Ewiger Schlaf: Thriller
Eltern an, und bestellen Sie sie sofort her. Zwanzig Minuten, nachdem ich diesen Burschen hier aufs Revier bringe, wird die Geschichte in der ganzen Stadt bekannt sein. Es tut mir Leid, aber Sie wissen ja, wie es läuft.«
»Ja, weiß ich«, murmelte Flynn.
Waters war plötzlich noch etwas anderes klar geworden. Eve Sumner hatte ihn vor dieser Gefahr gewarnt, und ihre Warnung hatte sich als begründet erwiesen. Kannte die schöne Immobilienmaklerin diesen plärrenden Perversen auf der Couch? Musste sie wohl. Wie hätte sie sonst wissen können, was er tat? Waters setzte an, Jackson von Eve zu erzählen, doch plötzlich hielt irgendetwas ihn zurück, obwohl er bereits den Mund geöffnet hatte.
»Ich gehe nach Hause, Jungs«, sagte er. »Ich will mein kleines Mädchen in den Arm nehmen.«
»Vielleicht brauche ich deine Aussage«, sagte Jackson. »Aber ich werde versuchen, deine Tochter herauszuhalten.«
»Danke, Tom. Du weißt, wo du mich erreichst.«
Jackson teilte »Danny Buckles« mit, dass er verhaftet sei. Der Hausmeister brach wieder in Tränen aus und jammerte, wie schrecklich er im Gefängnis missbraucht worden sei. Waters ging ruhig aus dem Büro und stieg in seinen Land Cruiser. Er fuhr langsam von der Schule weg, doch sobald er den Highway erreicht hatte, beschleunigte er auf 120 und fuhr in Richtung Mississippi River Bridge. Eve Sumners Büro lag an der Umgehungsstraße, die zu den Twin Spans führte; wenn er sich beeilte, konnte er in weniger als fünf Minuten dort sein.
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5
E ve Sumners Bürogebäude befand sich etwa einen Kilometer von der Mississippi River Bridge entfernt. Eine falsche Fassade aus Backstein und Holz bedeckte seine Vorderseite, doch für jeden Vorübergehenden war auf den ersten Blick zu erkennen, dass es ein Aluminiumkasten war. Auf dem Firmenschild mit der Aufschrift SUMNER – EXKLUSIVE IMMOBILIEN prangte das vertraute Logo einer nationalen Maklerfirma, und auf dem Asphaltparkplatz standen viele teure Autos. Aus den Zeitungsanzeigen wusste Waters, dass acht oder zehn Makler für Eve Sumner arbeiteten. Es fiel ihm schwer zu glauben, dass in Natchez genügend Häuser den Besitzer wechselten, um zehn Makler zu ernähren, schon gar nicht die etwa hundert Bauten, deren Fotos er jede Woche in der Zeitung sah. In den letzten sechs Monaten schien alles zum Verkauf zu stehen, aber niemand schien etwas zu kaufen.
Er parkte auf einem reservierten Platz in der Nähe des Eingangs, stieg aus und schritt energisch in ein riesiges Großraumbüro mit zwei Reihen Schreibtischen und einigen abgetrennten Zellen an der rechten Wand. Mehrere Frauen und zwei Männer saßen an den Schreibtischen – die Frauen wirkten herausgeputzt und gelangweilt, die Männer lasen Zeitung. Eine Rezeptionistin mit zu viel blauem Lidschatten saß in der Nähe der Tür. Ihr Arbeitsplatz versperrte die Hälfte des Korridors, den die Zellen bildeten. Alle hoben den Blick, als die Tür aufgestoßen wurde, und niemand kehrte zu seiner vorherigen Tätigkeit zurück.
»Können wir Ihnen helfen?«, fragte die Empfangsdame.
»Ich möchte mit Eve Sumner sprechen.«
»Äh ... ja. Aber es ist gerade jemand bei ihr.«
»Das hier kann nicht warten.«
»Darf ich nach Ihrem Namen fragen?«
»Das ist John Waters, Debbie«, rief einer der Männer aus den Zellen. »Hallo, John.«
Waters erkannte den Mann nicht, winkte ihm aber halbherzig zu, während Debbie zum Telefon griff und leise hineinsprach.
»Sie können durchgehen«, sagte Debbie eingeschüchtert.
Wie aufs Stichwort öffnete sich in der hinteren Wand eine Tür, und zwei weibliche Stimmen wurden durch die Luft zu Waters getragen, eine tief und kehlig, die andere hoch und überschwänglich. Waters ging auf die Tür zu, und zwei Frauen traten heraus. Eine war Eve Sumner in einem blauen Kostüm, cremefarbener Seidenbluse und hohen Schuhen, die andere war eine Frau um die fünfzig in einem hellen, blusenartigen Kleid. Eve versuchte Waters ihrer älteren Besucherin vorzustellen, doch er verlangsamte seinen Schritt nicht, sondern ging an den Frauen vorbei ins Büro und schloss die Tür hinter sich.
In dem Zimmer standen ein Metallschreibtisch, mehrere Glasregale voller Immobilien-Fachbücher, Fotos eines Jungen im Highschool-Alter und eine gerahmte Karte der Stadt, wie sie 1835 ausgesehen hatte. Waters setzte sich hinter den Schreibtisch und wartete.
Es dauerte nicht lange. Eve kam herein, schloss die Tür, stellte sich vor ihn und sah eher neugierig als überrascht
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