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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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uralten Leitungen des Gebäudes angereichert war. Er hatte einen schlechten Geschmack im Mund, der allerdings nicht auf das Duschwasser oder die Erinnerung an den Orange Brandy zurückzuführen war, den er mit Greta getrunken hatte. Als er sich abtrocknete, hörte er, wie Custine in die Wohnung zurückkam. Floyd zog ein Unterhemd, Hosenträger und ein sauberes weißes Oberhemd an und verschob die Wahl der Krawatte auf später, wenn er sich der Außenwelt stellen musste. Auf Socken tappte er in die winzige Küche. Der Geruch nach warmen Brötchen erfüllte den Raum, und Custine bestrich bereits eins mit Butter und Marmelade.
    »Hier«, sagte der Franzose, »iss das und hör auf, so unglücklich dreinzuschauen.«
    »Ich könnte problemlos darauf verzichten, mich von ihm um acht Uhr morgens anrufen zu lassen.« Floyd zog scharrend einen Stuhl zurück und ließ sich Custine gegenüber auf die Sitzfläche fallen. »Wegen dieser ganzen Sache habe ich ein sehr zwiespältiges Gefühl, André. Ich überlege schon, ob wir damit aufhören sollten, bevor es zu spät ist.«
    Custine goss Kaffee für sie beide nach. Seine Jacke wies dunkle Regenspuren auf, doch ansonsten sah er tadellos aus – wache Augen, Wangen und Kinn frisch rasiert, der Schnurrbart ordentlich gestutzt und geölt. »Gestern hätte ich dir vielleicht noch zugestimmt.«
    »Und jetzt?«
    »Jetzt habe ich den Verdacht, dass doch mehr dahinter stecken könnte. Seit meinem Gespräch mit dem Nachbarn. Da ist etwas im Busch, so viel steht fest.«
    Floyd machte sich über sein Brötchen her. »Also, was hast du von diesem Nachbarn erfahren?«
    Custine steckte sich eine Serviette in den Kragen. »Ich habe mit allen Mietern gesprochen, die gestern Abend zu Hause waren. Blanchard dachte, alle wären zu Hause, aber zwei waren doch nicht da. Oder sie hatten das Gebäude verlassen, als wir mit unseren Ermittlungen begannen. Um sie können wir uns später kümmern. Zumindest ist das ein triftiger Grund, die Sache weiter in die Länge zu ziehen.«
    »Der Nachbar«, hakte Floyd nach.
    »Ein junger Mann, ein Jurastudent.« Custine biss in sein Marmeladenbrötchen und tupfte geziert seine Mundwinkel mit der Serviette sauber. »Ein recht hilfsbereiter Bursche. Letztlich waren sogar alle recht hilfsbereit, sobald sie verstanden hatten, dass wir nichts mit dem Quai zu tun haben. Und ein Mord – nun ja …« Er wedelte mit dem Brötchen, um den Punkt zu unterstreichen. »Man kann sie gar nicht mehr bremsen, wenn sie begriffen haben, dass sie möglicherweise wichtige Zeugen in einem Mordfall sind.«
    »Was hatte dieser Jurastudent zu berichten?«
    »Eigentlich hat er sie gar nicht richtig gekannt. Er sagte, dass er ebenfalls einen unüblichen Tagesablauf hat und dass sich ihre Wege nicht oft gekreuzt haben. Man hat sich im Vorübergehen zugenickt und solche Sachen.«
    »War er in sie verschossen?«
    »Es machte den Eindruck, dass er bereits eine Verlobte hat.«
    »Wie es klingt, hat er Susan White kaum gekannt. Was hatte er mit ihr zu tun?«
    »Es geht um das, was er gehört hat«, sagte Custine. »Du weißt ja, wie diese Häuser sind – die Wände dünn wie Reispapier. Er wusste immer, ob sie zu Hause war. Sie konnte keinen Schritt tun, ohne dass die Fußbodendielen knarrten.«
    »Ist das alles?«
    »Nein. Er hat Geräusche gehört, seltsame Geräusche, als würde jemand ständig die gleichen Töne auf einer Flöte oder einem Recorder spielen, immer und immer wieder.«
    Floyd kratzte sich am Kopf. »Blanchard sagte, er hätte nie erlebt, dass sie Musik gespielt hat, weder mit dem Radio noch mit diesem alten Grammophon. Aber auch er hat Geräusche erwähnt.«
    »Richtig. Und man sollte meinen, es wäre ihm aufgefallen, wenn sie ein Instrument in ihrem Zimmer gehabt hätte, nicht wahr?«
    »Also war es kein Instrument. Was sonst könnte es gewesen sein?«, überlegte Floyd.
    »Was immer es war, es muss sich um eine Radioübertragung gehandelt haben. Wie der Student es beschrieben hat, klangen die Töne eher wie ein Code. Er hörte lange und kurze Noten, die sich manchmal wiederholten, als würde eine bestimmte Botschaft mehrfach gesendet.«
    Zum ersten Mal an diesem Morgen fühlte sich Floyd einigermaßen wach und aufmerksam. »Wie ein Morsecode, meinst du?«
    »Zieh deine eigenen Schlussfolgerungen. Natürlich hat der Student nicht daran gedacht, diese Töne aufzuzeichnen, als er sie gehört hat. Erst nach ihrem Tod hat er sich Gedanken darüber gemacht, und selbst dann hat er

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