Ewige Treue
Vielleicht war Griff an einem ähnlichen Ort gezeugt worden.
Der Nachtportier schaute glasig, was von dem Joint kam, den er gerade rauchte, als Griff eintrat. Griff fragte, wie viel eine Nacht kostete, legte die entsprechende Summe auf die Theke und nahm den Schlüssel, der ihm wortlos zugeschoben wurde. Er brauchte sich nicht einmal einzutragen. Falls dem Jungen die Blutflecken aufgefallen waren, interessierten sie ihn nicht.
Griff schloss die Tür zu seinem Zimmer auf, ließ die Reisetasche fallen und ging direkt weiter in das telefonzellengroße Bad. Die Toilette war fleckig. Sie stank nach Pisse. Der ganze Raum stank nach Mensch, Schimmel, ruiniertem Leben. Er trat voll bekleidet in die Dusche, wusch sich und seine Kleider und ließ das Wasser laufen, bis der rote Strudel um seine Füße zu einem hellen Rosa verblasst war und schließlich aufklarte.
Die Steppdecke war fleckig, aber er war zu erschöpft, um sich daran zu stören. Das amouröse Gestöhne und Gegrunze, das aus dem Raum nebenan durch die papierdünne Wand drang, hielt ihn noch eine Weile wach, dann ließ ihn das gleichmäßige Rumsen des Kopfendes im Nachbarzimmer in einen unruhigen Schlaf fallen, während draußen die Sonne aufging.
Jetzt allerdings war er hellwach. Es war kurz vor Mittag, und er musste wissen, wie beschissen seine Lage wirklich war. Er schaltete den an der Wand festgedübelten Fernseher ein. Die örtlichen Sender begannen eben mit den Mittagsnachrichten, wie nicht anders zu erwarten war der Speakman-Mord überall das Topthema.
Man zeigte Livebilder von der Außenmauer des Anwesens und von den Streifenwagen, die das Zufahrtstor blockierten. Eine Station ließ ihren Helikopter über dem Grundstück kreisen, obwohl man wegen der Bäume kaum das Haus sehen konnte. Ein Archivfoto des »prominenten Geschäftsmannes und vorbildlichen Bürgers unserer Stadt« erschien auf dem Bildschirm. Das Bild von Speakman war mehrere Jahre alt und, wie Griff vermutete, vor dem Unfall aufgenommen worden, als Speakman noch kräftiger wirkte.
Die Gouverneurin war in ihrem Büro in Austin zu sehen und rühmte Speakman salbungsvoll als Mann, der für alle, die ihn gekannt hatten, eine Inspiration gewesen sei und bleiben würde. Sie pries ihn für die Tapferkeit, mit der er sich seiner persönlichen Tragödie gestellt hatte. Der Mord an ihm war ein Schock. Sie fühlte mit seiner Witwe Laura Speakman, die einen Mut und eine Haltung bewiesen hatte, mit der sie sich ihrem verstorbenen Gemahls ebenbürtig gezeigt hatte. Die Gouverneurin versprach, dass ihr Büro und jede staatliche Behörde alles tun würden, damit Speakmans Mörder gefasst und verurteilt werden konnte. »Wer auch immer dieses ungeheuerliche Verbrechen begangen hat, wird sich dafür verantworten müssen«, gelobte sie.
Ein Joe Soundso, der Griff damals auf dem Parkplatz des SunSouth-Gebäudes begegnet war, wurde als Sprecher der Airline vorgestellt. Er wich entschlossen allen Mikrophonen und Kameras aus und kämpfte sich durch die Reporter ins Firmengebäude vor.
»Er versicherte, dass man bald eine Presseerklärung herausgeben werde«, erklärte die Nachrichtensprecherin ihren Zuschauern. »Wir werden Sie so bald wie möglich davon unterrichten. Greg, Sie haben mit den Polizisten am Tatort gesprochen. Was haben Sie von ihnen erfahren?«
Greg, der Außenreporter, hatte vor der mit Efeu bewachsenen Gartenmauer Position bezogen. Er erklärte, die Polizei sei nicht gewillt, zu diesem Zeitpunkt Details des Falles zu diskutieren. »Ein interessanter Aspekt in diesem mysteriösen Mordfall ist«, sagte er, »dass der Gehilfe des Opfers, Manuelo Ruiz, der sonst ständig an Mr Speakmans Seite war, offenbar gestern Abend nicht zu Hause war. Seine Abwesenheit konnte noch nicht erklärt werden.«
»Das ist interessant«, sagte die Nachrichtensprecherin ohne jedes Interesse.
Die Nachrichtensprecherin mit ihrer Betonfrisur maß Manuelos Verschwinden keine Bedeutung zu, dagegen war für Griff nichts wichtiger, als dass der Diener noch nicht gefunden worden war.
Er zappte durch die Kanäle, bis alle Sender sich anderen Nachrichten zugewandt hatten. Nirgendwo wurde er als Verdächtiger genannt, aber es war auch niemand sonst genannt worden. Nur dieser eine Reporter hatte Manuelo erwähnt. Rodarte war, soweit Griff es mitbekommen hatte, in keiner einzigen Übertragung aufgetaucht.
»Schnüffelt überall rum und sucht nach mir«, knurrte er und schaltete das Gerät aus.
Dass Griff in den Fall
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