Ewigkeit
Er hatte schlechten Atem und offenbar Schwierigkeiten mit dem Rasieren. »Heißt das nicht, dass Sie von seiner Gehaltsliste gestrichen sind?«
»Er hat mir einen großzügigen Vorschuss gegeben«, erklärte Floyd. »Außerdem habe ich ein persönliches Interesse an dem Fall. Mein Partner scheint der Hauptverdächtige zu sein.«
»Woher wollen Sie das wissen?«, fragte der Polizist.
»Ich hatte Besuch von Inspektor Belliard. Er hat mich über alles informiert.« Floyd senkte die Stimme. »Haben Sie schon mit den Leuten hier gesprochen?«
»Das hier sind nicht die Hausbewohner. Die werden drinnen befragt.«
»Sie könnten trotzdem etwas gesehen haben.«
»Haben sie nicht. Sonst hätten sie es gesagt.«
Floyd wandte sich den Menschen zu, die ihn umgaben. Inzwischen war er zum Brennpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit geworden, eine Rolle, die zuvor der ominöse dunkle Fleck auf dem Bürgersteig innegehabt hatte. »Das hier ist ebenso mein Fall wie der des Quai«, erklärte er den Versammelten und versuchte dabei, mit so vielen wie möglich Blickkontakt aufzunehmen. »Vor drei Wochen wurde hier eine Frau ermordet, und die jungen Schlauköpfe vom Quai haben sich nicht die Mühe gemacht, die Sache ernst zu nehmen. Jetzt hat es einen weiteren verdächtigen Todesfall gegeben.«
Floyd griff in seine Manteltasche und holte einen Stapel Visitenkarten hervor. »Wenn jemand von Ihnen einen dritten Mord verhindern möchte, haben Sie jetzt die Gelegenheit, etwas zu unternehmen. Rufen Sie sich die letzten paar Tage in Erinnerung, vielleicht sogar die letzten Wochen, und überlegen Sie, ob Ihnen etwas Ungewöhnliches aufgefallen ist. Vielleicht hat sich hier jemand herumgetrieben, den Sie nicht kannten. Vielleicht war es sogar ein Kind. Ich schätze, dass die Person, die für den ersten Todesfall verantwortlich ist, auch etwas mit dem zweiten zu tun hat.«
Eine Frau mittleren Alters mit einem Schlapphut nahm Floyd eine Karte aus der Hand. »Ich habe etwas gesehen«, sagte sie. »Ich habe versucht, es diesen Leuten zu erzählen, aber sie waren nicht interessiert.«
»Rufen Sie mich an, dann reden wir darüber«, erwiderte Floyd.
»Ich kann es Ihnen jetzt gleich erzählen. Da war ein großer Mann, sah aus wie ein Ringer. Sehr gut gekleidet, aber verschwitzt und außer Atem. Er kam auf die Straße gerannt und versuchte, ein Taxi ranzuwinken. Es gab einen Streit, weil schon jemand anderer auf das Taxi gewartet hatte, und das passte dem Großen nicht. Sie hätten sich beinahe geprügelt.«
»Das haben Sie gesehen?«, fragte Floyd.
»Ich habe es gehört.«
»Wann?«
Die Frau schaute über die Versammlung hinweg zu einem Mann. »Wann war der ganze Trubel?«
»Ich habe auf die Uhr geschaut«, erklärte der andere Schaulustige und nahm einen heruntergebrannten Zigarettenstummel aus dem Mund. Er trug eine flache, karierte Mütze und hatte einen bleistiftdünnen Schnurrbart. »Es war genau um …«
»Ich habe nicht Sie gefragt, sondern die Dame.« Floyd wandte sich erneut der Frau zu. »Haben Sie es wirklich beobachtet?«
»Ich sagte, dass ich es gekört habe«, wiederholte sie. »Trubel auf der Straße, hupende Autos, laute Stimmen.«
»Aber Sie haben diesen großen Mann nicht selbst gesehen?«, hakte Floyd nach.
»Nein, nicht mit eigenen Augen«, antwortete sie, als wäre der Unterschied nebensächlich. »Aber er hat ihn gesehen« – sie deutete auf den Mann mit der Uhr – »und bei dem Trubel, den ich gehört habe …«
»Das hier ist eine Straße mitten in Paris«, gab Floyd zu bedenken. »Es wäre ziemlich schwer, eine beliebige halbe Stunde zu finden, in der sich nicht irgendwelcher Trubel ereignet.«
»Ich weiß, was ich gesehen habe«, erwiderte der schmierige Kerl und steckte sich den aufgerauchten Zigarettenstummel wieder zwischen die Lippen.
»Dieser Streit um das Taxi«, fragte ihn Floyd, »haben Sie bemerkt, ob gleichzeitig noch etwas anderes passiert ist?«
Der Mann warf einen Blick in die Runde der übrigen Zuschauer. Offenbar fürchtete er eine Falle. »Nein«, antwortete er schließlich nach reiflicher Überlegung.
»Das ist allerdings sonderbar«, stellte Floyd fest, »denn eigentlich hätte eine Leiche auf dem Bürgersteig liegen sollen.«
»Na ja, da war …«, sagte die Frau, aber ihre Stimme wurde sofort leiser.
»Vor dem Streit um das Taxi? Oder kurz danach? Denken Sie gut nach, davon hängt nämlich eine Menge ab.« Während er redete, bemerkte Floyd eine jüngere Frau, die vom hinteren Ende
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