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Exil

Exil

Titel: Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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ist so eine Nutte«, sagt Truddi.
    »Sie ist doch keine Nutte«, widerspricht Tazim.
    »Alle wissen doch, dass er viel lieber Truddi hätte«, sagt Diana.
    »Und wieso ist Samantha deshalb eine Nutte?«, fragt Tazim.
    »Er ist doch nur mit ihr zusammen, weil sie … es ihm mit der Hand macht«, erklärt Diana.
    »Woher wollt ihr das denn wissen?« Wieder ist es Tazim.
    »Er prahlt doch bei sämtlichen Jungs damit, dass Samantha ihm einen runterholt«, sagt Truddi. »Ist doch so, Gretchen, oder?«
    »Ich putze mir gerade die Zähne«, erwidert Gretchen. Ich öffne ganz leise die Toilettentür.
    »Wenn du nicht so frigide wärst, Truddi«, sage ich, »dann hättest du vielleicht auch einen Freund.« Truddi schluckt und tritt einen Schritt zurück. »Du glaubst, deine Möse sei eine hübsche Blume, aber eine Blume ist doch nur hübsch, wenn jemand sie ansieht«, füge ich hinzu, als ich mit geballter Faust auf sie zugehe.
    »Hör auf damit!«, schreit Diana.
    »Stopp!«, höre ich es hinter mir. Minna, unser Hausboss. Ich drehe mich um. »Was machst du da, Samantha?«
    »Gar nichts«, antworte ich.
    »Du bekommst eine Verwarnung«, erklärt Minna.
    »Ich habe nichts getan.«
    »Ständig droht sie damit, mich zu verprügeln«, beschwert sich Truddi wie ein kleines Mädchen.
    »Du hast sie gerade eine Nutte genannt«, sagt Tazim zu Truddi.
    »So reden wir hier nicht miteinander.« Minna hält uns einen Vortrag über Mitgefühl. Wir gehen in unsere Zimmer. Truddi hat ihr Nachthemd an. Ich tue so, als wollte ich mein Bett aufschlagen, drehe mich aber um und trete ihr in den Hintern. Sie schreit: »Das sage ich Minna!«
    »Was sagst du?«, fragt Tazim. »Ich hab nichts gesehen.«
    »Gretchen?«, ruft Truddi. Gretchen kommt herein.
    »Was ist?«
    »Du hast doch gesehen, wie Samantha mich gerade getreten hat.«
    »Ich war auf dem Flur«, antwortet Gretchen. »Ich habe gar nichts gesehen.«
    Verdeckt
    Die Atemzüge von Gretchen und Truddi klingen ruhig und gleichmäßig. Tazim kann ich nicht hören. Vorsichtig krieche ich aus dem Bett, hole meine Zigaretten und die Streichhölzer unter dem Kopfkissen hervor und schleiche auf die Toilette. Zünde mir eine Zigarette an, stehe am Fenster und puste den Rauch zwischen die Gitter und das Moskitonetz, während ich der Nachtwache zusehe, die quer über den Spielplatz geht. Es ist nicht Ebenezer. Ich höre etwas.
    »Samantha?« Es ist Tazim.
    »Hierher«, flüstere ich. Sie kommt. Ich reiche ihr die Zigarette.
    »Irgendetwas nicht in Ordnung?«, fragt sie.
    »Stefano hat versucht, mich bei den Pferdeställen zu vergewaltigen.«
    »Nein!«
    »Doch. Aber es ist nichts passiert.«
    »Wieso meldest du es nicht?«
    »Ich weiß nicht«, erwidere ich und bekomme die Zigarette zurück.
    »Dann würden alle darüber reden«, überlegt Tazim.
    »Ja.«
    »Psst«, zischt Tazim.
    »Was ist?« Tazim geht auf Zehenspitzen zur Tür. Sie bleibt stehen und horcht. »Ist da jemand?«, flüstere ich.
    »Ich bin nicht sicher«, sagt Tazim. Wir rauchen noch eine Zigarette. Gehen zurück und schlafen.
    Als wir am nächsten Tag nach der großen Pause zurück in die Klassen gehen, taucht Panos neben mir auf.
    »Willst du ihn melden?«
    »Wen? Weshalb?«, frage ich, plötzlich eiskalt. Panos antwortet nicht, sieht mich nur so eigenartig an.
    »Nein«, sage ich. »Es ist nichts passiert.« Jemand muss gestern Nacht auf der Toilette gewesen sein, als wir dort rauchten. »Mit wem hast du geredet?«, will ich wissen.
    »Alle reden«, sagt Panos. »Nur wissen die meisten nicht, worüber sie eigentlich reden.« Er setzt sich an sein Pult. Die ganze Stunde über bin ich unruhig. Als es klingelt, gehe ich zu ihm.
    »Es ist nichts passiert«, erkläre ich noch einmal.
    »Irgendetwas ist passiert«, sagt er.
    »Wir sind nicht mehr zusammen. Nie wieder.«
    »Er ist ein Arschloch«, sagt Panos.
    »Da gebe ich dir Recht. Wer redet?«
    »Diana.«
    »Mit dir?«
    »Mit allen, die es hören wollen«, antwortet Panos. Am Nachmittag stehe ich mit Gretchen und Tazim herum, als Truddi und Diana vorbeikommen.
    »Na, wie fühlt es sich so an, ein gefallenes Mädchen zu sein?«, erkundigt sich Diana mit einem künstlichen Lachen, als sie weitergehen.
    »Was?«, rufe ich. Tazim seufzt. »Was?«, sage ich noch einmal. Gretchen fasst mit einem sanften Griff nach meinem Arm: »Stefano erzählt allen, dass du mit ihm … also, das du es ganz gemacht hast. Und dass er dich deshalb verlassen hätte, weil du so billig bist.«
    »Tsk«, stoße

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