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Ewiger Schlaf: Thriller

Ewiger Schlaf: Thriller

Titel: Ewiger Schlaf: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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diese Reinheit hatte nichts mit Moral oder gar mit Licht zu tun. Es war mehr Dunkelheit in dem Haus als Licht. Dunkelheit in Eves Innerem, und auch in ihm selbst. Diese Dunkelheit war der Schatten von Mallory Candler, der während dieser verlorenen Stunden gemeinsam mit ihnen die leere Villa bevölkerte. Wenn sie sich liebten, war Mallory bei ihnen, beobachtete sie, von der Seite oder über Eves Schulter hinweg – eine Art gemeinsamen Wahnsinns, doch Waters hatte so lange ohne Leidenschaft gelebt, dass er fast jeden Wahnsinn leugnen würde, um davon zu kosten.
    Es war die Sexualität, in der Eve die größten Ähnlichkeiten mit Mallory besaß. Genau wie Eve und Waters es vermieden, wirklich über ihre Situation nachzudenken, und sich stattdessen von der Woge der Leidenschaft mitreißen ließen, ohne auf das dunkle Gewässer unter ihnen zu blicken, das sie vorwärts trug, hatte auch Mallory den Sex als Flucht benutzt. Sie hatte sich in das Refugium körperlicher Ekstase geflüchtet, darum kämpfend, eine formlose Bedrohung zurückzudrängen, die auch Waters fühlte, aber nicht sehen konnte. Bei Mallory musste alles direkt sein. Ein Vorspiel war bloß ein Spiel, und Spiele interessierten sie nicht. Für sie war Sex Penetration; alles andere war zweitrangig. Noch immer hatte Waters ihr geistloses Starren vor Augen, wenn sie sich gegen ihn drückte und wand und sich dem Höhepunkt näherte. Ihre berühmte Schönheit legte sie ab wie eine Schale, während eine primitivere Macht von ihr Besitz ergriff – wie eine Frau im Kindbett von höheren Mächten entführt wird, urtümliche Kräfte, die sie durch die Schmerzen geleiten, die ein menschlicher Körper bewusst gar nicht ertragen könnte.
    Wenn Mallorys heftigster Hunger gestillt war, konnte sie Stunden damit verbringen, zu erkunden, zu streicheln und zu küssen. Doch was ihm mehr als alles andere in Erinnerung geblieben war, war ihre Aggressivität. Sie war normalerweise schon zum Sex bereit, bevor sie mit ihm alleine war, und sie konnte sich die Kleider kaum schnell genug vom Leib reißen. Manchmal machte sie sich nicht einmal diese Mühe, sondern trug Röcke, sodass sie sich im Auto einfach rittlings auf ihn setzen oder in einem Flur oder einer Toilette ein Bein anwinkeln und ihn stehend in sich aufnehmen konnte. Sie forderte ihn heraus, an belebten Plätzen mit ihr zu schlafen, wo das perfekte Bild, das die Stadt und der Staat ihr aufgepfropft hatten, für immer ruiniert gewesen wäre, hätte man sie entdeckt. Sie bezog Gegenstände in den Sex mit ein, Dinge, die Waters niemals mit Sex in Verbindung gebracht hätte und die ihn sogar um sie bangen ließen. Die Perversität ihrer Bedürfnisse – und die rücksichtslose Direktheit, mit der sie ihre Gier stillte – trieben ihn in einen Zustand ständiger Erregung. Er verbrachte seine Tage mit einer Frau, die von Alt und Jung gleichermaßen angebetet wurde und in der viele Bewohner Mississippis eine Art Supersauber-Model sahen, während er wusste, dass ihre wahre Natur ganz anders war – so, wie niemand in dieser abgeschlossenen Welt je hätte glauben können.
    Dies alles ließ Eve Sumner in der leer stehenden Villa in der Wall Street wieder aufleben. Statt ihr Verhalten zu analysieren, verschloss Waters seinen Verstand und nahm es hin, genoss ihre ungenierte Erotik. Eve gab Anweisungen, und er befolgte sie. Er demütigte sich vor ihr. Er huldigte am heidnischen Altar ihrer Sinnlichkeit. Nur eine einzige Ketzerei weigerte er sich im Dunkel dieser verborgenen Welt zu begehen: Wenn sie verlangte, dass er sie »Mallory« nannte und dem Schatten, der mit ihnen in diesem Haus lebte, einen Namen und damit Legitimität verlieh, tat er es nicht. Denn wenn er ihr nachgab – das spürte er –, würde er vom schmalen Sims der Vernunft in die Tiefen des Wahnsinns springen.
    Er sah die vielen Gefahren ihrer wiederholten Treffen, ignorierte sie jedoch. Erpressung war die offensichtlichste Gefahr, obwohl er nicht länger glaubte, dass Eve etwas in der Art beabsichtigte. Die Angst vor Krankheiten blieb bis zu dem Tag bestehen, ab dem sie beiläufig eine Kopie ihres Bluttests auf dem Klavier liegen ließ, datiert auf die Woche, bevor sie sich auf dem Fußballplatz begegnet waren. Die Möglichkeit, erwischt zu werden, war stets präsent, und manchmal tauchten Bilder von Lilys Gesicht vor Waters’ Augen auf – ihr Blick, wenn sie erfahren würde, was in dem Haus in der Wall Street vor sich ging. Und doch war es Eve, die darauf

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