Ewigkeit
unterschiedlich können wir doch gar nicht sein.«
»Wir sind unterschiedlicher, als du ahnst. Aber es gibt nur eine Möglichkeit, es herauszufinden. Ich werde zuerst hindurchgehen und auf der anderen Seite auf dich warten. Wenn du mir nach ein oder zwei Minuten nicht gefolgt bist, werde ich …« Auger war nicht in der Lage, den Satz zu Ende zu sprechen.
»Was wird dann passieren?«, fragte Floyd.
»Das lässt sich nicht so einfach sagen. Wir haben nie erlebt, wie der Zensor ein Lebewesen zurückgewiesen hat. Ich weiß nicht, was er tun wird, falls er entscheiden sollte, dich nicht durchzulassen.« Auger schluckte. »Es könnte unangenehm werden. Wenn wir versuchen, Maschinen von der anderen Seite durchzuschleusen – Waffen, Kommunikationstechnik und solche Dinge –, hat er sie in den meisten Fällen zurückgewiesen. Deshalb nennen wir ihn den Zensor.«
Floyd hatte das Gefühl, als wäre er in ein Gesellschaftsspiel hineingeraten, dessen Regeln ihm nur ansatzweise bekannt waren. »Er hat sie auf irgendeine Weise blockiert?«
»Er hat sie zerstört«, sagte Auger. »In nutzlose Schlackeklumpen verwandelt. Die molekulare Anordnung aufgelöst und selbst die mikroskopisch kleinsten Strukturen unkenntlich gemacht. Danach hat nichts mehr funktioniert. Das Einzige, was wir durchschleusen können, ist sehr einfaches Werkzeug. Schaufeln, Messer, Kleidung, Papiergeld. Deshalb gibt es in diesem Raum nichts Außergewöhnliches. Alles, was du hier siehst, mussten wir in Paris zusammensuchen und dann für unsere Zwecke zusammenbasteln.«
Floyd starrte wie hypnotisiert auf die schimmernde Oberfläche. Er hatte Auger seit ihrer ersten Begegnung immer wieder gedrängt, ihm Antworten zu geben, aber stets mit gewissen vorgefassten Ansichten im Hinterkopf, und nachdem sie ihn jetzt mit der Wahrheit konfrontierte – zugegebenermaßen in kleinen, verträglichen Dosen – war alles ganz anders, als er es sich vorgestellt hatte. Es waren Wahrheiten, die in ihm den Wunsch erweckten, sich ganz klein zu machen und sich unter einem Stein zu verkriechen. Das Schlimmste daran war jedoch, dass eine resignierte Überzeugung in ihrer Stimme mitschwang, die ihm verriet, dass kein einziges Wort gelogen war. Jetzt war sie völlig ehrlich zu ihm – zumindest bis zu einem gewissen Punkt.
Unter Paris existierte etwas, das kein Existenzrecht hatte, und Auger wollte, dass er sich dieser Sache anvertraute.
»Wird mir gefallen, was sich auf der anderen Seite von diesem Ding befindet, sofern es mich hindurchlässt?«
»Nein«, sagte sie. »Ich bin fest davon überzeugt, dass es dir nicht gefallen wird. Aber dort ist es für dich sicherer als hier. Selbst wenn die Polizisten bis zu diesem Raum vordringen können, werden sie nicht sofort durch den Zensor gehen. Ich glaube, dass du dir keine Sorgen zu machen brauchst, bis ich mit Hilfe zurückgekehrt bin.«
»Dann wollen wir es hinter uns bringen. Du gehst zuerst. Wir sehen uns auf der anderen Seite wieder.«
»Bist du bereit?«
»Ich könnte nicht bereiter sein.«
»Ich muss jetzt hindurchgehen, Floyd. Ich hoffe, du schaffst es auch.«
»Wird schon schief gehen«, sagte er. »Bis gleich.«
Sie hielt sich mit dem unversehrten Arm unbeholfen an einer Stange über dem Zensor fest, um Schwung zu bekommen, und schob sich dann hindurch. Zuerst dehnte sich die leuchtende Membran wie eine Gummihaut und schien sie abstoßen zu wollen. Doch dann schloss sie sich um Auger, bis sie völlig darin verschwand. Zuletzt waren nur noch ihr Hinterkopf, ein Ellbogen und eine Ferse von ihr zu sehen. Wellen umgaben ihre Gestalt. Dann war sie verschwunden. Die Membran schwang zurück wie ein Trampolin, und Floyd war allein.
Er drückte prüfend mit einem Finger gegen die gespannte Oberfläche und spürte ein feines elektrisches Kribbeln. Dann drückte er fester zu, und das Kribbeln wurde stärker. Er zog den Finger wieder zurück und nahm einen Zahnstocher aus seiner Tasche. Er hielt ihn an einem Ende und drückte die Spitze in die Oberfläche, bis er wieder das Kribbeln spürte. Er zog den Zahnstocher heraus und sah ihn sich an. Er schien die Aktion völlig unbeschadet überstanden zu haben, und als er ihn in den Mund steckte, schmeckte er genauso wie alle anderen Zahnstocher, auf denen er herumgekaut hatte. Trotzdem beschloss er, ihn danach wegzuwerfen.
Wieder drückte er einen Finger gegen die Fläche und ließ ihn bis zum Ansatz des Nagels darin verschwinden, ohne sich am Kribbeln zu stören. Es war, als
Weitere Kostenlose Bücher