Ewigkeit
Derwische umeinander herum und nähern sich auf einer Spiralbahn der unausweichlichen Kollision. Damit hast du eine ziemlich wirksame Quelle für Gravitationswellen. Sie senden eine wellenförmige Verzerrung aus, wie der anhaltende Ton eines Musikinstruments.«
»Ich dachte, du magst keine Musik.«
»Stimmt«, sagte sie. »Aber ich bin in der Lage, eine brauchbare Analogie zu erkennen.«
»Gut – wenn sich also zwei Sterne umkreisen, werden Gravitationswellen erzeugt.«
»Sie können auch durch andere Effekte entstehen, aber es geht darum, dass es da draußen sehr viele Binärsysteme gibt. Der Himmel ist mit potenziellen Quellen für Gravitationswellen übersät. Und jede hat ihren charakteristischen Klang, ihre persönliche Note.«
»Wenn man also eine solche Note hört …«
»Kann man genau bestimmen, wo sie ihren Ursprung hat.«
»Als würde man den Blinkrhythmus eines Leuchtturms identifizieren?«
»Genau«, sagte Auger. »Aber nun kommt der schwierige Teil. Man muss diese Wellen irgendwie messen. Die Gravitation ist die schwächste Kraft im Universum, und hier geht es um mikroskopische Schwankungen dieser Kraft. Es ist, als wollte man versuchen, jemanden zu hören, der auf der anderen Seite eines Ozeans flüstert.«
»Und wie macht man das?«
In diesem Moment sah sie etwas aus dem Augenwinkel, ein metallisches Funkeln vor dem Hintergrund des grauen Himmels. Dann erkannte sie die winzige Gestalt, die über ihnen auf einer Röhre hockte, und die böse kleine Waffe, die sie in der Hand hielt.
»Floyd …«, setzte sie zu einer Warnung an.
Die Waffe wurde abgefeuert und erzeugte einen kurzen Ton, der wie ein helles Lachen klang. Auger spürte, wie es plötzlich in ihrer rechten Schulter warm wurde, dann lag sie am Boden, und der Schmerz wurde schlimmer. Sie blickte immer noch nach oben. Das Kind balancierte auf der Röhre und schien kein Problem mit der Höhe zu haben. Es hob die Waffe, zog einen schmalen, sichelförmigen Ladestreifen aus dem Griff und setzte einen neuen ein.
Floyd riss die Pistole hervor, die Auger ihm gegeben hatte. Er entsicherte sie, hob sie mit beiden Händen und richtete den Blick nach oben.
»Erschieß den Mistkerl!«, rief Auger und biss vor Schmerz die Zähne zusammen.
Floyd feuerte. Die Kugel schlug gegen die Unterseite des Rohrs und schwirrte als Querschläger davon. Das Kind senkte seine Waffe und zielte sorgfältig.
Floyd jagte zwei weitere Kugeln in den Himmel. Diesmal traf er nicht die Röhre.
Das Kriegsbaby verlor das Gleichgewicht und stürzte kreischend und mit rudernden Armen und Beinen ab. Es schlug auf den Boden, wurde noch einmal hochgeworfen und blieb dann reglos liegen.
Es war ein Junge.
Floyd wirbelte herum und suchte die Gebäude nach Hinweisen auf weitere Kinder ab. Auger stemmte sich mit dem unversehrten Ellbogen hoch und berührte die Wunde in ihrer Schulter. Als sie die Finger zurückzog, sah sie Blut an den Kuppen, aber nicht so viel, wie sie erwartet hatte. Es fühlte sich immer noch an, als würde ihr jemand eine heiße Eisenstange in die Schulter bohren. Sie tastete nach ihrem Schulterblatt und spürte, dass es dort ebenfalls feucht war.
»Ich glaube, es war allein«, sagte Floyd, als er sich über sie beugte.
»Ist es tot?«
»Es liegt im Sterben.«
»Ich muss mit ihm reden«, sagte sie.
»Immer mit der Ruhe«, sagte Floyd leise. »Du wurdest gerade angeschossen, Kleine. Im Moment hast du andere Probleme.«
»Im Rücken ist eine Austrittswunde«, sagte sie. »Das Geschoss ist durch mich hindurchgegangen.«
»Du weißt nicht, wie viele Geschosse dich getroffen haben oder ob sie sich aufgesplittert haben. Du brauchst Hilfe, und zwar ganz schnell.«
Sie richtete sich auf und kam mit Unterstützung ihres unversehrten Arms wieder auf die Beine. Das Kriegsbaby lag leise röchelnd in einer Blutlache und hatte den Kopf in ihre Richtung gedreht. Die Augen waren geöffnet und blickten sie an.
»Es ist derselbe Junge«, sagte sie. »Der den Kellner im Gare du Nord erstochen hat.«
»Das mag sein.«
»Ich konnte sein Gesicht sehen«, sagte sie. »Ich weiß, dass es dasselbe Kind ist. Es muss uns bis hierher gefolgt sein.«
Sie humpelte zum Kind hinüber und stieß die Waffe mit dem Fuß weg. Der Kopf bewegte sich, um Auger im Blickfeld zu behalten. Der Mund öffnete sich zu einem verdutzten Grinsen, und Blut quoll über die rauchgrauen Lippen. Die schwarze Zunge bewegte sich, als würde sie versuchen, Worte zu bilden.
Auger setzte dem
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