Ewige Versuchung - 5
unverletzt.
»Wir machen das nicht, weil Sie es sagen«, erklärte Reign ihm, der einen Schritt vortrat, worauf ihm sogleich ein Bajonett vor das Gesicht gehalten wurde. »Wir tun es für Temple.«
Villiers zog eine Grimasse. »Wie rührend! Bitte, hören Sie auf zu reden, und begeben Sie sich in die Fesseln!«
Temple wurde beständig schwerer ums Herz, als seine Freunde ihm einer nach dem anderen folgten und sich an der Wand aufstellten. Sie opferten sich für ihn. Für Vivian.
Bishop sah zu ihm, als er an Temple vorbeiging. »Ich hoffe, du weißt, was du tust.«
Ja, er wusste es. Er versuchte, das zu überleben, was als Nächstes käme, und Vivian zu retten.
Sobald alle in Position standen, kamen Wachen und legten ihnen die Fesseln an. Es bedurfte bloß eines Atemzuges, dass Temple die Wache vor sich erkannte, obwohl der Mann einen Umhang mit Kapuze trug. Leuchtend blaue Augen schauten ihn an. Das war Marcus. Er befestigte die versilberten Ringe an Temples Knöcheln, Schenkeln, seiner Brust und seinen Armen. Silber verbrannte ihn, allerdings nur, wenn er es berührte, und Marcus ließ die Fesseln locker genug, um ihm den Schmerz zu ersparen.
So locker, dass sie leichter zu durchbrechen waren.
Vom Altar aus beobachtete Vivian, wie die Vampire sich auslieferten. Sie wusste, dass sie es gleichermaßen für sie wie für Temple taten – sie erkannte es in Olivias, Prus, Ivys und Marikas Augen. Sie machten das hier, weil ihnen an ihr lag und weil sie wussten, dass Temple sie liebte. Ihr kamen die Tränen, die sich nicht zurückhalten ließen. Bei allem Schmerz quoll ihr das Herz vor Liebe zu ihnen allen über. Zum ersten Mal seit Jahren hatte sie das Gefühl, Teil einer Familie zu sein. Mit Freuden wäre sie gestorben, hätte sie die anderen dadurch schützen können.
Sie zerrte an den Eisenschellen, die sie auf den Altar banden, doch sie rührten sich nicht. Zum ersten Mal in ihrem Leben kam sie sich schwach und ohnmächtig vor. Als die Wut ihre Tränen versiegen ließ, bemerkte sie, dass Temple sie beobachtete, und ihr stockte der Atem. Das war Liebe, was sie in seinem Blick sah. Sie konnte nicht sagen, seit wann sie dort war oder was sie getan hatte, sie zu verdienen, aber sie war unverkennbar da.
Das hier würde nicht ihr Ende sein, verdammt!
»Exzellent!«, schnarrte Villiers. »Nun können wir beginnen.« Er tätschelte Vivians Kopf, wie er es früher, als sie jünger gewesen war, zu tun pflegte, um sie zu beruhigen. Mistkerl!
»Gentlemen, ich bitte Sie, mir zu assistieren!«
Sie konnte nur hilflos daliegen, während Villiers und seine Kumpane fünf Silberschalen auf den Altar stellten, neben ihre Hände, ihre Füße und ihren Kopf. In diese Schalen füllten sie den Inhalt der Gläser vom Tisch. Beim Anblick der blutigen Schöße wurde Vivian erneut speiübel.
Dann aber entdeckte sie Marcus, der wie einer der Untergebenen in einen dunklen Kapuzenumhang gehüllt war. Wenn er frei war, musste Temple einen Plan haben. Payen und Violet mussten irgendwo draußen sein und warten, bis sie angreifen sollten.
»Nun die Amulette!«, befahl Villiers.
Fünf Männer gingen zu Temple, Reign, Saint, Bishop und Chapel und nahmen ihnen die Amulette ab, die sie um den Hals trugen. Warum hatten sie sie überhaupt um? Ohne sämtliche Zutaten für das Ritual konnte Rupert diesen Wahnsinn nicht fortsetzen. Ein Blick in die Gesichter der Vampire verriet ihr, dass es zu Temples Plan gehörte. Die Verhüllten brachten die Amulette zum Altar und legten eines in jede Schale. Villiers lächelte verzückt. Ein beängstigender Wahn spiegelte sich in seinen Augen – umso furchteinflößender, als ihm nicht gewahr sein dürfte, wie wahnsinnig er war. Für ihn ging es hier um Macht.
»Und nun das Blut.« Zu den bisherigen fünf Vermummten kamen vier weitere. Jeder von ihnen war mit einem langen leicht gebogenen Dolch bewaffnet.
»Nein!«, schrie Vivian. Angestrengt streckte sie ihren Kopf zur Seite, um Villiers anzusehen, den Mann anzuflehen, der für sie wie ein Vater gewesen war. »Bitte, tu es nicht!«
Rupert legte eine kühle trockene Hand auf ihre Stirn. »Ich mache das für uns, Vivian. Du wirst mir danken, wenn alles vorbei ist.«
Sie wäre nicht mehr sie selbst, wenn es vorbei war. Vielleicht war das ein Segen. Temples Verlust würde weniger schmerzen, wenn jemand anders ihren Körper und ihr Denken beherrschte.
»Jetzt!«, brüllte Villiers. Die Klingen blitzten im hellen Kerzen- und Lampenschein. Im nächsten
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