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Ewiger Schwur

Ewiger Schwur

Titel: Ewiger Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Marsh
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nicht nachgeben.
    »Wissen Sie etwas darüber, das Sie mir erzählen wollen?« Die Männerstimme, die aus der Dunkelheit hinter ihr ertönte, war ein tiefes, kehliges Knurren. Mischka kämpfte gegen den Drang an, zusammenzuzucken; sie hatte keinen Zweifel, dass derjenige oder dasjenige, wer oder was in diesen Schatten auch warten mochte, sich an ihrer Nervosität laben würde. Furcht konnte man bezwingen. Musste man bezwingen, wenn man weiterleben wollte. Trotzdem, es kostete sie eine lange Minute, den Kampf zu gewinnen.
    Sie würde ihn nicht sehen lassen, dass er die Oberhand hatte.
    »Vielleicht sollte ich Ihnen die gleiche Frage stellen«, antwortete sie bewusst liebenswürdig. »Da Sie anscheinend als Erster hier gewesen sind. Vor mir«, fügte sie sanft hinzu, nur für den Fall, dass er nicht verstand, worauf sie hinauswollte. Und ihm ihre Anschuldigung entging.
    »Ich bin
Ihnen
gefolgt.«
    »Beweisen Sie es! Beweisen Sie, dass Sie nach mir hier waren und nicht der Täter sind.«
    »Ich brauche nichts zu beweisen.«
    Das klang selbstbewusst, als wäre ihm ihre Meinung gleichgültig, so oder so. Unter anderen Umständen – Umständen, die keine zwei Leichen hier draußen in der Gasse mit einschlossen – hätte sie eine solche Kühnheit bewundert. Das war ein Mann, der verlangte, dass die Welt sich ihm zu
seinen
Bedingungen stellte. Eine Eigenschaft, die ihr gefiel.
    »Stimmt.« Sie wandte sich von der Dunkelheit ab, wo er lauerte, sah wieder auf den Leichnam hinab und nahm all ihre Entschlossenheit zusammen. Sie musste immer noch jemanden verständigen. Irgendetwas tun, jetzt, da sie nicht länger das Gefühl hatte, dass ihr eigenes Leben bedroht wurde. Sie klappte ihr Handy auf und suchte wieder nach einem Signal.
    Eine feste Hand kam aus den Schatten und schloss sich sanft, aber unerbittlich um ihr Handgelenk. Starke, maskuline Finger, glatte, goldene Haut und mindestens ein halbes Dutzend Messernarben. Die verheilten Stellen waren bleicher gegen seinen natürlichen Glanz. Eine dunkle Hemdmanschette erschien, und dann glitt der übrige Mann mit tödlicher Schnelligkeit aus der Dunkelheit.
    »Stecken Sie das Telefon weg!«, befahl er; er hielt es offensichtlich nicht für nötig, die Stimme zu heben. Die harten Augen und seine schiere Größe hätten ausgereicht, selbst den zähesten Mann davon zu überzeugen, sich seinem Willen zu unterwerfen. Er zog sie mühelos an seinen größeren Körper.
    Und dann konnte sie ihn zum ersten Mal richtig sehen. Sie war nicht allein mit einem anderen Menschen in der Gasse. Sie war allein mit einem Dämon in der Gasse. Einem Dämon mit einem Schwert über dem Rücken.
    Sie hatte gehört, dass Dämonen, die Gefallenen des Himmels, Ungeheuer der Verderbtheit seien. Dieser Mann war keine verdrehte Bestie, niedergebeugt von der Last seiner Sünden gegen die Menschheit. Er war groß und dunkel – und sehr, sehr männlich. Da war nichts Missgebildetes an ihm. Nur harte Flächen und das machtvolle Spiel von Muskeln unter dem dünnen Stoff seines Hemdes. Wenn dieser Mann das fleischgewordene Böse war, wie sahen dann die Engel des Himmels aus?
    Er war sehr breitschultrig und hochgewachsen, dunkel wie die Nacht, und seine Pupillen waren lediglich Nadelspitzen aus Licht. Ein dunkler Vorhang von Haaren floss ihm locker den Rücken hinab, und es verlangte sie danach, die Hände in diese dekadente Masse zu schieben. Er hatte hohe Wangenknochen, schwarze, fast pupillenlose Augen und sah wie ein Raubtier aus, das sich von Menschen nährte, gekleidet in schwarzes Leder und Bauernstiefel. Ein langer Staubmantel umfloss ihn. Dieser Mann jagte. Verteidigte. Tötete.
    »Lassen Sie mich gehen«, hörte sie sich sagen. Obwohl sie plötzlich alles andere wollte als das.
    Dieses abrupte Aufflackern von Lust musste selbstmörderisch sein. Und doch vermisste sie die Wärme seiner Hand, als er sie losließ.
    Er war zu hart und zu massig, und sie wusste, dass er Unheil bedeutete. Er war die Verkörperung jeglichen Vergnügens, über das sie jemals schuldbewusst fantasiert hatte, er war jemand, der stark genug war, um das Kommando zu übernehmen, bis sie kam. Sie hatte offensichtlich eine Macke, gestand sie sich ein. Die Macke, sich in die Arme des größten, stärksten, härtesten Mannes werfen zu wollen, den sie finden konnte, um ihn dann herauszufordern. Zu sehen, woraus der Bursche gemacht war und ob er das Kommando über eine Situation übernehmen konnte.
    Sie sollte so etwas nicht wollen. Nicht

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