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EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung

EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung

Titel: EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Frey
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Nachrichten produzierten, würde man vorerst weiterlaufen lassen, um sie dann im Verlauf des ersten Tages abzuschalten. Nur eine Schrifttafel, die einen Text wie Aufgrund der aktuellen Ereignisse haben wir unser Programm auf unbestimmte Zeit unterbrochen transportierte, würde noch zu sehen sein. Alle am ersten Tag weiterlaufenden Programme müssten vom Moment der Isolation an einige Sekunden zeitverzögert werden, um sie notfalls blitzschnell abschalten zu können. Etwa falls es wirkliche Breaking News geben würde, die auch in Programmen ohne eigene Nachrichten in Form eines Schriftbandes erscheinen könnten. Dieser Prozess musste also minutiös geplant werden, um keinen Fehler zu machen, der die Zuschauer in Globalvillage stutzig machen könnte. So weit, so gut.
       Neben diesen und anderen kleineren Problemen, oder, wie Patricia fand, Herausforderungen, hatte sie schnell gemerkt, dass es ein großes Problem gab. Auf einigen Sendern würden zum Zeitpunkt der Isolation die regulären Spätnachrichten laufen. Im für das Experiment schlimmsten Fall könnte Folgendes passieren: Der Nachrichtenmoderator X sitzt im echten Programm eine Minute vor der Isolation im Studio. Er trägt ein weißes Hemd und eine rote Krawatte. Dann die Isolation, eingeleitet vom nur wenige Sekunden dauernden Breaking-News-Zeichen. Ab diesem Moment würde das schon lange vorher aufgezeichnete gefälschte Nachrichtenprogramm eingespielt. Was, wenn der nun durch einen Schauspieler ersetzte, elektronisch mit dem Gesicht des echten Moderators überlagerte Sprecher des gefälschten Programms ein blaues Hemd und eine gelbe Krawatte trug? Oder wenn der echte Sprecher Anfang September 2016 seine Frisur wechselte, zu einem Zeitpunkt, an dem es wegen der sehr aufwendigen elektronischen Nachbearbeitung des Programms zu spät wäre, zu reagieren? Oder wenn einer der fünf Sender kurz vor dem I-Day seine Studiodekoration änderte? Ein Albtraum!
       Zur Lösung des Krawatten-Problems würde sie, falls ihr keine überzeugendere Lösung einfiele, den Auftraggebern raten, den Moment der Isolation auf nach Mitternacht Lokalzeit zu verschieben, wenn keine Live-Nachrichten mehr gesendet würden. Die Frage des Studiodekors war eine der Unwägbarkeiten, die sie vermutlich nicht in der Lage waren zu beherrschen. Die notwendige Portion Glück gehört eben auch zu Excess, dachte sie seufzend.
       Da wegen der sich überschlagenden Ereignisse im vorbereiteten Nachrichtenszenario zehn Tage nonstop ›gesendet‹ werden müsste, war es notwendig, nicht nur die Hauptsprecher, sondern zu deren ›Ablösung‹ auch die zweite Garde der Sprecherinnen und Sprecher durch Schauspieler darstellen zu lassen und dann elektronisch mit den Gesichtern und Stimmen der Originale zu überlagern. Das allein benötigte mindestens zehn Personen pro Sender. Zusätzlich war es notwendig, andere bekannte Talking Heads zu simulieren, etwa wichtige Politiker, die Präsidentin, den Sprecher des Kongresses, den Generalsekretär der UNO, verschiedene europäische Staats- und Regierungschefs, die unvermeidlichen politischen Analysten oder die wichtigsten Außenkorrespondenten der Sender in aller Welt. Für alle musste ein Schauspieler gefunden werden, der eine Kopfform hatte, die dem des Originals zumindest in etwa entsprach, damit das Gesicht des Schauspielers sich gut mit dem elektronisch kreierten Gesicht der Originalperson überlagern lassen würde. Außerdem war notwendig, dass die Schauspieler Mimik, Gestik und Tonfall der echten Personen studieren und nachmachen konnten.
       Insgesamt also eine große Aufgabe. Das Einzige, was sie im Moment tröstete, war, dass fast unbeschränkte finanzielle Mittel zur Verfügung standen.
       Im Vergleich zur Produktion der TV-Nachrichten war die Vorbereitung der zehn gefälschten Ausgaben der USAToday ein Kinderspiel. Um einen Pravda-Effekt zu vermeiden, hatte sie bereits die Empfehlung an die globalen Patrioten notiert, eine zweite Zeitung zu produzieren, ein regionales Blatt, zu dem die Bewohner von Globalvillage einen näheren Bezug hatten.
       Sie legte eine Pause ein. Es war kurz nach Mittag. Aus dem kleinen Kühlschrank im Büro ihrer Medienberatungsfirma Palmer Consulting im Potomac Center in der Hauptstadt holte sie sich ein Müsli-Joghurt. Sie setzte sich auf die Fensterbank, von der aus sie das Kapitol im Blick hatte.
       Einige Minuten später unterbrach das Läuten des DAPOR-Handys ihre Lektüre. Warren zeigte das Display an.

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