Exil im Kosmos: Roman (German Edition)
freiwillig mit uns zum Schiff. Tun Sie, was wir von Ihnen erbitten. Helfen Sie uns dieses letzte Mal.«
»Mögen Ihre Eingeweide verfaulen«, sagte Müller fast beiläufig. »Mögen Sie tausend Jahre leben, während Maden Sie von innen heraus zerfressen. Mögen Sie an Ihrer eigenen Selbstgefälligkeit ersticken, ohne sterben zu können.«
»Helfen Sie uns. Freiwillig.«
»Lassen Sie die Spritzpistolen auspacken, Boardman«, erwiderte Müller. »Hüllen Sie mich in Ihren verdammten Schaumstoff. Andernfalls werde ich mich bei der ersten Gelegenheit umbringen.«
»Wie schurkisch ich scheinen muss, hm?«, sagte Boardman. »Aber ich möchte es nicht auf diese Weise machen. Kommen Sie freiwillig, Müller.«
Müllers Antwort war ein Knurren.
Boardman seufzte. Dies war ein peinlicher Augenblick, und er forderte ihm eine der unangenehmsten Entscheidungen ab, die er je hatte treffen müssen. Er blickte zu Ottavio.
»Den Schaumstoff«, sagte er.
Rawlins, der wie in Trance dagestanden hatte, reagierte mit einem plötzlichen Ausbruch von Aktivität. Er sprang vorwärts, riss Reynolds' Energiewaffe aus dem Halfter, stürzte weiter zu Müller und drückte sie ihm in die Hand. »Da!«, sagte er keuchend. »Jetzt befehlen Sie!«
Kapitel 47
Müller starrte auf die Waffe in seiner Hand, als ob er noch nie eine gesehen hätte, aber seine Überraschung hielt nur Sekunden an. Dann glitten seine Finger um den Handgriff und befühlten den Auslöser. Es war ein vertrautes Modell, kaum verändert gegenüber denen, die er gekannt hatte. Mit einem einzigen Energieausbruch konnte er sie alle töten. Oder sich selbst. Er trat zurück, so dass sie ihn nicht von hinten angehen konnten. Er kam an die Mauer, prüfte ihre Festigkeit und lehnte sich mit den Schulterblättern dagegen. Dann bewegte er die Mündung der Waffe in einem Halbkreis hin und her, der sie alle umfasste.
»Stellt euch in einer Reihe auf«, befahl er. »Ein Meter Abstand zum Nachbarn, und die Hände hoch, dass ich sie gut sehen kann.«
Er genoss den bitterbösen Blick, den Boardman Ned Rawlins zuschoss. Rawlins hatte sich wieder ins Abseits zurückgezogen, wo er abwartend und unsicher stand, offensichtlich von nachträglichen Zweifeln bedrängt. Müller wartete geduldig, bis die fünf anderen seinem Befehl nachgekommen waren. Er wunderte sich über seine Ruhe.
»Sie sehen unglücklich aus, Boardman«, sagte er. »Wie alt sind Sie jetzt, achtzig? Wie ich Sie kenne, würden Sie gern noch weitere vierzig oder fünfzig Jahre genießen. Sie haben Ihr Leben geplant, und der Tod auf Lemnos ist in dem Plan nicht vorgesehen, wie? Stehen Sie still, Boardman! Und gerade. Nicht die Hände sinken lassen! Sie werden mein Mitleid nicht gewinnen, wenn Sie jetzt versuchen, alt und hinfällig auszusehen. Ich kenne diesen Winkelzug. Unter all diesem schlaffen Fett sind Sie so gesund wie ich. Gesünder. Geradestehen, habe ich gesagt!« Ein dünner weißer Energiestrahl aus Müllers Waffe traf unmittelbar vor Boardmans Füße das Pflaster und schmolz ein weißglühendes Loch in die Steinplatte. Der Strahl erlosch.
Boardman wurde leichenblass. Seine Augen schienen aus ihren Höhlen zu quellen. Er leckte seine Lippen, dann sagte er mit heiserer, bebender Stimme: »Wenn Sie das brauchen, Müller, dann töten Sie mich. Und dann gehen Sie an Bord des Schiffes und tun Sie, was wir von Ihnen wollen. Ich bin entbehrlich.«
»Ich glaube es Ihnen«, sagte Müller verächtlich. »Sie gerissener alter Bastard, noch aus Ihrem Tod wollen Sie einen Handel herausschlagen! Ihr Leben gegen meine Mitarbeit! Aber wo ist das quid pro quo? Ich habe keinen Spaß am Töten. Es wird mich nicht besänftigen, Sie niederzubrennen, obwohl ich nicht leugne, dass es mir einige Befriedigung verschaffen würde. Meinen Fluch werde ich immer noch haben.«
»Das Angebot gilt.«
»Abgelehnt«, sagte Müller. »Wenn ich Sie töte, wird es nicht Teil irgendeines Geschäfts sein. Aber ich bin eher imstande, mich selbst zu töten. Sie wissen, dass ich im Grunde ein anständiger Mann bin. Etwas unstabil, ja, aber wer kann mir das zum Vorwurf machen? Ich würde diese Waffe eher gegen mich richten als gegen Sie. Ich bin derjenige, der leidet. Ich kann es beenden.«
Boardman hatte seinen Schock überwunden und begann die gewohnte Sicherheit zurückzugewinnen. »Sie hätten Ihr Leben in jeder Minute der vergangenen neun Jahre beenden können«, sagte er. »Aber Sie überlebten. Sie mobilisierten alle Ihre Fähigkeiten, um in
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