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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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hatte.
    Rhita sehnte sich nach Rhodos, nach dem hüpfenden Lachen der Wellen, wenn auf hoher See ein Sturm tobte, nach dem staubig grünen Geruch von Olivenhainen und dem Spiel blendender Wolken am lapislazuliblauen Himmel. Am meisten von allem fehlte ihr die Gesellschaft von Rhodiern, schlicht und sonnenklug, wie man auf der Insel zu sagen pflegte. Besonders vermißte sie die Kinder am Strand.
    Vielleicht war sie wirklich bloß ein ›Inselmädchen‹.
    Zu fast jeder Stunde des Tages, manchmal sogar in der Abenddämmerung und danach, konnte man an den felsigen und sandigen Stränden von Rhodos ein paar herumsausende Jünglinge antreffen, braun und nackt bis auf Unterhemden oder Lendentücher. Gewöhnlich waren das Altai-Avaren aus dem Süden der Insel oder den alten Flüchtlings-Slums in Lindos, von dunklem Typ, mit orientalischen Augen und runden Köpfen, die Münder voller Flüche. Ihre von der Sonne vergoldeten Gliedmaßen blitzten, wenn sie in den Gezeitenpfützen mit dem Speer fischten oder improvisierte Detektoren herumtrugen auf der Suche nach verlorenen Münzen oder versunkenen Wracks. Sie hatte sich als Heranwachsende von ihren Studien weggestohlen, um mit ihnen zu laufen, zu lachen und ihre Sprache zu erlernen, ihre Verwünschungen und ihre heiteren Ausdrücke von Begeisterung. Ihre Mutter hatte sie ›Barbaren‹ genannt, ein altes Wort, das jetzt nur noch selten gebraucht wurde. Die meisten Bewohner der Oikoumene waren nach der Definition ihrer Mutter Barbaren.
    Als sich Rhitas Brüste entwickelt hatten und die Schultern der Jungen am Strand breiter geworden waren, kam in ihr Spiel eine neue Note – eine sanfte Grobheit. Sie hatte die ihr zugerufenen Verwünschungen, die halb als Spaß und halb wie von blutdürstigen Raubtieren geklungen hatten, fast gemocht. Wäre sie etwas weniger beschützt gewesen, etwas mehr weltlich und weniger vom Verhaltenscodex des Hypateions umhegt, dann hätte einer dieser Jungen ihr erster Liebhaber geworden sein können. Die Große Mutter weiß, wieviel Zärtlichkeiten und Küsse sie ihr gestohlen hatte.
    Sie erinnerte sich noch an ihre Späße, die Jahrhunderten von Kampf und Verzweiflung entstammten und nicht alle durch die Toleranz und das Klima von Rhodos gemildert waren.
    Es waren grausame und wilde Späße über unzeitigen Tod, der große Pläne vereitelte, rauhe Fabeln von getrennten Familien und verlorenen Verwandten, über Herdenvieh, das man nie auf Rhodos gesehen hatte.
    Einmal hatte sie dagesessen und sich mit einem Jungen unterhalten, der vielleicht um ein Jahr jünger war als sie. Er hatte ihr seine Familiengeschichte erzählt, ungezählte Jahrhunderte, die mit den Schicksalen anderer Familien und Stämme, vielleicht anderer Völker, verflochten waren. Sie hatte versucht, dies mit dem zu vereinbaren, was sie über die alten Rus-Oikoumene-Parsa-Bündnisse und die Auslöschung der Steppenvölker wußte. Umgekehrt hatte er ihre formale Geschichte mit ungewöhnlicher Höflichkeit und Aufmerksamkeit angehört und ihr danach gesagt: »Das ist es, was ihr als Sieger sagt.« Er war aufgesprungen, hatte sie wie ein Esel angeschrien und war über den Strand gelaufen, wobei seine nackten Füße todsicher einen Weg über flache, von der Sonne erhitzte Steine fanden.
    Rhita hatte seufzend die Augen geöffnet, denen der heiße, blasse Mittagshimmel und der in der Ferne laufende Junge entschwanden. Sie nahm das elektronische Teuchos auf, das ihrer Großmutter gehört hatte, und schaltete es ein. Sie wählte einen Erinnerungsblock und fing an, die verzeichneten Bände zu durchsuchen. Dann wurde ihr ein mögliches Risiko klar, und sie stellte den erleuchteten Bildschirm des Gerätes ab. Sie prüfte die schwache Tür und beschloß, daß sie diese zumindest mit dem einzigen Rohrstuhl des Raumes blockieren könnte. Sie hatte seit ihrer Ankunft nicht gewagt, einen Musikwürfel anzuhören. Die Entdeckung würde zumindest peinlich und schlimmstenfalls verheerend sein. Das Mouseion könnte die Objekte konfiszieren. Man könnte sie aller Arten lächerlicher Vergehen bezichtigen. Wie sollte sie das wissen?
    Rhita haßte dieses fremdartige, schwierige und von Klassenvorurteilen beherrschte Mouseion mit seinem altertümlichen, verworrenen Gelände…
    Unter den stadterfahrenen Studenten, die allenthalben von Gaia einberufen waren, fühlte sie sich fehl am Platze. Zu ihrer Überraschung hatte sie junge Männer gesehen, die auffällige gefranste Lederkleidung trugen, wie sie bei

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