Ewige Versuchung - 5
Violet Carrs Hand, die ihn in die Höhe hielt, um seine Gurgel.
»Lass ihn fallen!«, knurrte Temple.
Violet fauchte ihn an. »Er gehört mir! Er hat versucht, Payen zu töten.«
Temple würde nicht mit ihr streiten. »Er hat Vivian ermordet.«
Ihre blutrünstige Miene nahm einen gequälten Ausdruck an. Ihr Mann, der hinter ihr stand, legte sanft eine Hand auf ihre Schulter, und Violet ließ Villiers wieder auf den Boden hinunter. Temple trat vor und packte den Mann an den Armen.
Villiers zitterte, hatte sich allerdings noch nicht in die Hose gemacht. Bei jedem anderen Mann wäre diese Courage bewundernswert.
»Alles ruiniert!«, keuchte er und sah zu Temple auf. »Es ist alles ruiniert.«
Temple funkelte ihn zornig an. Wie vieles hatten sie durch diesen Mann erleiden müssen! Wie vielen Gefahren hatten seine Freunde sich stellen, wie viel hatten sie seinetwegen riskieren müssen! Und dennoch, sie hatten die Frauen gefunden, die sie liebten. Temple hatte die Frau gefunden, die er liebte.
Und die Villiers ihm geraubt hatte. Keine Hölle wäre dunkel genug für ihn, kein Schmerz schrecklich genug.
Aber nichts, was Temple tun konnte – keine Folter, der er Villiers unterzog, brächte ihm Vivian zurück. Nichts konnte die Tatsache ändern, dass sie für immer fort war. Es wäre keine Befriedigung, diesen Mistkerl zu töten.
Temple schleuderte ihn Violet entgegen. »Mach es langsam!«, befahl er ihr. »Mach es schmerzhaft!« Mit diesen Worten drehte er sich um und ging. Villiers’ Wimmern, gefolgt von seinen Schreien, hallte ihm nach.
Er kehrte in den Keller zurück, wo die Kämpfe sich allmählich beruhigten. Einige wenige vom Orden hatten sich bis jetzt halten können und bemühten sich, die Vampire, Marcus und Lilith abzuwehren. Lilith zerriss sie wie Stoffpuppen.
Temple befand es für überflüssig, sich in den Kampf zu mischen. Er ging zum Altar zurück, wo Vivian lag. Ihre Haut war weiß, ihr Körper regungslos. Auf ihrer Brust befand sich so viel Blut, dass ihr Hemd schwarz aussah. Er setzte sich neben sie auf den glatten Stein, berührte ihre Wange mit tauben Fingern und konnte kaum atmen, weil seine Kehle wie zugeschnürt war.
Ihn erfüllte ein solch tiefer Schmerz, dass er sich nicht vorstellen konnte, ihn jemals zu überwinden. Es war, als wäre ihm ein Teil von ihm selbst entrissen worden, den er nie mehr zurückbekäme.
Eine heiße Träne rann ihm über die Wange, der sogleich eine zweite folgte.
Es war nicht bloß ihr Blut gewesen. Er wusste nicht, was es war, ihre Kraft vielleicht, ihre Loyalität, die Gefühle, die sie in ihm wachrief, die Art, wie sie ihn zum Lachen brachte. Bei ihr hatte er eine ungekannte Leichtigkeit empfunden, musste nicht der Beste, kein Anführer sein. Und er musste nicht immerfort stark sein. Er konnte einfach er selbst sein.
Was es auch sein mochte, er hatte sie dafür geliebt. Und nun war sie fort, ohne es erfahren zu haben.
Seine Freunde kamen zu ihm. Der Geruch des Todes hing schwer in der Luft, und dennoch blieben sie bei ihm, ernst und trauernd
um Vivians leblose Gestalt versammelt.
Ihre Hände legten sich auf Temples Schultern. Sie wollten ihn trösten, nur konnten sie es nicht, denn für ihn gab es keinen Trost. Die Welt war ein leerer dunkler Ort, an dem er nicht länger verweilen wollte.
Er löste die Fesseln von Vivians Hand- und Fußgelenken und hob sie in seine Arme. Zwar war er geschwächt, aber nicht so sehr, dass er sie nicht halten konnte. Und auch nicht zu sehr, als dass er nicht all die Tränen um sie weinen konnte, die sein Herz hergab.
Die Stille, die sich währenddessen in dem Raum ausbreitete, lediglich von wenigen leisen Klagen unterbrochen, nahm er kaum wahr. Eine starke Hand legte sich auf seinen Kopf und streichelte sein Haar wie die Liebe einer Mutter. Mit trockenen, brennenden Augen blickte er in das mitfühlende Gesicht Liliths auf.
»Ich habe ein paar von ihnen für dich übrig gelassen«, sagte sie mit dieser dunklen Stimme und zeigte auf einige Männer, die noch lebend auf dem Boden kauerten. »Nähre dich, auf dass du deine Kraft zurückgewinnst. Lass das Kind bei mir.«
Sie meinte Vivian. Temple schüttelte energisch den Kopf und drückte den noch warmen Körper an seine Brust. »Nein, ich lasse sie nicht allein.«
Mit einem zarten Lächeln griff Lilith nach unten und zog den Dolch aus Vivians Brust. Dann nahm sie ihm Vivian aus den Armen, als wäre er ein hilfloses Kind mit einer Puppe. »Geh dich nähren, mein
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