Exil
Mann lacht.
»Nein, nicht das Zaire von Mobuto Sese Seko. Mein Sohn ist im Minengebiet beim Merani Township, wo nach Tansanit gegraben wird. Das ist in der Nähe von Moshi, oder? Am großen Flughafen.«
»Ja, das ist nicht so weit. Ist er Minenarbeiter?«
»Ja, eine sehr harte Arbeit. Eine schwere Arbeit unter der Erde. Wir alle hoffen, dass Allahs Lächeln auf ihm ruht.«
»Vielleicht kommt er als reicher Mann nach Hause.«
»Inschallah«, sagt der Fahrer. Wenn das Taxi sein eigener Wagen wäre, würde der Sohn nicht unter der Erde schuften. Der Fahrer verkauft mir drei Päckchen geschmuggelter Zigaretten aus Kenia – besser als die einheimischen.
Eine große Familie
Ich steige vor dem Haupteingang aus, und Alison läuft mir von der Rezeption aus entgegen und umarmt mich.
»Schön, dich zu sehen, schlimme Schwester«, begrüßt sie mich. »Ich muss mich gerade noch um die Gäste aus Deutschland kümmern, sie wollen nach Dar, aber heute Abend essen wir zusammen.«
Ich gehe durch die Hotelküche und begrüße die Angestellten. Trinke eine Limonade an der Bar, die deutschen Männer schauen auf meine Beine. Gehe ins Haus und ziehe mir den Bikini an. Schwimme eine Runde am Strand. Dusche. Esse Hühnchen mit Pommes Frites und liege wie ohnmächtig ein paar Stunden auf meinem Bett. Am Abend kann ich gerade noch zusammen mit Alison essen, bevor der Strom ausfällt. Wir setzen uns mit einer Sturmlaterne auf die Veranda, rauchen und trinken Gin Tonic.
»Willst du noch einen?«, fragt Alison.
»Ja, klar. Sonst stechen mir die Mücken noch in die Birne.«
»Natürlich.«
Es ist Chinin im Tonic, es hält die Mücken fern. Aber man muss sechs Gläser trinken: vier für die Gliedmaßen, eins für den Körper und eins für den Kopf. Wenn man mehr als sechs Gläser trinkt, gilt man als versoffen, hat Mutter immer gesagt. Wir rauchen die kenianischen Schmuggelzigaretten, die von Fischern über die Grenze gebracht werden.
»Ich muss dir was erzählen«, sagt Alison.
»Was denn?«
»Na ja … ich habe dir von Halima erzählt, oder?«
»Der Kellnerin, die Vater gevögelt und du gefeuert hast.«
»Ja. Er hat sie geschwängert.«
»Was?«
»Ja.«
»Woher weiß man, dass es der Alte gewesen ist?«
»Sie hat keinen Grund zu lügen. Man wird es sehen, wenn das Kind da ist. Außerdem hat er sie ständig gebumst, als er das letzte Mal hier war.« Alison sieht mich an. Ich hole tief Luft.
»Um Himmels willen!«
»Tja.«
»Weiß es Mutter?«
»Ja.«
»Ist er … hier mit ihr zusammen gewesen?«
»In einem der leeren Bungalows. Ich habe ihn gefragt. Er sagt, er will sie heiraten.«
»Das ist doch nicht wahr!«
»Ich fürchte schon«, erwidert Alison.
»Ich dachte, ihr hättet vereinbart, dass er sich nicht darum zu kümmern hat, wie das Hotel geführt wird. Ist es nicht ein Bruch der Vereinbarung, wenn er seinen Schwanz in deine Oberkellnerin steckt?«
»Was soll ich denn deiner Meinung nach machen?«
»Keine Ahnung. Zu Frans ziehen, vielleicht?«
»Also, ich will Frans. Aber ich will nicht angekrochen kommen und sagen, ich könnte nirgendwo sonst hin – das ist kein guter Stil. Er bekäme zu viel Macht über die Situation. Und Männer mit Macht … stinken.«
»Also bleibst du?«
»Ich weiß es nicht.«
»Und wenn er will, dass sie hier wohnt?«
»Sie hat ein kleines Haus in Tanga.«
»Aha. Und ich dachte schon, wir sollten alle eine große Familie werden. Ich habe schon immer von einer Stiefmutter geträumt, die meine große Schwester sein könnte.«
»Hör schon auf, Samantha. Aber was ist mit dir? Gibt’s ein paar nette Jungs auf der Schule?«
»Nein.« Ich erzähle ihr nichts von Victor. Alison würde vollkommen ausflippen. Aber sie hat ja Frans, das ist so einfach. Ich habe niemanden.
Ein Tag der Freude
»Aufstehen.« Alison rüttelt mich wach. »Du musst mir helfen.«
»Ich hab Ferien. Hör auf!«
»Du hast keine Ferien, du bist zeitweilig suspendiert. Komm in die Küche.« Ich spritze mir Wasser ins Gesicht und schlurfe hinaus. Alison ist bereits auf dem Markt gewesen und hat Erdnüsse gekauft, die sie aus der Schale pult. Ich helfe ihr beim Rest. Sie bespritzt die Erdnüsse mit einer Salzwasserlösung und stellt sie in einer Bratpfanne in den Ofen. Dort bleiben sie fünf bis zehn Minuten, dann ist das Salzwasser verdampft und die Erdnüsse sind mit einer feinen Salzschicht überzogen. Ich muss Kokosnüsse in dünne Streifen schneiden, die in der gleichen Weise in den Ofen gestellt
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