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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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ich nach eurem Maßstab vielleicht zehntausend Jahre gelebt…
    Wir hatten längst den Punkt passiert, wo man die letzten Augenblicke dieses Universums hätte abschätzen können. Hätten wir dort ein Tor geöffnet, wozu wir nicht imstande gewesen waren, so wären wir vielleicht Zeugen des Todes aller gewesen, die wir gekannt hatten, und all dessen, was wenn auch entfernt – mit uns zusammenhing… Und wir flohen dennoch. Ich war meinem eigenen Universum gegenüber abtrünnig geworden.
    Seltsamerweise war dieser Moment nicht besonders eindrucksvoll. Wir hatten uns schon auf außergewöhnliche Art in uns abgekapselt wie ein Insekt, das sich verpuppt. Wir hatten uns von unserer Umgebung isoliert, auch wenn wir sie noch weiter studierten.
    Der Weg öffnete sich zu einem ungeheuren gekrümmten Tunnel. Unsere Passage durch diesen folgte nicht mehr irgendeiner geodätischen Linie. Es gab in der Mitte keine Fehlstelle und keine Singularität mehr. Die Stadt konnte ihre Energie nicht mehr aus den Generatoren der Fehlstellen gewinnen. Darum sog sie Kraft aus der sehr dünnen Atmosphäre von Partikeln und freien Atomen innerhalb des Weges. Und deswegen wurden wir – rasch – langsamer. Binnen zehn Jahren unserer Basiszeit reiste die Stadt mit weniger als relativistischer Geschwindigkeit.
    Der Weg verbreiterte sich um uns. Wir untersuchten diese Zunahme und sahen vorher, was uns erwartete… Eine riesige Blase von Raum-Zeit, die den Weg blockierte, aber nicht beendete – endlich, aber ohne Grenzen…
    Wir waren in das Ei eines neuen Universums eingetreten. Darin konnten wir nicht als materielle Wesen überleben. Wir wären aufgelöst worden durch das zunehmende Plasma aus Masse und Energie, so wie Salz im Wasser verschwindet. Aber wir lernten, mit einer solchen Eventualität fertig zu werden.
    Die ganze Stadt, alle ihre Bürger, arbeitete daran, sich umzugestalten. Wir rechneten jeden Augenblick damit, einfach zu sterben, aufzuhören zu existieren; denn wir waren Kinder vor einem tobenden Ofen. Aber es gab eine andere, weit entfernte Möglichkeit…
    Die Möglichkeit, daß wir uns dem feurigen Ei anpaßten, darin lebten und es schließlich zu einem reifen Universum expandieren ließen. Dies würde seine Verbindung mit dem Weg lösen, frei im Superraum treiben, und unsere transformierten Individuen würden neugeboren Schmetterlingsflügel entfalten.
    Ist es vermessen zu sagen, daß wir Götter werden wollten? Wir hatten keine Wahl. Wir hatten das Ende des Weges erreicht, sofern dieser ein Ende hatte, und wir konnten nicht umkehren… Uns blieb nichts übrig, als unser eigenes Universum zu schaffen.
    Hierfür mußten wir alle unsere materiellen Bindungen aufgeben. Wir mußten uns auf die Basis von allem Raum und aller Zeit stützen, jenseits und unterhalb Energie und Materie, jenseits des Kontaktes mit der Embryonalhülle des Plasmas.
    Ich sah, wie meine Gefährten sich in Licht kleideten, große rosige Fenster von Persönlichkeit, sich ausbreitend mit verschwommenen Rändern, gemalt an die Wände der Stadt, wobei sie die Masse der Stadt als zeitweilige Stütze benutzten, nicht einfach aufgelöst zu werden. Das Licht eines jeden von uns berührte das Licht aller. Wir waren trunken von Einssein. Es war eine Orgie unglaublichen Ausmaßes. Alle Reste unserer Menschlichkeit wurden zu einer riesigen, sich verschmelzenden Sexualität destilliert. Wir verloren fast unser Ziel außer Sicht. Wir hätten durch unsere Selbstversenkung in Dankbarkeit, Liebe und Wonne betäubt werden können und wären wie eine liebeskranke Motte in den Ofen getaucht… Aber wir gewannen die Kontrolle zurück und schafften es, den nächsten Schritt zu tun.
    Jetzt vereint, waren wir ein schwaches und sehr zartes Gewebe aus Gedanken, das in und um die Reste der Stadt gewickelt war. Wir spannten diesen Flor hinaus zu den Partikelwinden im Weg, die jetzt wegen der Nähe des Ofens viel heißer waren. Wir wurden fester und dichter und stießen uns schließlich auf ein Niveau, das sogar unter dem von Licht und Energie lag.
    Wir entfalteten uns in den Herd hinein, zwangen ihm unseren Willen auf und gaben ihm den Anstoß zur Expansion, indem wir die restliche Masse der Stadt in Energie verwandelten und den Umschwung herbeiführten. Das unbegrenzte Ei begann anzuschwellen und abzukühlen. Seine plasmatische Embryonalhaut kondensierte und nahm Gestalt an…
    Wir wurden zu Weltenschöpfern. Für einen Augenblick erwogen wir, einfach unser eigenes Geburtsuniversum zu

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