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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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gewartet. Floyd konnte ihn nur einen Moment lang sehen, dann wurde dem Beamten die Tür brutal aus der Hand gerissen, als eine weitere Windböe durch die Wohnung fegte und die wenigen Papiere, die nicht ohnehin schon auf dem Boden gelandet waren, aufwirbelte. Im Sturm flatternder Blätter sah Floyd, wie Custines Nachricht vom Telefon fortgerissen und taumelnd wie eine Motte quer durch den Raum durchs geöffnete Fenster geweht wurde.
    Belliard beendete das Gespräch und stellte das Telefon auf Floyds Schreibtisch zurück. »Vielleicht hätte ich das Fenster doch nicht öffnen sollen«, bemerkte er, während er den Blick über die auf dem Teppich verstreuten Blätter schweifen ließ. »Sie werden viele Sonntage brauchen, um diesen Schlamassel aufzuräumen.«
    »Das geht schon in Ordnung«, antwortete Floyd und fragte sich, wie offensichtlich seine Erleichterung war. »Es war ohnehin an der Zeit, einiges auszusortieren.«
    Belliard griff in seinen Mantel und holte einen Quittungsblock hervor. »Wie viel soll ich für das Pferd aufschreiben?«
    »Machen Sie sich deswegen keine Gedanken«, sagte Floyd. »Ich wollte das Ding ohnehin wegwerfen.«
     
    Nachdem er die Tür hinter den Quai-Leuten geschlossen hatte, trat Floyd ans Fenster, das immer noch offen stand, und zog die staubigen Jalousieleisten auseinander, um auf die nachmittägliche Stadt zu schauen. Er beobachtete, wie die schwarze Polizeilimousine auf der Straße brummend zum Leben erwachte und davonfuhr. Er blickte in beide Richtungen über die Rue de Dragon, merkte sich die Positionen und Modelle der anderen geparkten Autos und hielt insbesondere nach solchen Ausschau, die er noch nie gesehen hatte oder die in der heruntergekommenen Seitenstraße mit den Schlaglöchern und überquellenden Dachrinnen fehl am Platze wirkten. Dort, drei Läden weiter oben, stand eine weitere dunkle Limousine. Das Modell konnte Floyd aus seinem Blickwinkel nicht erkennen, aber es ähnelte dem Polizeiwagen, den er gerade hatte wegfahren sehen. Wahrscheinlich ein ungekennzeichnetes Polizeifahrzeug. Hinter der ölig glänzenden Windschutzscheibe sah er einen Mann, der, die Hände im Schoß verschränkt, wartend dasaß.
    Floyd konnte nicht abstreiten, dass sie gut waren. Weniger als vier Stunden waren seit dem Mord vergangen, aber die eifrigen Jungs vom Quai hatten bereits ein komplettes Spezialistenteam vom Kriminaldezernat auf den Fall angesetzt. Zugegebenermaßen hatten sie nicht allzu lange nach Hinweisen suchen müssen – wenn man bedachte, dass Floyd und Custine hilfreiche Visitenkarten im Mietshaus verteilt hatten. Trotzdem hatten sie jemanden zum Beschatten eingesetzt, vielleicht sogar mehrere Leute. Floyd hatte eine grobe Vorstellung davon, wie der Quai arbeitete: Wenn man dachte, dass man von einem Beamten überwacht wurde, dann gab es wahrscheinlich noch einen zweiten oder sogar dritten, von dem man keine Ahnung hatte.
    Floyd ließ die Jalousie zuschnappen. Er fühlte sich ausgelaugt, als hätte er sich nach einem Schlag in die Magengrube gerade wieder auf die Beine gekämpft. Seit er heute sein Büro betreten hatte, niedergedrückt von der Last seiner Einkaufstüten und sehr viel weniger Problemen, als er wohl tatsächlich hatte, war alles anders geworden. Warum waren es niemals gute Neuigkeiten, die dafür sorgten, dass man seine Probleme in einem neuen Licht sah? Warum mussten es immer nur noch mehr Probleme sein?
    Er setzte sich an den Schreibtisch zurück und versuchte sich zu sammeln. Die Grundfakten des Falls waren die gleichen geblieben, nur dass es sich jetzt um einen Doppelmord handelte und dass die Polizei verspätet beschlossen hatte, sich für die Sache zu interessieren. Oder – was wahrscheinlicher war – sie hatten sich auf Blanchards Tod gestürzt, damit sie einen Vorwand hatten, Custine zu bestrafen. Es sah nach wie vor nicht so aus, als würde der erste Mord sie besonders interessieren.
    Aber obwohl Custines Brief nun verschwunden war, hatte Floyds Partner ihm einen entscheidenden Hinweis gegeben. Die Schreibmaschine war überhaupt keine Schreibmaschine gewesen, sondern ein ausgeklügelter Verschlüsselungsapparat. Plötzlich ergaben einige Dinge sehr viel mehr Sinn – und alles schien die Spionage-Hypothese zu bestätigen.
    Susan White hatte ihr Radio umgebaut, damit es codierte Übertragungen empfangen konnte. Die Punkte und Striche hatten sehr nach Morsecode ausgesehen, und vielleicht waren sie auch daraus entwickelt worden, aber das war nur der

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