Ewigkeit
Rückspiegel. Er schien seine Aufgabe als Chauffeur sehr ernst zu nehmen und hatte darauf bestanden, dass sie hinten einstieg, wo mehr Platz war. »Ich wurde beauftragt, einen Fall zu lösen. Für mich spielt es keine Rolle, dass der Mann, der mich engagiert hat, inzwischen tot ist. Ich fühle mich verpflichtet, alle offenen Fragen zu klären, bis der Fall geschlossen werden kann. Und zwar erst recht, seit mein Partner unter Mordverdacht steht.«
»Aber ich habe Ihnen doch schon gesagt …«, begann sie.
»Sie haben mir schon eine ganze Menge Lügen erzählt, deren einziger Zweck darin bestand, mich zu bewegen, Ihnen die Dose auszuhändigen«, sagte Floyd. »Vielleicht sollten wir ganz am Anfang anfangen.«
»An Ihrer Stelle würde ich lieber auf die Straße achten.«
Er ging nicht auf ihre Bemerkung ein. »Zum Beispiel diese Sache mit Ihnen und Ihrer Schwester aus Dakota.«
»Was ist damit?«
»Damit konnten Sie vielleicht Blanchard hinters Licht führen, aber mit Ihrem Akzent kann ich überhaupt nichts anfangen. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob Sie wirklich Amerikanerin sind.«
»Anscheinend kennen Sie sich nicht allzu gut in Ihrem eigenen Land aus.« Auger rutschte auf dem Rücksitz herum und suchte eine weniger feuchte Stelle ihres Mantels. »Sie haben selbst zugegeben, dass Sie schon seit zwanzig Jahren in Paris leben. Das ist genug Zeit, um den Anschluss zu verlieren.«
»Wenn Sie aus Dakota kommen, bin ich wirklich nicht mehr auf dem Laufenden.«
»Das kann ich Ihnen nicht zum Vorwurf machen. Tanglewood ist eine sehr kleine Gemeinde, in der wir auf unsere eigene Art leben. Sind Sie jemals Mennoniten oder Amischen oder Pennsylvaniadeutschen begegnet?«
Floyd steuerte den Wagen auf den Boulevard Edgar Quinet und fuhr am riesigen Friedhof von Montparnasse vorbei. »In letzter Zeit nicht«, sagte er.
»Na also«, sagte Auger, als wäre die Frage damit hinreichend beantwortet.
Das Spiel des durch die Wolken gefilterten Lichts erhellte eine Gruppe von Trauergästen, die abwechselnd Blumen in ein offenes Grab warfen. Ihre Regenschirme schienen ein einziges schwarzes Dach zu bilden, als hätten sie ihre eigene Gewitterwolke auf den Friedhof mitgenommen.
»Also was?«
»Wenn Sie mit solchen Leuten reden, werden Sie feststellen, dass Ihnen ihre Akzente und Angewohnheiten genauso ungewöhnlich wie meine vorkommen. Kleine Gemeinschaften pflegen ihre eigene Lebensweise.«
»Tanglewood muss in der Tat sehr klein sein. Habe ich Ihnen schon gesagt, dass ich es nicht im Ortsverzeichnis der USA gefunden habe?«
»Daran erinnere ich mich nicht.«
»Auf jeden Fall«, sagte Floyd, »kann ich mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, was ein Mädchen aus einer winzigen Stadt in Dakota in einem Tunnel der Pariser Métro verloren hat. Oder ihre Schwester.« Er blickte sie wieder im Rückspiegel an. »Es ist nämlich so, dass es auch zwischen Susan White und Cardinal Lemoine eine seltsame Beziehung gibt. Sie wurde beobachtet, wie sie den Bahnhof mit einem schweren Koffer betrat und mit einem leichten wieder herauskam.«
»Falls es damit eine besondere Bewandtnis hat, muss ich zugeben, dass sie für mich nicht ersichtlich ist.«
»Nach den Angaben des verstorbenen Monsieur Blanchard und nach meinen eigenen Beobachtungen in ihrem Zimmer scheint Ihre Schwester dazu geneigt zu haben, Dinge zu sammeln. Ihr Zimmer war ein Lagerraum für eine große Anzahl von Schallplatten, Büchern, Zeitschriften, Zeitungen, Landkarten und Telefonbüchern. Es sah aus, als hätte sie alles gesammelt, was sie in die Hände bekommen konnte.« Floyd machte eine Kunstpause. »Ziemlich ungewöhnliche Verhaltensweisen für eine Touristin.«
»Sie mochte Souvenirs.«
»Tonnenweise?«
Auger beugte sich vor. Er konnte ihr Parfum riechen, das ihn an Rosen und Frühling erinnerte. »Was genau wollen Sie damit sagen, Mister Floyd? Reden wir ganz offen darüber.«
Er bog auf den Boulevard Pasteur und musste hinter einem Bus langsamer werden, der mit einer Werbung für Kronenbourg-Bier herumfuhr. »Was Ihre Schwester getan hat, passt einfach nicht zusammen.«
»Ich sagte Ihnen bereits, dass sie psychische Probleme hatte.«
»Blanchard hat sie recht gut kennen gelernt, aber nie den Verdacht geäußert, dass sie nicht ganz richtig im Kopf war.«
»Paranoide können sehr gut darin sein, Menschen zu täuschen.«
»Und was ist, wenn sie gar nicht paranoide war? Was ist, wenn das alles nur Geschichten sind, die Sie mir schmackhaft machen wollten,
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