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Ewige Nacht

Ewige Nacht

Titel: Ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Sonnenlicht durchdrang die Nebelwolken an den Hängen wie auf einer Darstellung der Erschaffung der Welt in dem Moment, in dem Gott sagte: Es werde Licht.
    Ein unwirkliches Gefühl überkam Timo. Man hatte den Papst ermordet. Der Stellvertreter Gottes auf Erden war durch ein Virus ums Leben gekommen, das aus dieser Gegend hier stammte.
    Noch immer jagte Timo der Gedanke an die blutigen Augen des Kranken einen Schauer über den Rücken. Oder war es eher die Härte seines Blicks, die ihn noch im Nachhinein frösteln ließ? Was hatte der Papst verheimlicht? Und warum?
    Timo war gegenüber der katholischen Kirche immer skeptisch gewesen. Sie hatte sich im Laufe der Jahrhunderte unermessliche soziale und ökonomische Macht erworben, was unweigerlich irdische Probleme entstehen ließ – aber auch Möglichkeiten.
    Er ging weiter, um nicht den Anschluss zu verlieren. Die Kraft und die Ausdauer dieser alten Frau waren unfassbar. Sie war mindestens so alt wie der Papst, hatte aber nicht das Geringste von jener Zerbrechlichkeit, die sein Leben am Schreibtisch verursachte.
    Auf einmal kam Timo ein Gedanke, der ihn innehalten ließ. Er erinnerte sich an Ralfs Zeitungsausschnitte aus der Zeit in Südafrika. Darin war auch die Rede von Krankheitserregern gewesen, die nur Schwarze infizierten.
    Er spürte eine eisige Umklammerung, wenn er sich ein bestimmtes Szenario vorstellte.
    Der Gedanke war so schockierend, dass er wünschte, er wäre ihm nie gekommen.
    »Warten Sie«, rief er der Führerin atemlos zu. »Ich muss kurz telefonieren.«
    Die Frau blickte sich um und blieb stehen.
    Timo suchte in der Umhängetasche nach dem Satellitentelefon und rief TERA-Chef Tony Wilson in Brüssel an. Sein Akku hielt zum Glück noch durch.
    »Tony … Frag die Amerikaner, ob man aus dem Grib-Ethno-Virus, das bei Chinesen anschlägt, eine Variante herstellen kann, die nur Weiße infiziert.«
    In Timos Ohr rauschte es, obwohl die Leitung digital war.
    »Willst du damit sagen, die G1 könnte einen Schlag gegen die gesamte weiße Rasse planen?«
    »Diese Fanatiker sind Bevölkerungspessimisten. Sie wollen um jeden Preis den Planeten schützen …«
    »Und warum haben sie dann den Papst gesondert infiziert, wenn sie ohnehin vorhaben, das Virus in die Atmosphäre zu jagen?«
    »Sie wollten ein Beispiel dafür geben, was das Virus mit seinen Opfern macht.«
    Timo rasten Bilder durch den Kopf: Massen von Menschen mit Atemschutzmasken, Millionen, die erkrankt waren wie der Papst, Aaro einer von ihnen. Gegen eine solche weltweite Epidemie wäre selbst das schlimmste SARS nur ein mittelschwerer Schnupfen.
    »Beeilt euch«, sagte Timo ins Telefon und schloss die Augen.
    Ist es im Alptraum möglich, einen anderen Alptraum zu träumen?
     
    Im Konferenzraum in Washington legte der CIA-Beamte den Hörer auf. »Das war Wilson aus Brüssel«, sagte er mit Blick auf den USAMRIID-Experten. »Wenn es den Russen gelungen ist, eine ethnische Ebola-Variante herzustellen, die nur Chinesen ansteckt, kann man das Gleiche dann auch gegen Weiße gerichtet machen?«
    Die Beamten sahen sich an.
    »Die Ebola-Proteine wirken auf das Immunsystem«, sagte der USAMRIID-Experte. »Sie schwächen die Immunabwehr, worauf nichts mehr die Vermehrung des Virus in den Zellen verhindern kann. Das Ebola-Virus bildet sich aus sieben verschiedenen Proteinen. Drei davon sind ziemlich gut bekannt, aber die vier anderen geben noch immer Rätsel auf, was die Struktur und die Funktion angeht. Ob die Russen in dieser Frage weiter sind, weiß ich nicht.«
    »Spekulier mal. Welche Chancen gibt es, eine Variante zu entwickeln, die sich gegen Weiße richtet?«
    »Das Filo-Virus mag besonders Kollagen, es vermehrt sich im Hautgewebe. Kollagen hält die Haut zusammen, und seine Struktur variiert, zum Beispiel je nach Pigmentierung. Asiaten, Afrikaner oder Kaukasier haben unterschiedliche Pigmentstrukturen.«
    Der Vertreter des Militärgeheimdienstes räusperte sich. »Das ist keine Spekulation. Rassenunterschiede sind an verschiedenen Orten der Welt ausführlich untersucht worden. In bestimmten Kreisen ist der Begriff ›pigmentspezifisch‹ schon immer relevant gewesen. Das Interesse Pretorias ist bekannt: Südafrika hat ernsthaft versucht, einen Krankheitserreger zu schaffen, der nur Schwarze ansteckt. Und für ihre Forschungen wollten sie unsere Unterstützung haben.«
    »Wie lautet also die Antwort auf meine Frage?«, sagte der CIA-Beamte. »Ich will eine Einschätzung, wie schwierig es ist, durch

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