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Ewige Nacht

Ewige Nacht

Titel: Ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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sogleich weitertuschelte. Sie hatten sich in der ULB kennen gelernt, wo sich Reija für einen Französischkurs angemeldet hatte. Jean-Luc trug fast ebenso seltsame Klamotten wie sie, und Aaro konnte beim besten Willen nicht sagen, dass er sympathisch aussah. Aber wie Reija schon meinte: Der beste Französischunterricht bestand in der Konversation mit Muttersprachlern.
    »Le garçon, on était forcé de l’emmener aussi?«, fragte Jean-Luc.
    »Diesmal ja. Ich bin im Dienst.« Reija nahm Jean-Lucs Hand. »Aber ich muss nicht jeden Abend arbeiten. Und nachts nie.«
     
    Der Landrover raste so schnell über die unebene Straße, dass es aussah, als würde er jeden Moment in den Dschungel geschleudert werden. Die Dämmerung war rasch in Dunkelheit übergegangen, aber am Horizont hing eine Wolke, die noch einen schwachen Schein von Sonnenlicht reflektierte. In extrem niedriger Höhe folgte der amerikanische Helikopter dem Auto. Das helle Dach des Geländewagens leuchtete im Licht des Suchscheinwerfers. Ilgar lenkte mit heftigen Bewegungen.
    »Hoffnungslos«, rief Ralf auf dem Beifahrersitz unter dem Lärm des Hubschraubers.
    Ilgar antwortete nicht, sondern schaltete wegen eines steilen Anstiegs in einen niedrigeren Gang.
    »Wir müssen ihnen helfen«, rief Ralf.
    »Redet so ein Mann, der bereit war, ein Sterilisationsvirus über der ganzen …«
    »Dadurch wären keine Menschen getötet worden. Die Idee war eine andere. Mit dem, was Sakombi plant, will ich nichts zu tun haben!«
    »Wie sollen wir ihnen schon helfen? Weißt du vielleicht, wo Sakombi die Ladung hingebracht hat?«
    Das Auto schaukelte so heftig, dass Ilgar fast mit dem Kopf gegen den Türholm geschlagen wäre.
    »Hättest du Sakombi so etwas zugetraut?«, fragte Ralf.
    »Ich habe Verständnis für seine Verbitterung.« Nach der Kuppe schaltete Ilgar wieder hoch. Es hörte sich an, als wollte der Hubschrauber auf dem Dach des Geländewagens landen. Ilgars Stimme drang kaum durch den Lärm hindurch. Er räusperte sich. »Aber mir war nicht klar, dass Sakombi durchgeknallt ist.«
    Plötzlich packte Ralf Ilgar an der Schulter. »Vielleicht liegt in seiner Verbitterung die Antwort auf die Frage, wo die Ladung ist!« Ralfs Miene versteinerte. »Halt an.«
    »Du kannst doch nicht …«
    »Halt an!«
    »Wir haben noch Chancen, zu entkommen!« Ilgar steuerte konzentriert den Wagen. »Sie können hier nicht landen …«
    »H ALT DAS A UTO AN !«
    Ilgar beschleunigte.
    Ralf griff nach dem Lenkrad, schob das linke Bein auf die Fahrerseite und trat heftig auf die Bremse.
    »Du bringst uns um!«, schrie Ilgar, als der Wagen ins Schlingern kam.
    Ralf ließ das Steuer nicht los. Er trat so lange auf das Bremspedal, bis das Auto stand. Der grelle Scheinwerferkegel des Helikopters bewegte sich weiter, die Autoscheinwerfer beleuchteten das Grün ringsum mit dem matten Licht zweier Kerzen.
    »Du spinnst«, keuchte Ilgar.
    »Die Bombe ist in Brüssel«, sagte Ralf mit flackerndem Blick. »Weißt du nicht mehr, was Sakombi einmal über Brüssel gesagt hat? ›Man müsste die Stadt genauso gründlich zerstören wie die Dörfer, die von den Belgiern im Kongo zerstört wurden.‹«
    Mit einer abrupten Bewegung riss Ralf die Tür auf und sprang aus dem Wagen. Der Hubschrauber hatte bereits gewendet und kam auf sie zu. Der Suchscheinwerfer näherte sich, und Ralf begann zu winken. Er blickte zur Seite und sah Ilgar wieder losfahren.
    »Halt an!«, brüllte Ralf, aber Ilgar trat aufs Gaspedal. Leroy Thompson, der Kommandant des Team Falcon sah unter sich den davonbrausenden Geländewagen und einen Mann, der am Straßenrand stand und winkte. Er überlegte kurz.
    »Craig, wir folgen dem Wagen«, sagte er dem Piloten über Funk.
    Der Geländewagen raste in irrsinnigem Tempo die kurvenreiche Straße entlang. Der Wald wurde lichter, die Straße führte an einem steilen Hang entlang in ein tiefes Tal. Mit Müh und Not blieb das Fahrzeug auf der Hangstraße in der Spur.
    Thompson kniff die Augen zusammen. Auf eine leichte Biegung folgte unvermittelt eine Kurve von fast 90 Grad.
     
    Ilgar konzentrierte sich auf die holperige Straße und bemühte sich um exakte Lenkbewegungen. Die Straße machte eine leichte Biegung. Er musste an seine Flucht von Koltsowo in den Westen denken. Damals hatte ihn das Bewusstsein angetrieben, dass er das Leben noch vor sich hatte.
    Jetzt wusste er, dass er das Leben hinter sich und das Gefängnis vor sich hatte, wenn er erwischt wurde. Er konnte bei der Suche nach

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