Exil im Kosmos: Roman (German Edition)
ihm Instruktionen zuflüstern können.
Der Morgen war trocken und winterlich kalt. Sie probierten die Schaltkreise ihrer Kommunikationsgeräte aus. Rawlins verließ das Zelt und ging zwanzig Schritte auf dem vorgeschriebenen Weg. Auf den pockennarbigen Porzellanwänden voraus lag der matt orangenfarbene Widerschein des Tageslichts. Die Wände standen tiefschwarz unter dem durchsichtigen Grün des Himmels.
Boardman sagte: »Heben Sie die rechte Hand, wenn Sie mich hören, Ned.«
Rawlins hob seine rechte Hand.
»Nun sprechen Sie.«
»Wo, sagten Sie, wurde Richard Müller geboren?«
»Auf der Erde. Ich kann Sie sehr gut hören.«
»Wo auf der Erde?«
»Irgendwo im europäischen Direktorat, glaube ich.«
»Ich bin von dort«, sagte Rawlins.
»Ja, ich weiß. England, nicht wahr? Ich glaube, Müller kommt vom westlichen Teil des Kontinents, aber ich weiß es nicht sicher. Ich habe nicht lange auf der Erde gelebt, Ned, und kann mich nicht an die Geographie erinnern. Wenn es wichtig ist, kann ich Hosteen in den Unterlagen nachsehen lassen.«
»Vielleicht später«, sagte Rawlins. »Soll ich jetzt losgehen?«
»Hören Sie mir erst zu. Wir hatten eine Menge zu tun, um in dieses Labyrinth zu kommen, und wir haben eine Menge gesehen und gelernt. Ich möchte, dass Sie über alledem nicht vergessen, dass unsere gesamte bisherige Aktivität nur Vorspiel unseres eigentlichen Vorhabens ist. Wir sind hier, um Müller herauszulocken, denken Sie daran.«
»Wie sollte ich es vergessen?«
»Wir waren mit Fragen des persönlichen Überlebens beschäftigt. Die Frage, ob man selbst leben wird oder sterben muss, kann die Perspektiven verschieben. Nun ist eine umfassendere Sicht notwendig. Was Müller hat, sei es ein Geschenk oder ein Fluch, ist von hohem potentiellem Wert, und Ihre Aufgabe ist es, uns die Nutzung dieser Fähigkeiten zu ermöglichen. Das Schicksal der Menschheit und unseres Teils der Galaxis kann von dem abhängen, was in den nächsten Tagen zwischen Ihnen und Müller geschieht. Das Leben von Milliarden noch Ungeborenen kann sich durch das, was sich hier in den nächsten Tagen ereignen wird, zum Guten oder zum Schlechten wenden.«
»Ich würde das lieber nicht hören«, sagte Rawlins. »Es lädt mir eine Verantwortungslast auf, der ich mich nicht gewachsen fühle.«
»Es ist wichtig, Ned. Wenn Sie die Bedeutung Ihrer Mission nicht sehen, könnten Sie geneigt sein, nach einer ersten unfreundlichen Abfuhr die Flinte ins Korn zu werfen. Manchmal kommen Momente, wo alle die aufgeblasenen großen Worte etwas bedeuten, und dies ist ein solcher Moment. Sie stehen an einem Kreuzweg der Menschheitsgeschichte. Und darum, Ned, werden Sie hineingehen und lügen und betrügen und meineidig werden, wenn es sein muss, und ich erwarte, dass Sie lange Zeit mit Gewissensnöten werden leben müssen. Sie werden sich selbst nicht mehr ausstehen können, aber eines Tages werden Sie erkennen, dass Sie eine heroische Tat vollbracht haben. Die Probe der Kommunikationsgeräte ist beendet. Kommen Sie zurück, damit wir Sie marschfertig machen.«
Kapitel 24
Stein und Cameron geleiteten ihn bis zum Durchgang in Zone E. Es gab keine Zwischenfälle. Sie zeigten ihm die Richtung, und er ging durch einen Schauer von azurblauen Funken in einen nüchtern-kargen Friedhofsbereich. Als er die ansteigende Rampe zum Eingang hinaufwanderte, sah er eine Art Fassung, eingelassen in eine steinerne Säule. In der dunklen Höhlung der Fassung war etwas Bewegliches und Glänzendes, das ein Auge sein konnte, aber für eine genauere Prüfung zu hoch angebracht war.
»Ich glaube, ich habe einen Teil von Müllers Überwachungssystem gefunden«, meldete Rawlins. »Hier ist ein Ding in einer Säule, das ein Fernsehauge sein könnte.«
»Nehmen Sie Ihre Sprühdose mit Markierungsfarbe«, sagte Boardman. »Sprühen Sie einfach eine Schicht darüber.«
»Ich fürchte, er könnte das als einen feindseligen Akt ansehen. Warum sollte ein Archäologe ein solches Ding unbrauchbar machen?«
»Ja«, brummte Boardman. »Richtig. Gehen Sie weiter.«
Zone E wirkte schon äußerlich weniger bedrohlich. Sie bestand überwiegend aus kleinen, niedrigen Gebäuden, die eng ineinander verschachtelt waren. Weit voraus konnte Rawlins wieder andere Strukturen sehen, hohe Mauern und einen schimmernden Turm. Jede der Zonen unterschied sich so von allen anderen, dass er die Vermutung hatte, sie seien zu verschiedenen Zeiten entstanden: ein Kerngebiet mit den Wohnquartieren der
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