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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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jeden Fall hat Floyds Welt nicht den wissenschaftlichen Kenntnisstand erreicht, den unsere Erde im Jahr 1959 hatte.«
    »Sie könnten den verlorenen Boden schnell wettmachen«, erwiderte Tunguska. »Dann würden sie sich vielleicht erfolgreich zur Wehr setzen, wenn jemand das versucht, was Niagara vorhat.«
    »Was bedeutet, dass die Unbekannten, die hinter den Kulissen tätig waren, sehr gut organisiert sind«, stellte Auger fest. »Gut genug, um den Verlauf des Zweiten Weltkriegs zu verändern, bevor er zu einem globalen Konflikt werden konnte. Und wer immer das getan hat, befindet sich noch da unten.«
    »Sie sind der Meinung, dass eine Vergeltung fällig ist, nicht wahr?«, fragte Tunguska.
    »Natürlich. Sie nicht?«
    »Sie haben einen Krieg verhindert, durch den in unserer Zeitlinie viele Millionen umgekommen sind, Auger. Keine Endlösung, keine russische Front, kein Hiroshima, kein Nagasaki.«
    »Diese Leute haben den Krieg nicht aus lauter Herzensgüte verhindert, Tunguska. Sie haben ihn verhindert, weil er nicht in ihre Pläne für einen globalen Genozid passte. Und ich bin der Meinung, dass sie dafür bezahlen sollten.«
    »Jedenfalls wir sind beinahe in Angriffsreichweite, falls Ihnen das ein Trost ist. Das kleine Shuttle muss abbremsen, bevor es in die Atmosphäre eintreten kann. Wenn es den Silberregen bei dieser Geschwindigkeit freisetzt, würde selbst die Ummantelung die Nanomaschinen im Herzen der Waffe nicht schützen können. Es gibt ein paar Unsicherheitsfaktoren, aber ich kann den Angriff in drei Minuten starten.«
    »Was ist mit den versprochenen Raketen?«, fragte Auger.
    »Fast fertig. Bitte noch etwas Geduld.« In seiner Stimme lag ein leichtes Zögern. »Was diese andere Angelegenheit betrifft …«
    »Welche andere Angelegenheit?«
    »Die Wundheilung. Ich habe sie im Auge behalten, und ich kann jetzt mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass …«
    »Haben wir noch genug Zeit, hier rauszukommen?«
    »Ja, vorausgesetzt, wir …«
    »Ich kann gut darauf verzichten, mir über weitere Dinge den Kopf zu zerbrechen, Tunguska.«
    »Gut. Dann verzichte ich darauf, den Sog-Antrieb zu erwähnen.«
    Tunguska hielt sein Versprechen. Keine zwei Minuten später spürte Auger die leichte Veränderung der Angriffsposition des Schiffes, die verriet, dass es die Strahlenwaffen ausrichtete. Als sie warmliefen und in zeitlich abgestimmten Salven feuerten, spürte sie das Aufladen und Abebben gewaltiger Akkumulatoren irgendwo in den Eingeweiden des Schiffes.
    »Wie lange können wir diese Feuerrate aufrechterhalten?«, fragte sie.
    »So lange wie nötig. Energie ist kein Problem.«
    Das Shuttle hatte einen Strahlenwaffenangriff vorausgesehen – Tunguska erklärte, dass es praktisch unvermeidlich war – aber das Schiff verfügte kaum über Verteidigungsmöglichkeiten. Es konnte reflektierenden Staub absondern, indem es nach und nach Rumpfschichten abwarf, allerdings nicht in unbegrenztem Maßstab. Es konnte willkürlich den Kurs ändern und es den Strahlen schwerer machen, sich auf die helle Aura seiner Antriebsflamme einzuschießen, die jetzt von ihnen wegzeigte, aber vor dem Hintergrund von E2 und der AGS-Sphäre immer noch sichtbar war. Allerdings würde jeder Kurswechsel den hart erkämpften Vorsprung verringern. Für den Piloten des Shuttles handelte es sich um eine kaum lösbare Gleichung.
    »Was immer Niagara tut«, sagte Tunguska, »auf lange Sicht wird es ihm schaden. Alle Simulationen deuten inzwischen auf ein erfolgreiches Abfangmanöver hin, noch bevor er in Abwurfreichweite ist.«
    Etwas an der allzu selbstzufriedenen Gewissheit dieser Aussage verursachte Auger eine Gänsehaut. Es klang wie eine Herausforderung des Schicksals.
    In diesem Moment beschloss der Sog-Antrieb, erneut den Geist aufzugeben.
    Sie spürte, wie das Schiff plötzlich innehielt und zurückfiel. Der Antrieb stotterte, stampfte ein paarmal schwer und verstummte schließlich. Die automatische Dämpfung tat ihr Bestes, die plötzlichen Beschleunigungswechsel auszugleichen, aber Auger verlor trotzdem mehrmals kurz das Bewusstsein, als das Blut in ihrem Gehirn herumschwappte wie Schlamm in einem Eimer.
    »Tunguska«, keuchte sie, als sie wieder dazu fähig war. »Vielleicht sollten Sie noch einmal darüber nachdenken, ob …«
    Das Schiff befand sich im freien Fall. Der Antrieb war vollständig zum Erliegen gekommen, von den Notfallkontrollsystemen abgeschaltet, bevor die Instabilitäten ein geiferndes Maul in der Struktur des Raums

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