EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung
Auszählungen informieren.
In diesem Kreis ihr vertrauter und wohl gesonnener Menschen fühlte sie sich seit langer Zeit zum ersten Mal wieder wie ein Mensch. Während Maya Shifter, die von Kochen keine Ahnung hatte, einige amüsante Anekdoten aus ihrem Leben als politische Journalistin von sich gab, raspelte Richard eine Ingwerknolle, um den Seeteufel zu verfeinern. Jeanne Adams marinierte das Lammrack mit gepresstem Knoblauch, Rosmarin und Olivenöl; sie ärgerte sich darüber, dies nicht schon am Vortag getan zu haben.
Die USA starrten wie gebannt auf das TV-Drama, das sich grausam und unabwendbar entwickelte – die Verkündung der Wahlresultate.
Der toskanische Montecarlo Bianco half zwar, die Stimmung etwas zu heben, aber schließlich endete die Diskussion doch wieder beim Politischen. Die Frage, die Jeanne Adams am meisten bewegte, war, ob sie einen anderen Weg hätte finden können, ihr Programm ›Neue Zukunft‹ zu kommunizieren. Vielleicht war es doch keine besonders geschickte Taktik gewesen, die öffentliche Aufmerksamkeit anlässlich der Rede zur Lage der Nation auf diese Weise zu nutzen. Andererseits wären die Hyänen so oder so über sie hergefallen. Was sie am meisten beunruhigte, war die Frage, ob man in den USA überhaupt noch etwas bewegen konnte, oder ob die amerikanische Republik den Weg vieler anderer Republiken in der Geschichte gehen würde und unweigerlich ihrer eigenen Selbstzersetzung entgegensteuerte. Außerdem schnitt sie die Frage an, ob sie nach der offiziellen Feststellung der Niederlage nicht sofort zurücktreten und die Amtsgeschäfte bis zur Inauguration des neuen Präsidenten im kommenden Januar ihrem Vizepräsidenten Ross King übergeben sollte.
Nach dem Lammrack, das wirklich schon am Vorabend hätte mariniert werden sollen, hielt es Jeanne Adams nicht mehr aus. Sie schaltete den Fernseher ein.
»... nur noch auf die Resultate aus Kalifornien. Wenn dieser Staat mit seinen fast vierhundert Delegiertenstimmen ebenfalls für Art Sinshy stimmt, wird er im Sommer beim demokratischen Konvent zum Kandidaten der demokratischen Partei gewählt werden. Hier noch einmal die bisher schon bekannten Resultate des heutigen Super Tuesday. ...«
»Okay, that’s it «, kommentierte sie. Sie schaltete den Fernseher wieder aus. Mehr musste sie nicht wissen.
Maya Shifter versuchte weiter die Runde zu unterhalten, als eine Stunde später das Telefon läutete.
»Wir haben verloren, es tut mir leid, Misses President«, informierte sie der Leiter ihres Wahlkampfteams knapp. »Wollen Sie die Resultate im Einzelnen?«
Die Präsidentin verneinte und bat, die Verbreitung einer Stellungnahme für den kommenden Tag anzukünden.
Drei ß ig Sekunden später läutete das Telefon erneut.
»Mom, er ist am Apparat«, informierte sie ihre Tochter Barbara und verzog das Gesicht.
Jeanne Adams griff zum Telefon
»Es tut mir so leid, Jeanne, aber so ist das nun mal in der Demokratie, ich meine, der Wähler hat gesprochen«, heuchelte Sinshy.
»Du bist eine verlogene, intrigante Ratte! Fahr zur Hölle, du Teufel!«, zischte sie, bevor sie das Telefon gegen die Wand knallte.
Fünf Monate später...
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Donnerstag, 4. August 2016 I-Day – 37
Im Frühling hatte David Isler viel Zeit in das ›USA-JIS-2-Enigma‹ investiert. Vergeblich. Die spärlichen Informationen, die er gesammelt hatte, genügten nicht, eine halbwegs plausible Arbeitsthese aufzustellen. Was er wusste, ließ sich nicht zu einem vernünftigen Gesamtbild zusammenfügen: Die STOG des JIS-2 plante etwas , vielleicht in Texas, vielleicht ein ›SC 16‹, was immer das auch war, vielleicht im September; jemand in der STOG hatte erwähnt, dass es ›aus‹ sei mit den USA; und der Chef der STOG, Maître, war am selben Tag im Hotel Beau Rivage gewesen wie der wahrscheinlich nächste Präsident Art Sinshy. Frustriert hatte er immer wieder versucht, die Puzzleteile anders anzuordnen – ohne Resultat.
Von Carlo Ciampi hatte Isler seit Februar nichts mehr gehört. Zwischendurch zweifelte er an Ciampis Geschichte. Sie war zu verrückt. Aus mit den USA! Deswegen, aber auch um Ciampi nicht zu gefährden, sollte die Geschichte doch stimmen, hatte Isler im SND mit niemandem über die Sache gesprochen.
Andere Themen hatten seine Aufmerksamkeit beansprucht und ihn vom USA-JIS-2-Enigma abgelenkt. Unter anderem arbeitete er immer wieder an
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