Ewigkeit
Fall.«
»Tatsächlich? Dann haben Sie mir vielleicht etwas Neues zu berichten.«
»Bin allerdings noch im Anfangsstadium«, sagte Floyd. »Ich verarbeite immer noch die Informationen, die wir vergangene Nacht gewonnen haben.« Er unterdrückte ein Gähnen.
»Also haben Sie schon ein paar Spuren?«
»Ein oder zwei.«
Custine rauschte herein und drückte Floyd eine Tasse mit schwarzem Kaffee in die Hand. »Wer ist das?«, fragte er flüsternd.
Rate mal, gab Floyd in Lippensprache zurück.
»Und was sind das für Spuren?«, bohrte Blanchard weiter.
»Es ist noch etwas zu früh, um zu sagen, was sich daraus entwickeln wird.« Floyd zögerte, doch dann beschloss er, es aufs Geratewohl zu probieren. »Ich habe schon einen Spezialisten mit der Untersuchung der Dokumente in der Dose beauftragt.«
»Einen Spezialisten? Sie meinen jemanden, der Deutsch lesen kann?«
»Ja«, räumte Floyd matt ein. Er nippte am brutal starken Kaffee und wünschte sich, Blanchard – und die Welt ganz allgemein – würde ihn bis etwas später in Ruhe lassen. Custine setzte sich auf die Kante von Floyds Klappbett und legte die Hände in den Schoß. Er trug immer noch die geblümte Schürze.
»Nun gut«, sagte Blanchard. »Es wäre wohl etwas naiv, schon jetzt konkrete Erkenntnisse zu erwarten.«
»In der Tat«, erwiderte Floyd.
»Dann werde ich mich später zurückmelden. Ich bin sehr neugierig darauf, was Ihr Spezialist über Mademoiselle Whites Dokumente zu sagen hat.«
»Ich selbst warte gespannt auf die Ergebnisse.«
»Also einen schönen Tag noch.«
Floyd hörte dankbar das Klicken, mit dem Blanchard die Verbindung unterbrach. Er sah Custine an. »Ich hoffe, du hast vergangene Nacht etwas Nützliches herausgefunden, nachdem ich gegangen bin.«
»Wahrscheinlich weniger, als du dir erhofft hast. Wie ist es mit Greta gelaufen?«
»Nicht so gut, wie ich mir erhofft hatte.«
Custine warf ihm einen mitfühlenden Blick zu. »Deinem Gespräch mit Blanchard entnehme ich, dass du sie wiedersehen wirst.«
»Im Verlauf des Tages.«
»Also gibt es zumindest noch eine weitere Chance.« Custine stand auf und nahm die Schürze ab. »Ich werde runtergehen und Brötchen kaufen. Mach dich frisch, und dann können wir beim Frühstück unsere Erkenntnisse austauschen.«
»Ich dachte, du hättest noch nichts herausgefunden.«
»Ich bin mir nicht ganz sicher. Zumindest habe ich nichts, worauf ich mein Geld verwetten würde. Aber etwas gab es doch – eine Beobachtung, die Mademoiselle Whites Nachbar mir mitgeteilt hat.«
»Was für eine Beobachtung?«, fragte Floyd.
»Ich werde es dir beim Frühstück erzählen. Dann kannst du mir berichten, wie du mit Greta weiterkommst.«
Floyd blätterte die Morgenzeitung durch, während Custine Brötchen besorgte. Er überflog die Schlagzeilen – etwas über einen Mord auf der Titelseite – bis ihm auf der dritten Seite ein vertrauter Name ins Auge sprang. Es ging um Maillol, denselben Inspektor, von dem Blanchard Floyds Namen erfahren hatte. Maillol war ein guter Apfel in einem Korb mit immer stärker verrottendem Obst. Er zog es vor, im Hintergrund zu bleiben, statt das politische Programm zu verfolgen, das Chatelier der Polizei aufzudrängen versuchte. Maillol war einst der neue Stern am Himmel des Kriminaldezernats gewesen – und so hatte Floyd ihn kennen gelernt –, doch nun war die Zeit der großen Fälle und spektakulären Verhaftungen für ihn vorbei. Heute arbeitete er an Dingen, die hinten vom Tisch herunterfielen, unscheinbare Einsätze gegen Hersteller von Raubkopien und Ähnliches. Im Artikel hieß es, dass Maillol einen illegalen Schallplattenvertrieb im Quartier Montrouge ausgehoben habe und die Ermittlungen »im Gange« seien. Gleichzeitig ging die Polizei weiteren Spuren nach, die auf andere kriminelle Aktivitäten im betreffenden, nicht mehr bewohnten Gebäudekomplex hinwiesen. Die Nachricht deprimierte Floyd. Einerseits war er froh, dass er nun die Schallplattenmärkte abgrasen konnte, ohne sich Sorgen machen zu müssen, dass eine angebliche Rarität der Jazzgeschichte – zum Beispiel eine Gennett-Aufnahme von Louis Armstrong aus dem Jahr 1923 – in Wirklichkeit erst vor einer Woche gepresst worden war. Andererseits jedoch war es enttäuschend, dass ein fähiger Mann wie Maillol auf Sparflamme gesetzt wurde, obwohl es genügend verdächtige Todesfälle gab, die nicht aufgeklärt werden konnten.
Er ging ins Bad und duschte unter lauwarmem Wasser, das mit dem Rost aus den
Weitere Kostenlose Bücher