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Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Titel: Exil im Kosmos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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flimmernde Phantome aus weißem Licht, nahmen die Gestalt eines Schwans an, dann die eines Baums. Ned Rawlins' linke Schulter verzog sich nach oben. Sein Rücken war krumm, bucklig. Ein Bein bewegte sich vorwärts, das andere rückwärts. Durch flimmernde Schleier sah Boardman Marshalls Leichnam an der Wand hängen, die Metallklammer in der Brust. Marshalls Augen waren weit geöffnet. Gab es auf Lemnos keine Fäulnisbakterien? Boardman ertrug den Blick der gebrochenen Augen nicht. Er schloss die Lider. Der Computer steuerte ihn weiter.

Kapitel 17
     
    Dies ist das Tor zu Zone F, dachte Rawlins. Ich verlasse das Königreich des Todes. Wo ist mein Pass? Brauche ich ein Visum? Ich habe nichts zu verzollen. Nichts.
    Von den Leuten in Zone F ist nichts zu sehen. Sollten sie uns nicht entgegenkommen? Hoffentlich machen sie sich nicht die Mühe. Wir schaffen es ohne sie.
    So oft habe ich von dieser Route geträumt, und nun hasse ich sie, obwohl sie schön ist. Man muss es zugeben: sie ist schön. Und wahrscheinlich empfindet man sie als schön, weil sie tödlich ist …
    Maribeths Schenkel sind voll kleiner Unebenheiten im Fleisch. Sie wird fett sein, bevor sie Dreißig ist.

Kapitel 18
     
    Alles tut man für die Karriere. Ich hätte längst aufhören sollen. Nie habe ich Rousseau gelesen. Ich weiß nichts über Platon, Kant und Hegel. Wenn ich am Leben bleibe, werde ich sie lesen. Ich mache dieses Gelübde, gesund an Geist und Körper und achtzig Jahre alt. Ich, Ned Rawlins, werde … ich, Richard Müller … ich … ich, Charles Boardman, werde endlich anfangen … ich …

Kapitel 19
     
    Auf der anderen Seite des Tores machte Rawlins halt und fragte den Computer, ob es sicher sei, wenn er sich hinsetze und ausruhe. Der Computer bejahte, und Rawlins ließ sich vorsichtig nieder, berührte das kühle Pflaster mit den Fingerspitzen und setzte sich. Er blickte zurück. Mächtige Steinblöcke, die ohne Mörtel und absolut fugendicht gesetzt waren, flankierten mit zwanzig Meter hohen Mauern eine schmale Bogenöffnung, in der jetzt Charles Boardmans schwerfällige Gestalt erschien. Boardman sah verschwitzt und nervös aus. Rawlins fand das interessant. Er hatte den alten Mann noch nie ohne seine penetrante Selbstgefälligkeit gesehen. Aber sie waren auch noch nie in diesem Labyrinth gewesen.
    Rawlins fühlte sich selbst nicht allzu frisch. Die ständige Anspannung hatte ihn erschöpft, und seine Kleidung klebte an seinem Körper. Hier in Zone F, nicht weit von dieser Stelle, war Brewster gestorben, weil er geglaubt hatte, nach den Gefahren von H und G sei alles weitere nur noch ein Spaziergang.
    »Ruhepause?«, fragte Boardman. Seine Stimme klang dünn und unsicher.
    »Warum nicht? Nach alledem haben wir eine verdient. Der Computer sagt, es sei ungefährlich hier. Setzen Sie sich neben mich, hier auf den Weg.«
    Boardman tat es. Er ächzte, und Rawlins musste ihn stützen, als er das Gleichgewicht verlor. Boardman zog sein Taschentuch und wischte sich Gesicht und Nacken. Er schnaufte heftig.
    Rawlins sagte: »Müller ging diesen Weg allein und kam durch.«
    »Müller war immer ein außerordentlicher Mann.«
    »Wie, glauben Sie, hat er es gemacht?«
    »Warum fragen Sie ihn nicht selber?«
    »Ich werde es tun«, sagte Rawlins. »Morgen um diese Zeit werde ich vielleicht mit ihm reden.«
    »Vielleicht.«
    Zehn Minuten vergingen in Schweigen, dann murmelte Boardman: »Wir müssen weiter.«
    »Wenn Sie meinen.«
    »Die anderen werden uns bald entgegenkommen. Inzwischen müssen wir auf ihren Infrarotdetektoren erscheinen.«
    Rawlins stand auf und half Boardman auf die Beine. Wieder ging er voran.
    In Zone F gab es mehr freien Raum. Die Architektur war weniger phantastisch, aber von einer seltsamen Gegensätzlichkeit, die eine Spannung erzeugte. Obwohl er wusste, dass die Fallen hier seltener waren, hatte Rawlins weiterhin das Gefühl, dass der Boden sich jeden Moment unter ihm öffnen könne. Auf jeder Straßenkreuzung standen große steinerne Tröge, in denen gefiederte Bäume wuchsen.
    »Welche Stelle fanden Sie bisher am schwierigsten?«, fragte Rawlins.
    »Den Abwehrschirm«, sagte Boardman.
    »Das war nicht so schlimm«, meinte Rawlins. »Natürlich ist es ein unangenehmes Gefühl, mit geschlossenen Augen durch eine so gefährliche Gegend zu tappen. Wissen Sie, ich musste immer daran denken, dass uns eine von diesen ekelhaften Tigerkatzen anspringen könnte. Wir hätten nichts gemerkt, bis wir die Zähne in uns gefühlt

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