Ewige Treue
Detective. Hallo.«
Rodarte hatte sich absichtlich angeschlichen, weil er ihre spontane Reaktion testen und ihr keine Zeit lassen wollte, etwas einzustudieren. Er stieg die Stufen herauf und trat zu ihr in den Pavillon. »So was sieht man nur noch selten.« Er tat so, als würde er den filigranen Holzbesatz an der runden Dachtraufe bewundern.
»Fosters Großmutter hat ihn bauen lassen, schon bevor das Haus stand. Foster hat erzählt, sie wollte etwas haben, wo sie sitzen und den Schwänen zuschauen konnte. Es gab hier schon immer Schwäne im Teich.«
Der Pavillon stand auf einer kleinen Erhebung über einem Weiher, auf dem bei Gott wahrhaftige Schwäne über die spiegelglatte Oberfläche glitten. Wenn er so viel Geld gehabt hätte, hätte er sich etwas Besseres als Pavillons und Schwäne zugelegt.
»Sie gestatten?« Er nickte zu einem der leeren Rattansessel hin. Sie nickte ebenfalls, und er setzte sich. Sie trug eine Sonnenbrille, darum konnte er ihren Augen nicht ansehen, ob sie geweint hatte. Er schätzte, dass sie sehr wohl geweint hatte, denn sie wand ein feuchtes Kleenex zwischen den Fingern. Tränen der Trauer oder Tränen der Schuld, rätselte er. Im Grunde war es ihm gleich. Es sei denn, sie hatte sich mit Griff Burkett zusammengetan, um ihren Mann umzubringen.
Das wäre eine Superstory, oder? Darüber würde man im People Magazine schreiben; 20/20 würde bestimmt auch darüber berichten. Man würde es zu einem Fernsehfilm verwursten. Vielleicht würde er eine kleine Rolle darin bekommen, oder er konnte den Produzenten als technischer Berater dienen und im Abspann genannt werden.
Aber erst musste er es beweisen.
»Hier ist es friedlicher als drinnen«, bemerkte er und ließ sich in das mit Blumenmuster bedruckte Stuhlkissen sinken.
Mrs Speakmans Assistentin hatte Verstärkung durch die Assistentin von Mr Speakman bekommen, eine Frau namens Myrna Irgendwas, die in rasantem Wechsel entweder heulte wie ein Baby oder Befehle bellte wie ein Drillsergeant. Gemeinsam mit Mrs Dobbins, der Haushälterin, bewachten sie das Telefon, arrangierten die Blumen und Obstkörbe, die lastwagenweise angeliefert wurden, putzten hinter den Polizisten her, die gestern Abend das Haus auf den Kopf gestellt hatten, und machten Listen. Vor allem machten sie endlose Listen.
Ein Mord bedeutete für jeden eine Menge Arbeit, außer für den Toten.
»Ich musste mal aus dem Haus«, sagte Laura Speakman. »Und vom Telefon weg.«
»Wer hat angerufen?«
Er hatte den Verdacht, dass sie ihn hinter ihren undurchsichtigen Gläsern mit einem dieser hoheitsvollen, abschätzigen Blicke fixierte. »Menschen, die mir ihr Mitgefühl ausdrücken wollen.«
»Irgendwer, von dem ich wissen sollte?«
»Griff Burkett, meinen Sie.«
Er grinste, als wollte er sagen Sie kennen mich zu gut. »Ich muss das fragen. Hat er versucht, Verbindung mit Ihnen aufzunehmen?«
»Nein. Das wird er bestimmt nicht tun.«
»Sind Sie da sicher?«
»Das wird er nicht.« Sie schaute wieder auf die Schwäne. Einer hatte den Schnabel unter den Flügel gesteckt.
»Ich habe den Obduktionsbericht bekommen.« Ihre einzige Reaktion bestand darin, die Lippen zwischen die Zähne zu ziehen und sie zu einer dünnen Linie zusammenzupressen. »Ihr Autounfall vor zwei Jahren, hat Ihren Mann mitgenommen. Abgesehen von den offensichtlichen Schäden an der Wirbelsäule und an den Beinen erlitt er eine ganze Reihe von inneren Verletzungen.«
»Ich habe das heute Morgen erwähnt, als wir über seine Medikamente sprachen.«
»Es war ziemlich übel.«
»Ja, das war es.«
»Einige Organe waren ziemlich morsch. So hat es der Pathologe ausgedrückt. Schwach. Irgendwann wäre er gestorben, weil eines der Organe versagt hätte. Eher früher als später. Auch das dem Pathologen zufolge.« Er machte eine bedeutungsvolle Pause. »Aber getötet hat ihn die durchtrennte Halsschlagader.«
Sie schluckte. »Wie lange hat es gedauert?«
»Hmm, nicht allzu lang. Aber an seinen Händen war Blut und unter seinen Fingernägeln haben sie Gewebespuren gefunden.«
Ihr Kopf fuhr herum, und sie sah ihn an.
»Ganz recht, Mrs Speakman. Ihr Mann hat um sein Leben gekämpft.«
Rodarte genoss es, ihr das zu erzählen. Endlich zeigte sie eine Reaktion. Ihr Brustkorb hob und senkte sich unter einem kurzen, hastigen Atemzug. Sie drückte sich das Taschentuch vor den Mund.
»Er lebte lang genug, um mit seinem Angreifer zu kämpfen«, setzte er nach. »Dafür muss ich ihn bewundern. Er, der von der Taille
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