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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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würde er feuchten Ton berühren. Die Schicht dehnte sich, bis die Delle so tief wie sein Unterarm war. Plötzlich machte er sich Sorgen und zog sich wieder zurück, bevor sich die Membran um ihn schließen konnte.
    »Tu es einfach«, sagte er sich und warf sich gegen die Oberfläche.
    Floyd landete auf der anderen Seite und schlug mit dem bandagierten Kopf auf kalten Metallboden. Mindestens eine Minute lang war er zu nichts anderem in der Lage, als still dazuliegen, während zahlreiche Schmerzsignale in seinem Gehirn eintrafen, wo sie wie Briefe in Postfächer einsortiert wurden. Ein Schmerz kam vom Hinterkopf, wo er auf den Boden geschlagen war. Sein Mund tat höllisch weh – wahrscheinlich hatte er sich auf die Zunge oder in die Wange gebissen. Weitere Schmerzen hatte er in den Knien und einem Ellbogen sowie im Rücken, wo er auf die Schienen der U-Bahn gefallen war. Sein Unterarm schmerzte, wo das Kind draufgetreten war. Doch es war keine schrille Todesqual einer Amputation dabei. Es mochte sein, dass er einen oder zwei Finger verloren hatte, das konnte er sich noch vorstellen. Aber als er die Hände bewegte, machte es den Eindruck, als wären all seine Finger mehr oder weniger intakt.
    Bestimmt hier und da aufgeschürft, aber er konnte immer noch spielen, auch wenn es von nun an vielleicht nur Rumbakugeln waren.
    Er hob den Kopf vom Boden, dann richtete er mit Mühe den ganzen Oberkörper auf. Er blickte sich um und entdeckte Auger, die erschöpft, aber immer noch bei Bewusstsein in einem Stuhl zusammengesunken war.
    »Floyd?«, fragte sie. »Alles in Ordnung mit dir?«
    »Mir geht es blendend«, versicherte er und rieb sich den Kopf.
    »Als du hindurchgegangen bist … wie war es?«
    Floyd spuckte einen blutigen Zahn aus, bevor er antwortete. »Es fühlte sich komisch an. Ich sitze hier, und mir scheint, dass nur ein paar Sekunden vergangen sind, seit wir uns auf der anderen Seite getrennt haben. Aber gleichzeitig kommt es mir vor, als hätte ich dich eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen.«
    »Also ist es mit dir passiert«, sagte Auger. »Das, was niemals mit mir passiert ist. Du hast es erlebt, schon bei deinem allerersten Durchgang.« Sie schien gleichzeitig beeindruckt und neidisch zu sein.
    »Ich erinnere mich nur daran, dass es sich anfühlte, als wäre ich aus Glas, das von Licht durchdrungen wird. Es war, als würde ich unendlich lange in diesem Lichtstrahl hängen. Ich konnte nicht sagen, ob es jemals aufhören würde. Ein Teil von mir wollte gar nicht, dass es aufhört. Ich habe … Farben gesehen … Farben, die ich mir niemals hätte vorstellen können. Und dann war alles vorbei, und ich lag hier und hatte Schmerzen im Mund. Wenn man dieses Gefühl einpacken und mitnehmen könnte … du weißt schon.« Er brachte ein schüchternes Achselzucken zustande. »Ich schätze, das verdammte Ding ist doch nicht so wählerisch.«
    »Hast du ein Bewusstsein gespürt? Mehr als nur ein Bewusstsein?«
    »Ich habe mich sehr klein und zerbrechlich gefühlt, wie etwas, das man durch ein Mikroskop betrachtet.«
    »Es war ein Experiment«, sagte Auger tonlos. »Niemand von deiner Art ist jemals hindurchgegangen. Bislang wurde es nie ausprobiert. Ich habe einfach nicht damit gerechnet, dass du schon beim ersten Mal diese Erfahrung machst.«
    »Ein solcher Durchgang reicht mir völlig aus.« Er blickte sich um und nahm die komplexen Strukturen des Raumes in sich auf, in dem er angekommen war. Im Gegensatz zur ersten Kammer sah es hier ungefähr so aus, wie er sich ein unterirdisches Versteck für Spione vorgestellt hatte. Der Raum war sehr groß und war mit Maschinen und Geräten ausgefüllt, deren Funktion er nicht einmal ansatzweise erraten konnte. »Bitte sag mir, dass das alles hier eine Art Filmkulisse ist«, bat er sie, während er sich mit dem Rücken gegen einen Schreibtisch lehnte.
    »Alles ist real«, sagte Auger und erhob sich. »Das einzige Problem ist jedoch, dass meine Freunde noch nicht hier sind. Aber es gibt auch gute Neuigkeiten.«
    »Und zwar?«
    »Das Schiff ist zurückgekehrt. Nur dass ich nicht verstehe, warum niemand mitgekommen ist. Man hätte nur dafür sorgen müssen, dass ein Platz frei bleibt.«
    Floyd suchte in seiner Mundhöhle und holte die letzten Splitter des abgebrochenen Zahns heraus. Doch der Zustand seines Gebisses war im Augenblick das kleinste seiner Probleme. »Hast du gerade ›Schiff‹ gesagt?«
    »Das da«, sagte Auger und zeigte auf das Objekt, das unübersehbar das

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