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Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Titel: Exil im Kosmos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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könnten wir ihn nicht überreden, zu uns herauszukommen, ohne ihm zuviel über das zu verraten, was wir von ihm wollen. In diesem Geschäft müssen wir vorsichtig taktieren, Ned. Wir dürfen das Kind nicht mit dem Bad ausschütten.«
    »Ich verstehe nicht, wie Sie das meinen.«
    »Angenommen, wir entschieden uns für Ihre Taktik«, sagte Boardman geduldig. »Was würden Sie zu Müller sagen, um ihn zum Herauskommen zu bewegen?«
    »Wieso, dass wir von der Erde hierhergekommen sind, um ihn zu fragen, ob er uns in einer Zeit systemweiter Krise helfen will. Dass wir auf eine fremde Rasse intelligenter Wesen gestoßen sind, mit der wir uns nicht verständigen können, dass eine solche Verständigung aber dringend vonnöten ist, und dass er allein als Mittler geeignet ist. Wir …« Rawlins brach ab, und eine leichte Röte stieg in seine Wangen. Dann sagte er: »Müller wird für solche Argumente nichts übrig haben, nicht?«
    »Genau. Wir haben ihn schon einmal ausgesandt, mit fremden Wesen zu verhandeln, und sie haben ihn ruiniert. Er denkt nicht daran, es noch einmal zu versuchen.«
    »Wie wollen wir ihn dann dahin bringen, dass er uns hilft?«
    »Indem wir auf sein Ehrgefühl zielen. Aber im Moment ist das nicht das Problem, von dem wir sprechen. Wir diskutierten darüber, ob und wie wir ihn aus seinem Schlupfwinkel herauslocken können. Nun, Sie schlugen vor, dass wir ihm über Lautsprecher erklären, was wir von ihm wollen, und dann abwarten, bis er herauskommt und gelobt, sein Bestes für die gute alte Erde und die Menschheit zu tun. Richtig?«
    »Das ist etwas plump und vereinfachend ausgedrückt, aber ich dachte an einen moralischen Appell, das ist richtig.«
    »Aber es wird nicht klappen. Darum müssen wir selbst ins Labyrinth gehen, Müllers Vertrauen gewinnen und ihn zur Zusammenarbeit überreden. Und wenn uns das gelingen soll, müssen wir über die wirkliche Situation den Mund halten, bis wir ihn aus seinem Misstrauen herausgelöst haben.«
    Ein wachsamer und kritischer Ausdruck erschien in Rawlins' Augen. »Was werden wir ihm also sagen, Boardman?«
    »Nicht ›wir‹. Sie.«
    »Was werde ich ihm also sagen?«
    Boardman seufzte. »Lügen, Ned. Einen Haufen Lügen.«

Kapitel 6
     
    Sie hatten alle technischen Hilfsmittel zur Lösung des Problems aufgeboten. Das Schiff hatte einen leistungsfähigen Computer, der alle Einzelheiten früherer Expeditionen gespeichert hatte. Unglücklicherweise waren sie alle erfolglos gewesen, doch Aufzeichnungen von vergangenen Fehlern haben auch ihren Nutzen. Ferner gab es eine Menge von beweglichen Geräten, die dem Computer sozusagen als Fühler dienen konnten: Fliegende und rollende Spionzellen, Sensoren, Energiedetektoren, Maulwurfsonden und anderes mehr. Bevor Menschenleben aufs Spiel gesetzt wurden, wollten Boardman und Hosteen das ganze mechanische Aufgebot ausprobieren. Natürlich würde ein Punkt erreicht werden, wo Sonden und Spionzellen lebendigen Menschen Platz machen mussten, aber das Ziel war, für diese Menschen so viele Informationen wie möglich zu sammeln.
    Nie zuvor hatte jemand versucht, das Labyrinth auf diese Weise zu knacken. Die ersten Entdecker waren einfach hineingegangen, nichts Böses ahnend, und umgekommen. Ihre Nachfolger waren vorsichtiger gewesen und hatten sensorische Geräte eingesetzt, mit deren Hilfe sie den gröbsten Fallen entgangen waren – um alsbald den raffinierteren Abwehrmitteln des Labyrinths zum Opfer zu fallen. Dies aber war der erste Versuch einer genauen Bestandsaufnahme mit erheblichem technischem Aufwand, bevor Menschen ins Labyrinth vorstießen.
    Die Luftinspektion des ersten Tages hatte allen eine gute visuelle Vorstellung vom Labyrinth gegeben. Sie hatten Anlage und Ausdehnung der Stadt gesehen und miterlebt, was das abschirmende Energiefeld mit einer Spionsonde machen konnte.
    Rawlins hatte auf die Möglichkeit eines Nullpunkts in diesem Energiefeld aufmerksam gemacht. Am Spätnachmittag prüften sie diese Möglichkeit, indem sie ferngesteuerte Sonden fünfzig Meter über dem Labyrinth stationierten. Auf Signale des Computers begannen die Sonden sich langsam um ihre Achsen zu drehen und spuckten einzelne Metallkugeln in vorbestimmte Netzquadrate von jeweils hundert Quadratmetern Ausdehnung. Jede dieser Kugeln wurde beim Eindringen ins Abwehrfeld sofort verbrannt. Immerhin ließ sich anhand des fehlgeschlagenen Versuchs berechnen, dass die Stärke des Energiefeldes mit der Entfernung vom Zentrum des Labyrinths variierte;

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