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Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Titel: Exil im Kosmos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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einer Stadt wie dieser Ruhe zu suchen. Lemnos bot die vollkommene Zuflucht: ein erdähnlicher Planet, unbewohnt, wo Freiheit von menschlicher Gesellschaft so gut wie garantiert war. Und wir sind hier, um ihn herauszulocken und fortzuzerren. Rawlins blickte finster. Ein schmutziges Geschäft, dachte er. Das alte schlechte Lied vom Zweck, der die Mittel heiligt. Charles Boardmans bullige Gestalt stand hinter der Datenaufnahme, einem schreibtischgroßen Metallkasten auf Rädern, schwenkte seine Arme und dirigierte die Männer Rawlins begann zu begreifen, dass er sich von Boardman in ein ekelhaftes Unternehmen hatte hineinziehen lassen. Der aalglatte alte Teufel war auf der Erde nicht in die Details gegangen und hatte sich über die Methoden ausgeschwiegen, mit denen er Müllers Mitarbeit zu gewinnen hoffte. In Boardmans Schilderungen hatte sich das Ganze wie eine moralisch verpflichtende Hilfsaktion ausgenommen; statt dessen lief es auf einen verlogenen, schmutzigen Trick hinaus. Boardman ließ sich nie über die Einzelheiten von etwas aus, solange man ihn nicht dazu zwang, das begann Rawlins jetzt klarzuwerden. Grundregel eins: niemals die eigene Strategie verraten. Und so sah sich Rawlins hier, Teil einer Konspiration, die ihm zuwider war.
    Hosteen und Boardman hatten an den verschiedenen Eingängen zum Labyrinth zehn oder zwölf Spionzellen stationiert. Es war bereits klar, dass der einzige sichere Zugang durch das Nordosttor führte; aber sie hatten genug Sonden übrig und wollten alle Daten, die sie sammeln konnten. Die Datenaufnahme zeichnete ein Teildiagramm des Labyrinths auf den Bildschirm – die Sektion unmittelbar vor ihm – und gab ihm Gelegenheit, die Schneckengänge, Zickzackwege, Kreise und Sackgassen zu studieren. Seine Aufgabe war, das Vordringen der Sonde durch diesen Sektor zu verfolgen. Alle Sonden wurden wie diese hier vom Computer signalgesteuert und von menschlichen Beobachtern auf Bildschirmen überwacht, während Boardman und Hosteen an der zentralen Datenaufnahme die Gesamtoperation beobachteten.
    Hosteen gab das Kommando, und die Sonden rollten durch die Stadttore vorwärts. Rawlins, der jetzt durch die Facettenlinsen der schildkrötenähnlichen Sonde blickte, sah zum ersten Mal aus der Froschperspektive, was in Zone H seines Sektors lag: eine wellenförmig ausgebogene Wand aus etwas wie gerunzeltem blauen Steingut oder Porzellan zu seiner Linken, und eine Barriere aus metallischen Strängen, die von dicken Steinplatten herabhingen, zu seiner Rechten. Die Sonde wich den Strängen bis an die Basis der Porzellanwand aus und folgte ihr etwa zwanzig Meter weit, während die Metallfäden in zitternde Bewegung gerieten. Dann endete die Porzellanwand in einer großen Volute, die eine deckenlose Kammer bildete. Als das letzte Mal jemand auf diesem Weg ins Labyrinth eingedrungen war – bei der vierten Expedition –, waren zwei Männer an dieser offenen Kammer vorbeigekommen; einer war draußen geblieben und getötet worden, der andere war hineingegangen und mit dem Leben davongekommen. Die Sonde rollte in die Kammer. Einen Moment später schoss ein tiefroter Lichtstrahl aus der Mitte einer Mosaikdekoration an der Wand und bestrich die Fläche vor der Kammer.
    Aus dem Miniaturlautsprecher in Rawlins' Ohr kam Boardmans Stimme: »Wir haben vier Sonden verloren, als sie durch ihre Tore rollten. Das entspricht unseren Erwartungen. Wie sieht es bei Ihnen aus?«
    »Wie geplant. Bisher ist alles in Ordnung.«
    »Nach den Computerberechnungen müssten Sie die Sonde sechs oder sieben Minuten nach dem Eintritt verlieren. Was ist Ihre Zeit?«
    »Zwei Minuten fünfzehn Sekunden.«
    Die Sonde war jetzt aus der Kammer und eilte über die Fläche, die der Lichtstrahl getroffen hatte. Weiter voraus teilte sich der Weg. Auf einer Seite war eine Steinbrücke, die mit einem einzigen Bogen etwas überspannte, das wie eine glühende Grube aussah. Auf der anderen Seite war ein Haufen übereinandergefallener, zyklopischer Blöcke. Die oberen lagen in labilem Gleichgewicht äußerst prekär Kante auf Kante und drohten bei der geringsten Erschütterung herabzustürzen. Die Brücke sah weit einladender aus, aber die Sonde wandte sich nach kurzem Verhalten ab und begann sich auf ausgefahrenen Teleskopbeinen langsam über den Trümmerhaufen zu arbeiten. Rawlins fragte den Computer nach dem Grund und erhielt die Information, dass es die ›Brücke‹ nicht gab; sie war eine Projektion, ausgestrahlt von verborgenen Geräten in

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