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Ewige Nacht

Ewige Nacht

Titel: Ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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die Kabine.
    »Misch dich nicht in die Angelegenheiten von Erwachsenen ein«, flüsterte er. »Merk dir das! Das ist das letzte Mal. Verstanden?« Am liebsten hätte er Aaro eine Kopfnuss verpasst, aber er beherrschte sich.
    »Ich wollte dir nur helfen …«
    »Das weiß ich, aber wenn ich Hilfe brauche, bitte ich dich darum.«
    Aaro wirkte plötzlich ganz bedrückt. Fast tat er Timo leid. Er strich ihm mit seiner großen Hand übers Haar. Der kleine Kopf fühlte sich so zerbrechlich an. »Einverstanden?«
    »Einverstanden«, sagte Aaro.
    »Nichtsdestotrotz: Du hast das clever gemacht.«
    Timo sah, wie sehr sich Aaro über das Lob freute, und fügte gleich wieder mäßigend hinzu: »Aber du darfst dich in diese Dinge nicht einmischen, auch wenn du es noch so gern möchtest. Solche Sachen können wegen Kleinigkeiten schief gehen.«
    Kaum hatte er den Satz ausgesprochen, begriff Timo, dass er zu viel gesagt hatte.
    »Was denn für Sachen?«
    »Hör auf …«
    »Werden die wegen irgendwas verdächtigt?«, flüsterte Aaro und nickte in Richtung Nachbarkabine. »Hat es mit dem Überfall auf den Geldtransporter zu tun? Fahren wir deswegen schon heute zurück? Und du hast absichtlich die Kabine neben ihnen genommen …«
    »Sei jetzt endlich still!«, flüsterte Timo gereizt. »Wenn du die Angelegenheit auch nur mit einem einzigen Wort anschneidest, bekommst du einen Monat Internet-Verbot. Kapiert?«
    Aaro nickte.
    Im selben Moment hörten sie, dass die Kabinentür nebenan aufging.
    Timo erstarrte. Aaro wollte etwas sagen, blieb aber stumm.
     
    Das Schiff legte so ruhig vom Kai ab, dass man es mit geschlossenen Augen nicht bemerkt hätte. Noora war Ralf aufs Deck hinaus gefolgt. Der Herbsthimmel über Helsinki wurde dunkel, ein Teil der Lichter brannte bereits. Noora war etwas zerstreut, wie immer, wenn sie zu einer Reise aufbrach. Als bedeutete das Ablegen vom Festland auch den Abschied von allem, was in den vorangegangenen Tagen geschehen war.
    Sie stützten sich auf die Reling. Ralf wollte in der Kabine über nichts reden, was mit der Operation zu tun hatte. Noora hatte sich von seiner Paranoia anstecken lassen und ihre Wut herunter geschluckt. Wieder einmal akzeptierte sie, dass Ralf besser wusste, was klug war.
    Jetzt blickte Ralf sie an und sagte mit gesenkter Stimme, obwohl niemand in ihrer Nähe war: »Verzeih mir.«
    Noora starrte auf das von den Schiffsschrauben aufgewühlte Wasser.
    »Du hast ein Recht darauf, es zu wissen.« Endlich lag wieder Wärme in Ralfs Stimme, als würde es ihn beruhigen, dass das Schiff ohne Probleme aus dem Hafen auslief.
    »Aber ich kann dir nur verraten, dass wir große Dinge vorhaben. Größer, als wir es selbst fassen können.«
    Der Gegensatz zwischen Ralfs schlichtem Tonfall und den pathetischen Worten bereitete Noora eine Gänsehaut. Sie hatte Tränen in den Augen, als sie ihn ansah.
    »Wir glauben an das Gleiche«, sagte Ralf. »Wir wissen, was passieren müsste, aber es passiert nicht ohne uns. Bist du bereit, den Weg zu Ende zu gehen, den wir in Genua gemeinsam betreten haben?«
    Noora nickte bewegt.
    »Bist du bereit, mir bei zwei Aktionen zu helfen: im Vatikan und im Kongo?«
    Noora nickte. Jetzt begriff sie, warum Ralf ihr einen Monat zuvor befohlen hatte, sich die nötigen Impfungen für Zentralafrika zu besorgen. Als Grund hatte er einen Kongress genannt, der im Oktober in Tansania stattfinden sollte, aber jetzt war Noora klar: Das war nur ein Vorwand gewesen.
    »Alles, was wir bisher getan haben, diente der Vorbereitung. Die eigentliche Arbeit beginnt jetzt«, fuhr Ralf mit heiserer Stimme fort, die in Nooras Ohren pulsierte. »Unser Plan erfordert mehr, als ein Mensch allein leisten kann.«
    Mit fiebrigen Augen sah er Noora aus nächster Nähe an. Über ihnen schrien die Möwen im Licht der Schiffsscheinwerfer.
    13
    Timo und Aaro standen an der Rezeption der Finnhansa und studierten die Essenszeiten. Timo hatte den ganzen Tag noch nichts Richtiges gegessen.
    »Erst um acht«, brummte er.
    »O nein«, seufzte Aaro.
    »Hast du solchen Hunger?«
    »Nein, mir ist gerade eingefallen, dass ich das Ladegerät im Auto gelassen habe. Ich muss mein Handy aufladen.«
    »Wofür brauchst du während der Fahrt dein Telefon?«
    »Das fragst du mich?«, entgegnete Aaro unwillig. »Ist das Autodeck noch offen?«
    »Ich denke schon. Bis eine halbe Stunde nach Abfahrt.«
    Aaro streckte die Hand aus, und Timo legte die Autoschlüssel hinein.
    Nachdem Aaro gegangen war, sah Timo sich um

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