Ewige Nacht
Modifizierung ein nur auf Weiße wirkendes Ebola-Virus herzustellen.«
»Sollte irgendwo ein Mechanismus entdeckt worden sein, mit dem man ethnische Selektivität in den Filo-Virus bekommen kann, dann, würde ich sagen, lässt sich die Manipulation am leichtesten gegen die weiße Rasse durchführen, wegen unserer Kollagenstruktur.«
»Das Szenario sieht also folgendermaßen aus: Die G1 beabsichtigt, eine Kernladung einzusetzen, um ein Virus zu verbreiten, das den größten Teil der weißen Rasse vernichtet.«
Rund um den Konferenztisch tauschte man ungläubige und entsetzte Blicke.
DRITTER TEIL
43
In ihrem Büro im TERA-Hauptquartier nahm Heidi Klötz den Telefonhörer ab.
»Hier ist Mihail Semenow aus Moskau«, sagte ein Mann in russisch gefärbtem Englisch am anderen Ende der Leitung. »Ich suche Timo Nortamo, aber das Gespräch ist zur Zentrale umgeleitet worden, und dort kann man nicht sagen, wie ich ihn erreiche.«
»Nortamo ist … auf Reisen. Ich bin Heidi Klötz, seine Kollegin.«
»Können wir auf eine gesicherte Leitung wechseln?«
Heidi horchte auf. »Selbstverständlich.«
Sie vereinbarten, dass Semenow in wenigen Minuten noch einmal anrufen sollte, und Heidi Klötz ging gespannt eine Etage tiefer in eine abhörsichere Telefonkabine.
»Im Rahmen des Abkommens über Informationsaustausch habe ich von meinem Vorgesetzten die Vollmacht erhalten, über das Urteil bezüglich Ilgar Azneft zu berichten«, sagte der Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes in Moskau. »Wir stellen darüber keine schriftlichen Dokumente aus und geben auch keine öffentliche Bestätigung. Bei einem möglichen Prozess sind die Informationen nicht verwendbar …«
Heidi Klötz spielte ungeduldig mit ihrem Stift, während sie sich die Litanei anhörte.
»Ich lese direkt aus dem Gerichtsbeschluss vor. Die Angeklagten: Ilgar Ismet Azneft, Doktor der Molekularbiologie, Seniorforscher, und Jewlan Artikjan Kurabekow, Doktor der Virologie, Abteilungsleiter, beide vom molekularbiologischen Institut Koltsowo, Ilim Fahri Azneft … «
Heidi Klötz machte sich Notizen, obwohl das Gespräch sowohl auf einer Festplatte als auch mit einem analogen Band aufgezeichnet wurde.
»Die Angeklagten waren nachweislich an einem Vorhaben beteiligt, bei dem die so genannte Variante E266A+ modifiziert wurde, um dem sowjetischen Volk Schaden zuzufügen …«
Heidis Handflächen wurden feucht. Die Verbindung war gut, die Stimme aus Moskau klang wie aus dem Zimmer nebenan.
»Festgestellt wurde ferner, dass Ilgar Azneft geheimes Material an seinen Bruder Ilim Azneft weitergegeben hat, der sich der Aufhetzung von aus ihren Wohngebieten vertriebenen Krimtataren und deren Nachkommen schuldig gemacht hatte. Die Angeklagten Azneft, Azneft und Kurabekow werden wegen schweren Landesverrats schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Das Urteil tritt sofort in Kraft, außer im Falle Ilgar Aznefts, der in Abwesenheit verurteilt wird.«
In der Leitung wurde es still.
»Aufhetzung gegen die Sowjetunion?«, fragte Heidi Klötz.
»Die Krimtataren waren eine Minderheit, eine Randgruppe wie die Tschetschenen. Abergläubisch und ungehorsam. Stalin hat sie vertrieben, und viele sind in Lagern ums Leben gekommen.«
»Sind die Tataren … Weiße?«
»Nein. Asiaten. Was hat das für eine Bedeutung?«
Heidi Klötz schwieg.
Timo hätte die letzten wenigen hundert Meter gern sofort zurückgelegt, musste sich aber kurz ausruhen. Die Führerin hatte sich entfernt, um ihre Notdurft zu verrichten.
Schweißnass setzte sich Timo auf den Stamm eines Jakarandabaumes, den ein Sturm vor langer Zeit umgeworfen hatte, und starrte auf eine der Öffnungen des Höhlensystems. Das teilweise zugewachsene, mannshohe Loch zog ihn an, aber er beherrschte sich. Zum Nachmittag hin hatte sich der Himmel zugezogen, die Luft war drückend feucht.
Er drückte einige Tasten auf dem Navigationsgerät, und auf dem Display erschien ein Schema, auf dem in konzentrischen Bahnen die Symbole der Satelliten kreisten. Eine Säule zeigte an, dass eine Verbindung hergestellt wurde.
Sie waren durch schweres Gelände gegangen. Bisweilen war es Timo vorgekommen, als hätte die Führerin nicht die direkte Route genommen, sondern einen verschlungenen Umweg, um sich wichtig zu machen. Aber vielleicht war das auch nur Einbildung gewesen, denn der direkte Weg war nicht unbedingt der schnellste.
Das Navigationsgerät piepste schwach. Bis zum Koordinatenpunkt unterhalb des Kraters waren
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