Ewigkeit
oder vier Tage lang im Wasser gelegen hat.«
»Es ist sehr früh am Tag, Monsieur, und ich hatte nicht viel Schlaf, aber ich glaube nicht, dass mir dieser Name bekannt ist.«
»Das ist seltsam, Floyd, denn Sie scheinen diesen Herrn getroffen zu haben. Bei ihm wurde eine Visitenkarte von Ihnen gefunden.«
»Das muss nicht zwangsläufig heißen, dass ich ihn kenne.«
»Außerdem hatte er einen Schlüssel dabei, den wir dem Mietshaus von Monsieur Blanchard an der Rue des Peupliers zuordnen konnten. Rivaud war einer seiner Mieter.«
»Warten Sie«, sagte Floyd. »Hat er zufällig im zweiten Stock gewohnt?«
»Also erinnern Sie sich doch an ihn.«
»Ich bin ihm nie begegnet. Custine hat ihn befragt und ihm meine Visitenkarte gegeben. Als ich ihn wegen weiterer Fragen aufsuchen wollte, war niemand zu Hause.«
»Wahrscheinlich, weil der junge Mann da bereits tot war.«
Floyd schloss die Augen. Das hatte ihm gerade noch gefehlt: ein weiterer Toter, auch wenn er offenbar nur entfernt mit seinem Fall zu tun hatte. »Todesursache?«
»Ertrinken. Es könnte ein Unfall gewesen sein. Vielleicht ist er ausgerutscht und ins überschwemmte Kellergeschoss gestürzt. Andererseits hat der Gerichtsmediziner im Nacken des Mannes seltsame Abschürfungen gefunden, die nach Fingerabdrücken aussehen. Es könnte also sein, dass jemand ihn unter Wasser gehalten hat.«
»Das heißt, Sie können die Ermittlungen in diesem Mordfall abschließen.«
»Nicht ganz«, sagte Maillol. »Die Fingerabdrücke waren sehr klein.«
»Lassen Sie mich raten: als würden sie von einem Kind stammen?«
»Einem Kind mit sehr langen Fingernägeln. Was natürlich keinen Sinn ergibt …«
»Nur dass ich Ihnen schon einmal gesagt habe, dass gewalttätige Kinder in diesen Fall verwickelt sind.«
»Dann hätten wir da auch noch den erstochenen Kellner im Gare du Nord. Den Jungen, den die Zeugen gesehen haben, konnten wir bis jetzt nicht ausfindig machen.«
»Das wird Ihnen wahrscheinlich nie gelingen«, sagte Floyd.
»Wissen Sie etwas über diesen Vorfall?«
Floyd zog einen neuen Zahnstocher aus der Hemdtasche und steckte ihn sich zwischen die Zähne. »Natürlich nicht, Monsieur«, sagte er. »Ich will damit nur andeuten … dass das Kind inzwischen vermutlich über alle Berge ist.«
Maillol sagte zehn oder zwanzig Sekunden lang gar nichts. Im Hintergrundlärm klappernder Schreibmaschinen und gebrüllter Befehle hörte Floyd ihn atmen.
»Ich bin überzeugt, dass Sie Recht haben«, sagte Maillol schließlich. »Aber betrachten Sie das Problem einmal aus meiner Perspektive. Der Fall an der Rue des Peupliers hat mich nicht interessiert, außer dass ich das Bedürfnis hatte, Custine nach besten Kräften zu helfen. Es gab keine Verbindung zwischen den beiden Todesfällen und den verbrecherischen Machenschaften in Montrouge.«
»Und jetzt?«
»Jetzt gibt es eine Verbindung, aber sie ergibt keinen Sinn. Was hat sich Ihr Monsieur Rivaud dabei gedacht, in Montrouge herumzuschnüffeln?«
»Ich habe keine Ahnung«, sagte Floyd.
»Das ist ein loses Ende«, sagte Maillol. »Ich mag keine losen Enden.«
»Mir geht es genauso, Monsieur, aber ich weiß trotzdem nicht, was Rivaud dort gemacht hat. Wie ich bereits sagte, ich hatte nicht einmal die Gelegenheit, mit ihm zu sprechen.«
»Dann sollte ich vielleicht ein Wörtchen mit Custine reden.«
»Zufällig«, sagte Floyd, »ist Custine der Grund, warum ich anrufe.«
»Hat er sich wieder bei Ihnen gemeldet?«
»Natürlich. Wir halten ständig Kontakt. Was haben Sie erwartet? Er ist mein Freund, und ich weiß, dass er unschuldig ist.«
»Sehr gut, Floyd. Ich wäre enttäuscht gewesen, wenn Sie etwas anderes gesagt hätten.«
»Leider kann ich Ihnen nicht sagen, wie Sie Custine erreichen. Dafür haben Sie sicherlich Verständnis.«
»Natürlich.«
»Aber ich glaube, ich stehe kurz davor, den Tatverdächtigen zu finden. Doch es wird Ihnen nicht gefallen, wenn ich Ihnen einen von ihnen ausliefere.«
»Einen von ihnen?«
Floyd warf weitere Münzen in den eisernen Rachen des Telefons. »Custine hat Blanchard nicht ermordet. Es war eins von diesen Kindern. Sie haben mit den Zeugen im Gare du Nord gesprochen. Sie wissen, wie der Junge beschrieben wurde.«
»Einschließlich eines Zeugen, der Französisch mit einem ausgeprägten amerikanischen Akzent sprach.«
»Dieses Kind war real, Monsieur. Es gibt mehrere davon, Jungen und Mädchen, aber aus der Nähe sehen sie gar nicht mehr wie Kinder aus. Wenn ich Ihnen
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