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Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Titel: Exil im Kosmos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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grunzend reaktivierte er seine Verbindung mit Rawlins. Was sollte er ihm sagen?
    Der Bildschirm zeigte ihm Mondschein, das Halbdunkel des vergitterten Käfigs und kleine pelzige Bestien mit spitzen, zähnestarrenden Schnauzen.
    »Ned?«, sagte er. »Boardman hier. Unsere Sonden sind unterwegs. In fünf Minuten werden wir Sie aus diesem albernen Käfig befreit haben. Haben Sie gehört, in fünf Minuten!«

Kapitel 32
     
    Rawlins war sehr beschäftigt.
    Es war beinahe komisch. Der Zustrom dieser kleinen Bestien ließ nicht nach. Sie schoben sich schnüffelnd durch das Gitter, zwei und drei gleichzeitig, Wiesel oder Iltisse, was immer sie waren, lauter Zähne und Augen. Aber sie waren Aasfresser, keine mordenden Räuber, wie ihm schien, denn sie versuchten ihm nicht an die Kehle zu gehen. Sie umdrängten ihn, streiften seine Knöchel mit ihren geschmeidigen Körpern, zerfetzten seine Hosenbeine, schlitzten seine Haut mit ihren Krallen, bissen in seine Schienbeine und Waden.
    Und er zertrampelte sie. Er lernte sehr schnell, dass ein gezielter Stiefeltritt ausreichte, ihre Wirbelsäulen zu brechen, und er entwickelte eine wirksame Technik, eine rhythmische Arbeitsweise. Hatte er eins totgetreten, schleuderte er sein Opfer mit einem Fußstoß in eine Ecke des Käfigs, wo es sofort von seinen Artgenossen zerrissen wurde. Vierteldrehung, zutreten, wegstoßen. Knirsch. Knirsch.
    Trotzdem richteten sie ihn übel zu.
    In den ersten fünf Minuten hatte er kaum Zeit für eine Atempause. In dieser kurzen Spanne erledigte er mindestens zwanzig von ihnen, und auf der anderen Seite des Käfigs entstand bald ein Haufen von zerbrochenen kleinen Kadavern, wo andere Aasfresser herumwühlten und zerrten und fraßen. Endlich kam ein Moment, wo alle zur Zeit im Käfig anwesenden Tiere mit ihren getöteten Artgenossen beschäftigt waren und keine weiteren draußen lauerten. Rawlins hatte eine Weile Ruhe. Er hielt sich mit einer Hand an einer Käfigstange fest und hob sein linkes Bein, um die Kratzer und Bisswunden zu untersuchen. Seine Hose hing vom Knie abwärts in Fetzen. Der ganze Unterschenkel war blutüberströmt, und die Wunden, wenn auch nicht tief, verursachten brennenden Schmerz. Plötzlich wurde ihm klar, warum die Aasfresser zu ihm gekommen waren: ein schwacher, süßlicher Geruch verwesenden Fleisches kam in seine Nase, als er schnaufend einatmete. Seine gereizte Phantasie zeigte ihm sogleich einen großen Tierkadaver mit aufgerissenem Bauch, in dem rote, klebrige Organe zu sehen waren, umkreist von dicken schwarzen Fliegen, von Maden durchwühlt …
    Aber in diesem Käfig verweste nichts. Die toten Aasfresser waren noch frisch, und von den meisten war außer Pelzhaaren und abgefressenen Knochen nicht mehr viel übrig.
    Rawlins begriff, dass eine Sinnestäuschung vorliegen musste: eine vom Käfig ausgelöste Geruchsfalle, offenbar. Der Käfig verbreitete Verwesungsgeruch. Warum? Vermutlich, um diese kleinen Wiesel anzulocken. Eine verfeinerte Form der Folter. Wann immer ein Gefangener im Käfig saß, sandte dieser Geruchsignale aus. Rawlins fragte sich, ob Müller irgendwie dahinterstecke und den Aasgeruch von einer Steuerzentrale aus eingeschaltet habe.
    Er hatte keine Zeit für weitere Überlegungen. Ein neues Rudel kam vom Platz herangetrabt. Diese Tiere sahen etwas größer aus, allerdings nicht so groß, dass das Gitter ein Hindernis für sie gewesen wäre, und ihre Zahnreihen schimmerten unheilvoll im Mondlicht. Rawlins zertrat hastig drei von den schnüffelnden Aasfressern, die in seinem Käfig noch am Leben waren. Dann hob er sie auf, steckte sie durch die Gitterstäbe und schleuderte sie acht oder zehn Meter weit aus dem Käfig. Es war ein guter Einfall. Die Neuankömmlinge verhielten, schnüffelten und machten sich unverzüglich über die zuckenden und noch nicht ganz toten Körper her, die vor ihnen landeten. Nur wenige drangen in den Käfig ein, und sie kamen in größeren Abständen, so dass Rawlins jeden Eindringling zertreten und der andrängenden Horde zum Fraß vorwerfen konnte.
    Als er siebzig oder achtzig von ihnen getötet hatte, hörte der Zustrom endlich ganz auf. Der Geruch frischen Blutes überlagerte den synthetischen Verwesungsgestank. Seine Beine schmerzten, er war überreizt und übermüdet. Doch nun wurde die Nacht friedlich. Tierkadaver, manche noch mit Teilen des Pelzkleids, andere bloße Gerippe, lagen im Umkreis des Käfigs verstreut. Eine schwärzliche, allmählich eintrocknende Blutpfütze

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