Ewiger Schlaf: Thriller
die Kinder zu töten, die du mit ihr gezeugt hast, und Lily könnte der Ansicht sein, dass du dafür irgendeine Art göttlicher Bestrafung verdienst.«
Waters war empört über diese Vorstellung. »Das ist das Verrückteste, das ich jemals gehört habe!«
»Aber es liegt nicht außerhalb der Möglichkeiten, unter denen eine von Kummer geplagte Mutter sucht, um ihr Leid zu erklären.« Penn hörte auf zu schaukeln; sein Blick war sehr ernst. »Sag mir die Wahrheit. Nachdem Lily die Babys verloren hatte – hattest du da nie das Gefühl, der Grund dafür könnte Mallory sein? Genauer gesagt, dass du sie gewissermaßen zur Abtreibung gezwungen hast?«
Waters stand mit offenem Mund vor ihm. Er hätte es gern geleugnet, konnte es aber nicht.
»Schuldgefühle sind eine machtvolle Kraft, John. Besonders bei einem Mann wie dir, der ein ausgeprägtes Gewissen hat. Ich weiß das, weil ich genauso bin.«
Waters ging zur Schaukel und setzte sich neben Penn. Er musste sich an den Ketten festhalten, um das Gleichgewicht zu halten. »Wenn du vorhattest, mich umzuhauen, hast du es geschafft. Ich bin bereit, über deine Theorie nachzudenken. Du sagst, Lily und Cole stecken gemeinsam in dieser Sache. Schlafen miteinander. Aber Lily mag Sex nicht einmal. Seit sie die Babys verloren hat, haben wir vier Jahre lang praktisch keinen Sex gehabt.«
»Vielleicht sollte dir das etwas sagen.«
»Was denn? Dass sie mit meinem besten Freund schläft? Einem Mann, dessen sexuelle Gewohnheiten sie verachtet?«
»Nachdem Lily das Baby verloren hatte – warst du bezüglich eines Neuanfangs eures Sexuallebens geduldig mit ihr? Vorsichtig und rücksichtsvoll?«
»Natürlich!«
»Nun, vielleicht musste Lily eben aufgrund dieser Rücksichtnahme zu viel darüber nachdenken. Vielleicht brauchte sie jemanden, der sie einfach nahm – und fertig.«
»Auf keinen Fall.« Waters kämpfte um Fassung. »So ist Lily nicht. Ich kenne meine Frau.«
Penn streckte die Hand aus und berührte ihn an der Schulter. »Keiner von uns kennt jemand anderen wirklich. Nicht mal unsere eigenen Eltern oder Kinder. Und letzte Nacht hat Lily dir gezeigt, dass sie viel mehr sexuelles Wissen und Fähigkeiten besitzt, als du jemals geglaubt hast.«
»Das ist Schwachsinn.« Waters erhob sich von der Schaukel und trat sie gegen einen Holzpfosten. »Ich kann mich nicht mal erinnern, wie es sich anfühlte, normal zu sein!«
»Der normale Mann ist eine Fiktion«, sagte Penn. »Es gibt kein ›normal‹. Auch nicht bei Frauen. Dein Leben steht jetzt auf dem Spiel, John. Du musst der Wahrheit ins Auge sehen, egal wie schrecklich sie ist.«
Waters hatte genug gehört. Er holte seine Schlüssel aus der Hosentasche und ging aufs Haus zu.
»Wohin gehst du?«, rief Penn.
»Ins Büro. Ich will mit Sybil sprechen.«
»Über Cole und Lily?«
»Vielleicht. Ich weiß es noch nicht.«
»Sei vorsichtig. Ruf mich an, wenn du etwas erfährst. Und lass uns auf jeden Fall später noch einmal miteinander reden.«
»Ich ruf dich an.«
»Vergiss es nicht.«
Waters winkte ihm halbherzig zu und lief am Haus vorbei auf die Straße.
Sybil Sonnier betrat Waters’ Büro in einem Black-Watch-Rock und einer tannengrünen Bluse. Er hatte sie über die Gegensprechanlage gerufen, wie sonst auch immer. Nun stand sie abwartend da, als erwarte sie, dass er sie um Fotokopien bitten würde. Er wusste nicht genau, wie er anfangen sollte. Er hatte Sybil niemals richtig gut kennen gelernt, und seit einiger Zeit war ihre Stimmung nicht die beste. Als das Schweigen andauerte, weiteten sich ihre dunklen Cajun-Augen, und sie sah ihn mit einem Blick an, der besagte: Kriege ich Ärger?
»Geht es um meine Arbeit?«, fragte sie schließlich und machte Waters bewusst, dass er dasaß wie eine Schaufensterpuppe.
»Nicht direkt.«
Er bedeutete ihr, auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch Platz zu nehmen. Sie strich ihren Rock über die Knie und saß steif am Rand des Stuhls. Bei einem Blick auf ihre wohl geformten Schenkel wusste Waters, dass sein Partner nicht lange hatte widerstehen können, es zumindest bei Sybil zu versuchen. Aber sie war kein Schulmädchen. Sie war achtundzwanzig und geschieden, und Waters hatte sie schon oft genug wütend gesehen, um zu wissen, dass sie sich zu wehren verstand.
»Eigentlich ist es eine Privatangelegenheit«, sagte er. »Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich ein paar persönliche Fragen stelle?«
Ihre Wangen röteten sich, doch sie schüttelte den Kopf.
»Ich mache mir Sorgen
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