Ewige Treue
verwickelt war, war noch nicht an die Öffentlichkeit gedrungen, was ihm zumindest etwas Zeit verschaffte. Er hatte einen Unterschlupf gefunden. Es war unwahrscheinlich, dass sich der Nachtportier an den Gast von Zimmer sieben erinnern würde, selbst wenn Griffs Gesicht irgendwann auf dem Bildschirm erscheinen würde. Er konnte durchschnaufen.
Seine größte Sorge war es, Manuelo zu finden – Ruiz, so hieß er doch? –, und zwar bevor Rodarte ihn fand. Aber um das zu schaffen, brauchte er ein Auto.
Das Telefonbuch entdeckte er unter dem Bett, direkt neben der Hotelbibel. Das Telefonbuch war öfter benutzt worden. Es war mehrere Jahre alt, und irgendwelche Käfer hatten winzige Häufchen auf den Seiten hinterlassen, immerhin enthielt es sowohl private als auch Brancheneinträge. Er rief vom Moteltelefon aus an.
»Hunnicutt Motors.«
»Ist Glen da?«
»Einen Moment bitte, ich sehe mal nach.« Er durfte ein paar Minuten lang Kaufhausmusik hören.
»Glen Hunnicutt.« Der Klang der dröhnenden Stimme war so massiv wie der Mann, dem sie gehörte.
»Comfort Inn. Aber es könnte genauso gut die Flitterwochensuite im Ritz Paris gewesen sein, richtig?«
Nur ein Exknacki, selbst wenn er im gelockerten Vollzug eingesessen hatte, würde den Tonfall erkennen und in dem Wissen, was er bedeutete, keinen Namen herausblöken oder etwas Unbedachtes sagen. Nach einer viel sagenden Pause sagte der Autohändler: »Bleiben Sie dran.«
Griff hörte, wie der Hörer abgelegt wurde, dann Schritte, das Schließen einer Tür, weitere Schritte. Als Glen Hunnicutt wieder am Apparat war, fragte er leise und mit tiefer Stimme »Wie geht’s so?«
»Es ging mir wirklich super.«
»Ging?«
»Jetzt bin ich am Arsch. Ich muss mir einen Wagen leihen, ohne dass es jemand erfährt.«
Glen Hunnicutt war ein erfolgreicher Gebrauchtwagenhändler. Er hatte selbst zugegeben, dass er irgendwann zu gierig geworden war. Mehrere Jahre lang hatte er seine Bücher frisiert und das Einkommen, das er dem Finanzamt meldete, massiv nach unten gedrückt. Er wurde erwischt und zur Sühne nach Big Springs geschickt.
Von seiner Frau getrennt zu sein, war für ihn eine Qual gewesen. Ständig redete er von ihr. Mit jedem Atemzug stöhnte er über sein Heimweh. Eines Abends litt Hunnicutt unter extremem Katzenjammer und winselte unausgesetzt über sein erzwungenes Zölibat.
»Mir fehlt nicht nur der Sex. Sie ist was Besonderes. Im Ernst, das ist sie wirklich. Sie hält es mit mir aus, und das heißt eine Menge. Ich liebe sie so. Vielleicht klingt das wie Gesülze, aber so ist es nun mal. Ich weiß nicht, ob ich es aushalte, von ihr getrennt zu sein. Ich weiß es wirklich nicht. Sie …«
Griff, der diesem Lamento widerwillig gelauscht hatte, stürzte sich auf Hunnicutt, dass sein Stuhl nach hinten kippte. »Verdammte Scheiße, hältst du jetzt verflucht noch mal die Klappe?«
Dann schlug er Hunnicutt mit der ganzen Kraft, die sein berühmter Wurfarm aufbringen konnte, auf den Mund. Seine Knöchel trafen auf Hunnicutts perfekte Kronen und lösten sie von seinem Zahnfleisch.
Hunnicutt spuckte Porzellanscherben und Blut aus, während ihm andere Insassen aufhalfen, die ihm zu Hilfe geeilt waren und Griff beschimpften und beleidigten. Einer drückte ein Handtuch auf Hunnicutts Mund und sagte: »Damit hast du dir selbst ein Ei gelegt, du Arschloch. Du hast Hunnicutt gerade einen Gefallen getan.«
Über die Köpfe der anderen hinweg sahen sich Hunnicutt und Griff an. Griff hielt dem Blick ein paar Sekunden stand, dann drehte er sich weg.
Für die Gefangenen im gelockerten Vollzug war es möglich, Ausgang zu erhalten – das bedeutete kurzfristige unbegleitete Ausflüge. Sie wurden bei genau definierten Gelegenheiten genehmigt wie zum Beispiel bei einer Familienkrise, einer Beerdigung oder einer medizinischen Behandlung. Darunter fiel auch ein Zahnarztbesuch.
Am nächsten Morgen beantragte Hunnicutt offiziell Ausgang, um seine Zähne richten zu lassen. Er erfüllte alle Bedingungen, die notwendig waren. Er bekam ein Papier ausgehändigt, in dem alle Regeln und Beschränkungen seines Ausgangs aufgeführt wurden. Er unterschrieb und versprach, sich daran zu halten. Ein paar Tage später bekam er den Ausgang genehmigt.
Zwischen den Zahnarztterminen brachten Hunnicutt und seine Frau die Matratzen im Comfort Inn von Big Springs zum Glühen.
Griff wurden zur Strafe für den Angriff auf einen Mitgefangenen zeitweilig alle Privilegien gestrichen.
Als der Autohändler
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