Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ewiger Schlaf: Thriller

Ewiger Schlaf: Thriller

Titel: Ewiger Schlaf: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
Vom Netzwerk:
empfindest du?« Sie klammerte sich an ihn, als könnte sie spüren, dass er gehen wollte. »Sag es mir.«
    Während er nach einer harmlosen Lüge suchte, wurde ihm plötzlich klar, dass es lächerlich war, ihr etwas vorzumachen. Er sah ihr in die Augen und nahm ihre Hand. »Eve, bist du krank? Ich will, dass du ganz ehrlich zu mir bist. Du sagst, du hast einen Test gemacht. Du hast nicht gesagt, ob er positiv oder negativ war. Hat jemand dich angesteckt?«
    Sie wich zurück. Ihre Augen waren voller Schmerz. »Glaubst du wirklich, ich würde so etwas tun? Dich einem solchen Risiko aussetzen?«
    »Ich weiß es nicht. Denk daran, was du mir gerade alles erzählt hast.«
    »Es klingt verrückt, ich weiß. Aber denk mal nach, Johnny. Millionen Menschen gehen jeden Sonntag in die Kirche und bekunden ihren Glauben an die unsterbliche Seele. Das Christentum baut darauf auf. Glauben diese Menschen, was sie sagen, oder glauben sie es nicht? Falls sie wirklich glauben, geben sie damit zu, dass irgendetwas existiert, das über ihre Körper hinausgeht, eine Kraft. Und wenn das wahr ist – warum sollte dann das, was ich beschrieben habe, so verrückt sein? Bestehst du nur aus deinem Körper, Johnny? Hätte ich damals einen Unfall gehabt und wäre gelähmt gewesen, hättest du mich verlassen?«
    Sie hatte offensichtlich viel mehr über solche Dinge nachgedacht als er.
    »Du weißt genau, dass du mich nicht verlassen hättest. Und ich weiß es auch. Nun, das hier ist dasselbe. Mein alter Körper ist jetzt nutzlos, ist fort. Aber ich bin immer noch da. Und ich brauche dich.«
    Er setzte sich im Bett auf.
    Eve kniete sich hin und griff nach seinem Arm. »Gehst du?«
    Er sah auf seine Armbanduhr. »Ich ... muss gehen.«
    »Geh noch nicht. Bitte. Ich weiß noch nicht, was du fühlst. Wo du stehst.«
    »Das weiß ich auch nicht.«
    »Willst du mich wiedersehen?«
    Er blickte auf den Korridor. Seine Kleider lagen auf dem antiken Teppich vor der Tür verstreut. »Ich weiß es nicht.«
    Eve schloss fest die Augen, als würde sie aufsteigende Panik unterdrücken. »Bitte, sag das nicht, Johnny. Bitte.«
    Ihre Reaktion katapultierte ihn zwanzig Jahre in die Vergangenheit, in die schlimmste Zeit mit Mallory. Diese Jo-Jo-Sprünge zwischen Gegenwart und Vergangenheit hatte er seit der Begegnung auf dem Fußballplatz immer wieder gemacht, und sie machten ihn schwindlig, als wäre er gerade aus einer Achterbahn gestiegen. Sobald Eve die Augen geöffnet hatte, würde er sie beruhigen und dann verschwinden.
    Während er wartete, hob sie die rechte Hand an den Hals und wickelte eine Haarlocke um den Zeigefinger. Statt sie loszulassen, zog sie fester und fester daran, dass es wehtun musste. Erschrecken erfasste Waters, und er griff nach ihrem linken Handgelenk, hielt es fest und drehte ihren Unterarm nach vorn. Eve riss die Augen auf, ließ ihr Haar aber nicht los. Er betrachtete ihren Unterarm genau, sah aber nur weiche Haut. Eve lächelte ihn mit manischem Blick an.
    Die Uhr, dachte er. Sie trug eine ungewöhnlich große Uhr für eine Frau, eine Rolex aus Platin. Bevor sie ihn davon abhalten konnte, griff er nach der Uhr und zerrte sie ein paar Zentimeter ihren Arm hoch. Wo das Zifferblatt der Uhr gewesen war, waren vier parallele Narben auf der Haut zu sehen. Kalte Furcht ergriff seinen ganzen Körper. Es waren keine frischen Narben, aber sie stammten von tiefen Schnitten. Nicht nur vier, sondern Schnitte über Schnitte. Zahllose Schnittwunden und Kratzer, immer an der gleichen Stelle, wo niemand sie sehen würde.
    Als Eve ihn mit einer Mischung aus Scham und Triumph beobachtete, riss er die Decke von ihrem nackten Körper und betrachtete ihre Beine. Sie versuchte gar nicht erst, sie zu verstecken. An ihren inneren Oberschenkeln, ein paar Zentimeter unter ihrer Vulva, sah er ein Kreuzlinienmuster aus Narben. Manche schon seit langem verheilt, andere waren vielleicht ein paar Wochen alt. Er zog die Decke wieder hoch und saß reglos auf dem Bett.
    Die Narben stammten nicht von Selbstmordversuchen, sondern waren Teil eines komplexen Selbstverstümmelungs-Phänomens, das manche heranwachsenden Mädchen erlebten. Mallory hatte sich viele Jahre lang heimlich selbst geschnitten, doch Waters hatte es erst entdeckt, als er schon sechs Monate mit ihr zusammen war. Damals hatte er keinerlei Informationen zu diesem Thema finden können. Jetzt wusste er, dass Menschen sich selbst verstümmeln, sich selbst Schmerzen zufügen, um einen tieferen Schmerz zu

Weitere Kostenlose Bücher