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Exil - Wartesaal-Trilogie ; [3]

Exil - Wartesaal-Trilogie ; [3]

Titel: Exil - Wartesaal-Trilogie ; [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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vertreten wurde, sondern an der Rue de Penthièvre, im Deutschen Haus. Hinter den Kulissen gar hatte er, Heydebregg, noch stärkeren Erfolg gehabt. Er hatte die Botschaft ausspioniert, hatte heimlich sogar den Schreibtisch des Botschafters durch dessen eigene Angestellte erbrechen lassen. Das wäre gewagt gewesen, wenn nichts dabei herausgekommen wäre. Es war aber etwas herausgekommen, mancherlei Material, das die Geheime Staatspolizei sehr interessierte. Der Botschafter, sonst ein kluger, zurückhaltender Herr, hatte sich, gereizt und erbittert, zu Unbesonnenheiten hinreißen lassen. Auf alle Fälle war das Ziel erreicht, der Kampf zwischen Botschaft und Partei endgültig entschieden.
    Auch die westeuropäische Propaganda des Reichs sah anders aus, seitdem er, Heydebregg, sie in die Hand genommen. So wie die betreffenden Ressorts der Rue de Lille das gemacht hatten, mit solchen lahmärschigen, sogenannten diplomatischen Methoden konnte man natürlich nicht vorankommen. Er hatte das Problem auf wahrhaft nationalsozialistische Art gelöst, mit nordischer List. Er schmunzelte, wenn er an die beiden Tageszeitungen dachte, die ihm jetzt in Paris zur Verfügung standen, zwei Organe von altem Namen, aber kaum mehr gelesen. Wie einfach war doch alles, wenn man nur gerade auf sein Ziel losging. Jetzt, wenn das Reich Nachrichten und Meinungen in Frankreich verbreitet wissen oder wenn es französische Ereignisse in einem bestimmten Sinn kommentieren wollte, dann gab man einfach diesen beiden Zeitungen einen Wink. Unsere Presse und unser Rundfunk konnten dann mit Quellenangabe Artikel und Kommentare dieser Zeitungen als die öffentliche Meinung Frankreichs zitieren. Heydebregg lächelte tiefer, wenn er daran dachte, daß er durch diese Methode obendrein den Botschafter traf. Der hatte die Unannehmlichkeiten auszubaden; an ihn wandten sich, wenn es unsere Presse gar zu toll trieb, die französischen Stellen, bei ihm beschwerten sie sich, er mußte beschwichtigen.
    Und was gar seine Hauptaufgabe anlangte, die Einschläferung der öffentlichen Meinung in Frankreich, da hatte Heydebregg in den paar Monaten seiner Anwesenheit zehnmal mehr erreicht als die Rue de Lille seit der Machtergreifung. Alle jene, in deren Interesse es lag, an eine friedliche Haltung Deutschlands zu glauben, hatte er für seine Zwecke eingespannt, es mehrten sich die Kundgebungen französischer Rechtskreise für eine deutsch-französische Verständigung, eine Gesellschaft zu diesem Zweck war gegründet worden, eine neue Frontkämpferbegegnung vorbereitet, auch das Jugendtreffen, das der junge Monsieur de Chassefierre angeregt hatte, war weitgehend gefördert, leider freilich, ohne daß dieser junge Herr führend daran hätte teilnehmen können. Unwillkürlich, während er das alles bedachte, hatte Heydebregg eine Haltung angenommen, gemischt aus massiger Gravität und augenzwinkernder Jovialität, jene Haltung, mit der er französischen Wirtschaftsführern, Politikern und Journalisten erfolgreich zu beteuern pflegte, hinter der deutschen Rüstung steckten keinerlei aggressive Absichten gegen den Westen.
    Wenn er vielleicht wirklich in diesem einen Betracht, in der Erledigung des Emigrantenpackes, nicht ganz zur Zufriedenheit Berlins sollte gearbeitet haben, dann hat er das reichlich wettgemacht durch eine Reihe anderer Erfolge, durch Erfolge, die sich sehen lassen können.
    Es war Zeit, sich für den Abend anzuziehen. Er rasierte sich. Duschte sich ab. Frisierte sich. Das machte jetzt mehr Mühe; denn er trug das Haar nicht mehr ganz so kurzgeschnitten. Capua, dachte er und schlüpfte ins Hemd; dieses Jahr, zum erstenmal in seinem Leben, trug er weiche Hemden zum Smoking.
    Bei alledem war die Gründung dieser »Pariser Deutschen Post« eine Schlappe für ihn, daran war nicht zu deuteln. Man hätte, soviel stand fest, besser daran getan, den Ratschlag des Parteigenossen von Gehrke zu befolgen und nicht den Wieseners. Eigentlich merkwürdig seine Vorliebe für Wiesener. Durch Leistungen gerechtfertigt ist sie nicht. Überhaupt istder Bursche nicht hundertkarätig, ein kleiner Geruch von einem Rastaquär ist um ihn.
    Weiche Hemden zum Smoking, Wörter wie Rastaquär, er ist schon recht verwelscht. Er verbesserte sich: Etwas von einem Hochstapler ist an Wiesener.
    Übrigens wird er heut ein verdammt schlechtes Gewissen haben, der Hochstapler und Parteigenosse Wiesener. Er gönnt es ihm. Viel Mühe und viel Geld ist vertan, er hat sogenannten Mist gemacht, unser

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