Exil
aus?«
»Aber nur mit Cola verlängert. Mein Vater kommt gleich nach Hause.«
»Ist schon okay.«
»Aber er muss zu der Sitzung in die Schule.«
»Sitzt er noch immer im Verwaltungsrat?«
»Ja.«
»Du hast ihm sicher einen etwas zwielichtigen Ruf verschafft.« Wir trinken unser Colabier, rauchen. Ein Auto hält vor dem Haus. Christians Vater kommt herein.
»Hey, Samantha.«
»Hey, Mzee «, erwidere ich. Er lächelt und sagt irgendetwas auf Dänisch zu Christian. Dann hebt er die Augenbrauen und sieht von Christian zu mir. »Bis bald.«
»Ja, tschüss.« Ich schaue Christian an.
»Er wusste nicht, um wen es bei der Sitzung geht«, erklärt er.
»Solange ich sein Bier trinken kann, ist es okay«, sage ich und nehme mir noch eine von Christians Zigaretten. Als Ergebnis der Sitzung bekomme ich einen vierzehntägigen Schulverweis; diese Woche sowie die Woche nach den kurzen Ferien zur Semesterhälfte – insgesamt drei Wochen ohne Schule. Der Verweis macht es allerdings nicht einfacher, dem Stoff bis zum Examen im nächsten Jahr zu folgen.
Inschallah
»Ist deine Mutter auch verreist?«, will Owen wissen, als er mir das Geld für den Bus gibt, wie er es telefonisch mit Alison besprochen hat.
»Nein.« Streng genommen ist das sogar die Wahrheit. Sie ist in England, nicht verreist. Aber das geht ihn nichts an. Owen hat natürlich Angst, dass ich in Tanga allein bin und meine Zeit nur mit saufen, rauchen, Sex und dem ganzen Wahnsinn verbringe.
»Ist die ganze Familie in Tanga?«
»Alison ist da. Und möglicherweise mein Vater. Wir wollen uns bloß entspannen, ein bisschen tauchen, Wasserski fahren und fischen.«
»Du solltest deine Nase auch in die Schulbücher stecken. Sonst verpasst du zu viel.«
»Ich werd sehen, was sich machen lässt.«
»Gib auf dich acht«, sagt er.
»Hey.« Ich gehe zum Pick-up der Schule, der mich zur Busstation fährt. Die lange Tour bis Tanga. Unerträglich.
Ich kämpfe mich rechtzeitig durch den Mittelgang und steige an einem kleinen Marktplatz am Rand von Tanga aus. Die Taxifahrer sprechen mich an, ich ignoriere sie. Bleibe einfach stehen und spüre die Luft. Ich bin wieder ich selbst, allerdings stinke ich. Ich schaue auf die Uhr. Dreihundertfünfzig Kilometer in sieben Stunden – nicht schlecht in einem Bus. Ich gehe zu einem Kiosk und kaufe mir eine Fanta.
»Baridi«, fragt das Mädchen, soll sie kalt sein?
»Ja.« Jedes Mal wird diese Frage gestellt, auch beim Bier. Viele Einheimische trinken Bier und Limonade lauwarm, weil sie das mbege gewohnt sind, das immer lauwarm serviert wird. Es ist auch eine Frage der Gesundheit. Zehn kalte halbe Liter Bier schlagen dir bei der Hitze auf den Magen, du fängst an zu schwitzen und dehydrierst. Dasselbe passiert bei Limonade. Brühend heißer Tee ist das Beste in der Hitze.
Gierig trinke ich die Fanta. Rauche eine Zigarette. Die jungen Taxifahrer hupen und winken mich zu sich. Ich schüttele den Kopf, ich bin nicht versessen auf ihre todesmutigen Fahrkünste auf der Lehmpiste zum Hotel. Ich gehe zu dem ältesten Fahrer am Halteplatz, einem alten Muslim, beinahe ein Vollblutaraber. Ich habe ihn schon oft gesehen, er ist eine Art Taxifahrerlegende. Er fährt gut und sicher und kümmert sich um sein Auto. Er kennt jede Ecke und kann wahrscheinlich von seinem Fahrzeug leben; den meisten Fahrern gehören die Wagen nicht, in denen sie fahren. Sie leihen die Autos zu einem festen Tagessatz und müssen sie den Besitzern mit gefülltem Tank zurückbringen. Die Fahrer behalten den Überschuss, wenn sie denn Überschuss erwirtschaften.
Ich grüße freundlich.
»Wollen Sie im Hotel Urlaub machen?«, erkundigt er sich.
»Es ist mein Zuhause. Ich komme von der internationalen Schule in Moshi, wir haben Ferien.«
»Ah, ja, jetzt erinnere ich mich an Sie. Sie sind die Tochter von bwana Douglas. Sie sind beinahe eine erwachsene Dame.« Der Mann lächelt. Ich steige ein.
»Tja«, beginne ich ein Gespräch. »Wie geht’s Ihren Kindern? Wohnen sie in der Nähe?« Er ist so alt, dass er seine Kinder bald brauchen wird.
»Ja, zwei Töchter. Sie wohnen in der Nähe von Doda, wo ich mit meiner Frau lebe.« Doda liegt an der Küste, nördlich von Tanga.
»Und geht’s ihnen gut?«
»Es geht«, erwidert er. »Aber es ist sehr schwer, wenn der Mann nur Fischer ist. Nicht viel Geld.«
»Haben Sie Söhne?«
»Ja. Shirazi, mein Ältester. Er ist nach Zaire gefahren, um sein Glück zu finden.«
»Zaire? Das ist weit weg. Was macht er da?«
Der
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