
Das Granitgebäude, das neben dem Weißen Haus in Washington D. C. stand, trug den Namen OEOB, Old Executive Office Building . Hinter der dekorativen Fassade arbeiteten die Redenschreiber des Präsidenten, seine politischen Ratgeber, der Pressedienst sowie die Beamten des Nationalen Sicherheitsrates unter der Leitung von Condoleezza Rice.
Der nach dem Bürgerkrieg erbaute Koloss hatte zahlreiche Renovierungen erfahren, aber die Büros im administrativen Kern der Supermacht-Führungsetage waren schmucklos. Zu den ersten Maßnahmen, die George W. Bush nach dem 11. September ergriffen hatte, gehörte der Einbau eines neuen, abhörsicheren Konferenzraums. Dort trat nun eine Gruppe der höchsten Sicherheits-und Geheimdienstbeamten der Vereinigten Staaten zusammen.
»Eine USAMRIID-Gruppe und eine NEST-Einheit sind auf dem Weg in den Kongo«, sagte ein Beamter des Nationalen Sicherheitsrats. »Sie sind darauf vorbereitet, eventuell eine SADM zu entschärfen und den Boden in der unmittelbaren Umgebung zu neutralisieren. Wenn die Absicht der Terroristen darin besteht, die strategische Konstellation des russischen Grib-Projekts zu kopieren, erwarten wir eine große Menge gefriergetrockneter oder kristallisierter Virusmasse. «
»Hoffentlich kommen sie noch rechtzeitig«, sagte ein CIA-Beamter. »Ein Mitarbeiter von TERA ist schon vor Ort, aber wir haben keinen Kontakt zu ihm.«
»Moment mal«, unterbrach der Beamte des Sicherheitsrats gereizt. »Wie wahrscheinlich ist denn dieses Horrorszenario überhaupt?«
»Wir sind nicht hier, um uns darüber den Kopf zu zerbrechen«, entgegnete der CIA-Beamte.
Der Vertreter des Pentagons hob die Hand. »Ohne ins Detail gehen zu wollen, stelle ich fest, dass die Freisetzung von viralem Aeorosol mittels einer Kernladung im Prinzip nicht von den traditionellen Explosionen abweicht, mit denen wir Erfahrung haben. Dies hier ist natürlich keine neue Technik für uns, auch wenn wir das nicht öffentlich zugeben können. In den 80er Jahren haben wir umfassende Computersimulationen einer strategischen Biowaffe erstellt.«
»Ach ja? Haben wir das?«, fragte der Beamte des Nationalen Sicherheitsrats giftig.
»Nachdem Informationen durchgesickert waren, denen zufolge die Sowjetunion etwas Vergleichbares entwickelte. Wir mussten verstehen, wozu der Feind in der Lage war. Wir stellten fest, dass die Freisetzung von Aerosol durch eine Kernladung sorgfältiger Vorbereitungen bedurfte. Die Zahl der relevanten Variablen war unglaublich groß. Das Gleiche galt für die Toleranzen: Selbst wenn nur ein Teil des Experiments funktionierte, entstand Bioaerosol. Lediglich ein kleiner Prozentsatz der Krankheitserreger musste am Leben bleiben.«
»Sieht so aus, als würde es bei der G1 mit mehr als ein paar Prozent klappen, wenn man bedenkt, dass es ihnen gelungen ist, eine SADM zu beschaffen. Plus ein Virus, das Ebola ähnelt. Und damit auch noch den Papst zu infizieren.«
»Die Leute, die das geplant haben, scheinen zu wissen, was sie tun. Der Mount Mwanga ist nicht zufällig als Ort für die Zündung der Ladung ausgewählt worden. Die geophysische Struktur des Kraters und das poröse Gestein eignen sich hervorragend für diesen Zweck. Laut Peschkow hatte man in der Sowjetunion geplant, als Explosionsort einen vulkanischen Komplex in der Nähe von Buturlinowka zu nehmen. Die beiden Orte ähneln sich tatsächlich in mehrfacher Hinsicht.«
»Und die Pathogene?«, fragte der CIA-Beamte. »Was für
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