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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Demetrios. »Ich gebe zu, daß etwas nicht stimmt. Aber was meinst du mit Gefangenen?«
    »Dies ist ein Test, ein Experiment. Die Jarts.«
    »Das Wort ist mir nicht vertraut.«
    Rhita berührte mit den Händen sein Gesicht. »Fühlst du es denn nicht? Daß wir Gefangene sind?«
    »Ich nehme dich dafür beim Wort.«
    »Erinnerst du dich an einen Kelten namens Lugotorix?«
    Ein Ibis flog vom Ufer auf und landete auf dem Bug des Bootes. Er öffnete seinen langen Schnabel und sagte: »Jetzt kannst du dich erinnern.«
     
    Rhita arbeitete sich im verborgenen durch ihre Vergangenheit hindurch. Warum sich erinnern? Es gab nichts, was sie tun konnte. Keinen Weg zur Flucht, wenn die Beine, mit denen sie laufen wollte, nicht real waren. Sie besuchte einmal ihre Mutter, saß in dem Haus aus Stein und Gips nahe Lindos und plauderte über belanglose Dinge. Sie entspannte sich in der Sonne, die nicht so warm war, wie es hätte sein sollen, und auch nicht so hell. Unterwegs zum Tempel, um einen Tag allein zu verbringen, ging ihr Schatten ihr voraus auf dem langen Weg in der Morgensonne über Schlamm und Kies. Sie beobachtete ihn mit leichtem Interesse und blieb dann stehen. Er hob die Arme, während ihre Arme unten waren. Er gestikulierte wild. Er wurde länger, kreuzte die Straße, über Hecken und Steinmauern, quer durch einen verlassenen Obstgarten. Die Zweige der Bäume schwankten jedesmal, wenn er sie berührte.
    Ein junger Mann mit schwarzem Haar kam ihr auf der Straße entgegen. Er stand einige Zeit neben ihr und sah zu, wie sich der Schatten bis zum Horizont der Insel ausdehnte und dann über den Himmel und die dahineilenden Wolken zog. Sie sah den Mann, ohne irgendwie neugierig zu sein. Er sagte ihr: »Wir verlieren dich, Rhita Vaskayza. Du mußt dich nicht verstecken. Wenn wir dich nicht halten können, wird sich dein Selbst in seinen eigenen Erinnerungen auflösen. Das können wir nicht wünschen. Wir werden dich inaktivieren müssen. Möchtest du nicht lieber fortfahren zu denken?«
    »Nein«, sagte sie. »Ich weiß, was ich tue.«
    Sie lief vor dem jungen Mann fort, machte aber in Gedanken oder in Erinnerungen, oder wo immer sie jetzt sein mochte, eine sehr falsche Wendung.
    Rhita stolperte in das Lagerhaus all ihrer Alpträume.
    Ehe sie inaktiviert werden konnte, erblickte sie die Geister aller, die sie getötet hatte. Sie flogen über das blutige Wasser des Meeres, Fragen auf den Lippen und Messer in den Händen: Warum hast du das Tor geöffnet?
    Sie hatte Gaia getötet.
    Aber selbst konnte sie nicht sterben.
    Ihre Psyche, ihr Schmetterling lag aufgespießt in einem Kasten, examiniert durch monströse Sammler. Sie sah Halle um Halle, strahlend erhellt, sich über Millionen Meilen erstrecken, gesäumt von stählernen Behältern, in deren jedem Reihe auf Reihe voll von Menschen waren – Kindern, alten Männern, alten Weibern, jungen Männern, werdenden Müttern, Soldaten, die alle unter ihren Blicken mit unendlicher Deutlichkeit vorbeizogen, realer, als in ihrem wahren Leben jemals etwas gewesen war, sich windend auf den Nadeln, die durch ihre Herzen gingen. Ich bin bei euch, sagte sie. Ich kann nicht von euch weglaufen.
    Aber sie lief. Ohne einen physischen Körper zum Laufen jagte sie ihr Selbst durch ihre Erinnerungen über alle Wege ihres Geistes, rasend vor Kummer, Angst und Schuld. Sie lief immer schneller, bis sie wie Wasser zu schmelzen und zu fließen schien. Das Wasser stieg rasend in einem kalten Strahl auf, diffus und ohne Selbst…
    Eine kurze Wärme vor Null.

 
71. KAPITEL

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Thistledown
     
    Thistledown, nach seiner eigenen Zeitrechnung vor dreizehn Jahrhunderten gestartet, war zweifellos die größte Einzelleistung der menschlichen Rasse gewesen, die noch gesteigert wurde durch die Erschaffung des Weges. Es enthielt die zwei größten und schönsten Städte der gesamten Menschheit, aber nie voll bevölkert; die größten Waffen, die je konstruiert worden waren; war Geburtsstätte der vollkommensten und umfassendsten Zivilisation, Zentrum von Philosophien, die alle menschlichen Religionen umfaßten und von denen viele in dem Mythos vom Guten Menschen zusammengeformt waren, der den unvollkommenen, aber glorreichen Ausdruck jenes universellen Strebens nach Rechtem Fortschritt exemplifizierte: Stern, Geschick, Geist. Das Universum, Geschichte und menschlicher Geist. Thistledown war ein vergänglicher und sogar bescheidener Name für ein solches Bestreben.
    Farren Siliom erwog all dies von seinem

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