Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds

Vom Netzwerk:

ausgetrunken, als eine der anderen Türen aufzischte und eine kleine, sehr zäh wirkende Frau eintrat. Sie hatte eine effiziente, pflegeleichte Bubikopffrisur aus strohfarbenem Haar und ein Gesicht, das man vielleicht als hübsch bezeichnet hätte, wenn es nicht zu einer finsteren Miene erstarrt wäre. Sie trug einen Overall mit vielen Taschen und Schlaufen. Der Reißverschluss des Oberteils war so weit aufgezogen, dass darunter ein schmuddeliges weißes T-Shirt sichtbar wurde. Schnelle, intelligente Augen musterten Auger. Die Frau nahm eine Zigarettenkippe aus dem Mund und schnippte sie in eine Ecke der Kabine.
    »Verity?«
    »Ja?«, sagte sie vorsichtig.
    Die Frau kam näher, rieb sich eine Hand am Oberschenkel sauber und bot sie Auger an. »Maurya Skellsgard. Haben die Saftsäcke Sie anständig behandelt?«
    »Nun …« Auger wusste plötzlich nicht mehr, was sie sagen sollte.
    Skellsgard setzte sich auf einen der Stühle und bediente sich ebenfalls aus der Wasserkaraffe. »Sie müssen sich klar machen, was das für Leute sind – und Sie können mir glauben, dass ich eine ganze Weile gebraucht habe, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen. Mit ihnen sind Sie besser dran als ohne sie. Aveling ist ein kaltherziges Arschloch, aber er ist unser kaltherziges Arschloch.«
    »Gehören Sie zum Militär?«, fragte Auger.
    Skellsgard kippte das Glas Wasser in einem Zug hinunter und goss sich ein weiteres ein. »Auf gar keinen Fall! Ich bin nur eine rotznäsige Akademikerin. Bis vor einem Jahr war ich glücklich damit, mich um meine eigenen Angelegenheiten zu kümmern und nach einer mathematischen Beschreibung für pathologische Materie zu suchen.« Sie schien zu ahnen, welche Frage Auger als nächste gestellt hätte, und fuhr fort: »Die übliche Mathematik der Wurmlochmechanik besagt, dass man so genannte exotische Materie benötigt, um den Eingang eines Wurmlochs zu erweitern und zu stabilisieren. Und zwar Materie mit negativer Energiedichte – was schon ziemlich schräg ist. Aber sobald uns die ersten Informationshäppchen über das Hypernetz in die Hände fielen, wurde klar, dass wir es hier gar nicht mit einem Wurmloch im klassischen Sinn zu tun haben. Wir haben sehr schnell erkannt, dass wir etwas brauchen, das noch einen Zacken außergewöhnlicher ist als exotische Materie, um das Ding zusammenzuhalten. Nämlich pathologische Materie.« Sie zuckte die Achseln. »Wir sind Physiker. Sie müssen uns schon ein bisschen Humor zugestehen, auch wenn er wirklich niemanden vom Hocker reißt.«
    »Kein Problem«, sagte Auger. »Sie sollten sich mal ein paar der Witze anhören, von denen Archäologen glauben, dass sie zum Brüllen sind.«
    »Also scheinen wir beide im selben Boot zu sitzen. Zwei nervige Zivilexperten, mit denen Aveling notgedrungen zusammenarbeiten muss.«
    Auger lächelte. »Dieser Typ ist ganz versessen auf Zivilisten, nicht wahr?«
    »Oh ja, er kann gar nicht genug davon kriegen.« Skellsgard leerte ihr zweites Glas Wasser. Ihre Fingerknöchel waren rissig und aufgeschürft, dunkle Halbmonde aus Dreck klebten unter ihren sehr kurzen Nägeln. »Ich habe vom Tribunal gehört. Klingt, als hätte man Ihnen ganz schön die Hölle heiß gemacht.«
    »Ich habe es verdient. Ich hätte beinahe einen Jungen getötet.«
    Skellsgard wischte den Einwand mit einer Handbewegung weg. »Man wird ihn wieder in Ordnung bringen, wenn seine Familie wirklich so wohlhabend und einflussreich ist, wie ich gehört habe.«
    »Ich hoffe doch, dass er wieder in Ordnung kommt. Er war kein schlechter Junge.«
    »Was ist mit Ihnen? Ich habe gehört, dass Sie mit Peter Auger verheiratet sind.«
    »Ich war«, stellte Auger richtig.
    »Hmm. Bitte erzählen Sie mir jetzt nicht, dass unser aller Traummann in seinen eigenen vier Wänden in Wirklichkeit ein Schwein ist. Ich glaube nicht, dass ich eine Zerstörung meiner Illusionen ertragen würde.«
    »Nein«, sagte Auger erschöpft. »Peter ist ein anständiger Mann. Nicht perfekt … aber auch nicht schlecht. Ich war das Problem, nicht er. Ich habe nur noch für meine Arbeit gelebt.«
    »Ich hoffe, es hat sich gelohnt. Und sonst? Haben Sie Kinder?«
    »Einen Jungen und ein Mädchen, die ich sehr liebe, denen ich aber nicht genug Zeit widme.«
    Skellsgard sah sie mitfühlend an. »Ich schätze, das hat einiges vereinfacht, als Caliskans nettes kleines Angebot hereinkam.«
    »Sie hätten den Schlüssel weggeworfen«, sagte Auger, »mich in den Tiefen der Venus oder so verschwinden lassen. Wenn ich