EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung

Aber legen Sie sich zwei Minuten hin.« Er eilte zu ihr, half ihr aufzustehen, und stützte sie auf dem Weg zum Sofa. Doch sie legte sich nicht hin. Der Kampfgeist half ihrem Kreislauf wieder auf die Sprünge.
       »Es geht schon wieder, Oliver.« Sie versuchte sich zu konzentrieren. »In zwanzig Minuten will ich den Nationalen Sicherheitsberater, den neuen Verteidigungsminister, den Geheimdienstkoordinator und den Chef des FBI im Situation Room haben. Und sagen Sie den Geiern von den Medien, dass die Präsidentin schockiert und zutiefst betroffen ist über die Bilder aus Texas.«
       »Wird gemacht.«
       »Eine weitere Stellungnahme im Lauf des Vormittags.« Sie atmete tief durch, zupfte ihr Kostüm zurecht und ging zurück zum Schreibtisch. »Und Oliver. Nehmen Sie mit Jackson Kontakt auf. Er soll der Presse erklären, dass ich ihn gestern Abend angewiesen habe, das Manöver in Texas abzubrechen.« Sie setzte sich hin und nutzte die letzte Minute der Ruhe, bevor die Welt über das Weiße Haus hereinbrechen würde, um nachzudenken. Mattei hatte also Recht gehabt. Im Manöver war ein Vorgang versteckt, der – wie auch immer – zum Tod eines ganzen Dorfs geführt hat. Alle würden auf Washington zeigen. Abstreiten zwecklos. Dass Jackson seine Presseerklärung so unglücklich formuliert hatte, machte es noch schlimmer. Oder war er sogar Teil der Verschwörung?
       Der Gedanke, dass sich während ihrer Amtszeit Texas – zehn Prozent der USA – für unabhängig erklären könnte, war ihr unerträglich. Die für sie wichtigste Frage war: Wem kann ich vertrauen? Mattei und sein Analytiker hatten richtig gehandelt, ihr unter Umgehung aller Dienstwege eine Warnung zukommen zu lassen. Wem kann ich vertrauen? Sie wusste, dass es gefährlich war, sich auf ihr Gefühl zu verlassen . Francis Raffles! – Unangenehme Erinnerung . Für ihn hätte sie die Hand ins Feuer gelegt. Und doch war er es gewesen, der ihr ein Messer in den Rücken gesto ß en, und so der Potgate-Kampagne zum Erfolg verholfen hatte. Mattei hatte ihr einen Informationsvorsprung verschafft. Auch wenn der worst case nun eingetreten war - diesen Vorsprung durfte sie nicht aufgeben. Dank der versteckten Botschaft auf der Karte des Schweizer Analytikers hatte sie sogar einen konkreten Verdacht, wer der Kopf der Verschwörung war. Was die Sache allerdings noch komplizierter machte.
     
    » Das ist es! Unglaublich!« Texas-Times-Chefredakteur Luce Brencis stand unrasiert vor dem Fernseher und betrachtete die Bilder aus Sandrock. Mit einem Schlag wurde ihm der Rest des Konzeptes klar, in dem er und Vince Osman ihre Rolle spielten. Eine Sonderausgabe der Texas Times musste sofort in Angriff genommen werden. Natürlich mit einem Interview mit Osman. Es läutete an der Tür seiner Wohnung. Er öffnete.
       »Luce Brencis?«, fragte ein ihm unbekannter Mann.
       »Ja. Und Sie?«
       »Spielt keine Rolle. Das hier ist für Sie.« Der Mann reichte Brencis einen dicken Aktenumschlag. Dann drehte er sich um und verschwand im Treppenhaus.
       Verwundert blickte Brencis ihm nach. »Hey? Wer sind Sie?« Keine Antwort. Er schloss die Tür und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Vorsichtig öffnete er den Umschlag und entnahm den Stapel Papier. Offenbar alles Kopien von Dokumenten. Schon die erste Seite elektrisierte ihn.
     
    DAPOR - Defense Agency for Population Research
    Classification: Top Secret, Special Handling, Special Distribution
    For Eyes Only
    1 March 2016
    Subject: Chemical Warfare Field Test Embedded in MilEx Southern Countdown 16 / Project Excess
    1. Joint Chiefs of Staff and President of United States have communicated approval to proceed with field testing of newly developed Composite chemical weapon, dubbed ID-Gas (instant death gas).
    2. Field testing of ID-Gas to take place during MilEx Southern Countdown 16 in northern Texas. Provisions be made to ensure field test will affect limited number of population only, i. e. not more than one thousand (1000) individuals.
    3. Resulting collateral damage will officially be explained with accident that took place during MilEx.
    For the Defense Agency for Population Research
    George Warren
    Colonel
     
    Brencis’ Gesicht glühte. Sein Verstand sagte ihm, dass das Dokument gefälscht war. Aber dies spielte keine Rolle. Er erinnerte sich an einen seiner Lieblingssätze aus einer Politologievorlesung an der Uni. »Die Frage der Wahrheit ist Sache von Theologen und Philosophen. In der Politik geht es nicht um