Ewiger Schwur
Mischka zu beruhigen. Zu seiner Überraschung zitterte seine Hand.
»Verflucht!« Er krümmte sich. Sie streichelte ihm das Kinn, aber er war verloren in dem Schmerz, als würde ihn ein unsichtbares Wesen bei lebendigem Leib häuten. Das hatte er vor drei Jahrtausenden schon einmal erlebt. Er wollte und brauchte keine Wiederholung.
Er stieß sich vom Bett hoch, taumelte zum Fenster hinüber, riss den Vorhang beiseite, tastete nach der Tür. Seine Hand glitt an der Wand hinab, während sein Blut unter einem anderen, heftigeren Krampf in seinen Ohren toste.
Er hörte wieder ihre Stimme hinter sich. Er konnte sie nicht beschützen. Brauchte Nael dafür. Er konnte sie nicht allein lassen.
Haut pellte sich von seinem Rücken, und der Schmerz loderte erneut auf.
Etwas Mächtiges schob sich langsam durch seine Haut und riss sie auf.
Mischkas Stimme erklang irgendwo hinter ihm, aber er war verloren in dem roten Nebel. »Verdammt«, stöhnte er. »Verschwinde von hier, Mischka.« Das war nicht seine Bestie. Das war etwas anderes.
Er presste die Kiefer aufeinander und krallte die Finger um das Fenstersims, als würde das Holz ihn an seiner geistigen Gesundheit verankern, die ihm zu entgleiten drohte.
Stur wie immer ließ sie sich nicht beirren. Ihre kühle Hand auf seinem Arm war ein kleines Stück vom Himmel, aber er fuhr herum und drängte sie zur Tür, in Sicherheit. Der nächste Krampf zwang ihn in die Knie. Liebe Güte, er war hilflos, und trotz seiner Entschlossenheit, sie zu beschützen, konnte er hier nichts weiter tun, als tief und leise zu stöhnen.
Sie strich ihm über den Rücken und zuckte dann zurück. Flügel drangen durch seine Haut. Groß. Machtvoll. Schwarz.
Die Flügel entfalteten sich. Bedächtig bewegte er Muskeln und Sehnen. Die Flügel schlugen ein Mal. Zwei Mal.
Er öffnete den Mund, und nichts kam heraus.
Also begnügte er sich damit, ins Badezimmer zu stolpern und sich anzustarren. Flügel. Er hatte seine gottverdammten Flügel zurück.
Der Schock des Wiedererkennens und der Freude war ein weiteres Gefühl, das er nie mehr zu spüren erwartet hatte.
»Ich bin wieder ganz.« Er strich mit einer Hand über die weichen Federn, und da war es wieder, dieses unvertraute Zittern. Er hatte geglaubt, seine Flügel wären für immer fort. Aber sie waren zurück. Er konnte nach Hause gehen.
Nach Hause.
Er schloss die Augen und lehnte die Stirn gegen die kühle, glatte Oberfläche des Spiegels. Das bedeutete, dass Mischka seine Seelenverwandte war.
Sie trat hinter ihn, berührte ihn an der Schulter. Mied die Flügel. »Brends …«
Ja, was konnte sie sagen? Dann sagte sie das eine, was er nicht erwartet hatte. »Deine Flügel sind wunderschön.« Die wilde Freude auf ihrem Gesicht ließ sich nicht falsch deuten. »Du bist wunderschön. Ich hatte nicht …« Sie gestikulierte, sprachlos, aber niemals hilflos. »Ich hatte nicht begriffen, was fehlte.« Ein Lächeln erhellte ihre Züge, und es war der Sonnenaufgang für sein ganzes Universum.
Er hatte auch nicht gewusst, was ihm fehlte.
Er streckte sich, und seine Flügel erfüllten den kleinen Raum, ragten über sie beide hinaus. So perfekt, als seien sie niemals fort gewesen. Instinktiv wusste er, dass er ganz war. Endlich. Sein Spiegelbild erwiderte seinen Blick, als er die Arme um die Frau legte, die er liebte, sein Gesicht an ihrem Hals begrub und ein- und ausatmete. Mit ihr war er wieder ganz.
Brends war größer als zuvor. Härter. Seine breiten Schultern füllten einen leeren Raum, von dessen Existenz sie nichts gewusst hatte. Begehren durchzuckte sie. Ja, er war stark. Und er konnte sie mit einer Hand festhalten.
Und er roch gut. In der Luft lag der reiche, cremige Geruch seiner Haut, und sie wusste nicht, ob sie sich zurücklehnen und die Flügel anstarren oder ihn von Kopf bis Fuß ablecken wollte. Flügel zuerst, befand sie. Dunkel und gefiedert, ragten sie aus seinem Rücken, als seien sie immer dort gewesen.
Er legte die Hände um ihre Handgelenke und hielt sie fest. »Geh nicht«, sagte er. »Bleib bei mir.«
Als sie zog, ließ er los. Statt jedoch aufzustehen, strich sie mit der Hand über seinen Rücken, senkte die Finger in die dicken Federn. »Sie sind so weich.«
Die Federn wogten unter ihren tastenden Fingern, badeten sie mit einer sinnlichen Hitze.
Das ist ein Teil von ihm.
Sie legte die andere Hand um seinen Hals und zog seinen Kopf zu sich.
»Küss mich«, verlangte sie. Er kam ihrem Wunsch nach und bedeckte ihren
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