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Exil

Exil

Titel: Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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mitzureden?«
    »Was willst du denn sonst machen.«
    Ich beantworte die Frage nicht.
    »Wovon lebst du?«, will ich stattdessen wissen.
    »Ich habe eine Arbeit gefunden.«
    »Was für eine Arbeit?«
    »Ich arbeite … in einem Hotel.« Sie seufzt. »Als Nachtportier.«
    »Schickt dir Vater kein Geld?«
    »Doch, aber es gibt Probleme mit dem Hotel in Tanga. Er braucht das Geld.«
    »Ja. Klar hat er Probleme. Aber er spinnt doch. Und du … bist du okay?«
    »Ich trinke nicht mehr.«
    »Gut. Tja … ihr werdet euch also nicht wiedersehen?« In dem Moment, in dem ich die Frage stelle, wird mir klar, wie absurd sie klingt. Vater vögelt die Kellnerin.
    »Wir werden uns scheiden lassen.«
    »Ja, aber …«
    »Wieso nennen sie dich Sam?«, will Mutter wissen.
    »Samuel 15 – ein Mann unter Schafen.«
    »Aber dir geht’s gut in der Schule?«
    »Ja. Es geht schon.«
    »Ich weiß, dass ich dir versprochen habe, ein paar Sachen zu schicken, Samantha. Aber das muss noch ein wenig warten.«
    »Mach dir darüber keine Gedanken, ich kann mir hier bei den weißen Mädchen was klauen.«
    Mutter entschließt sich, meine Bemerkung zu überhören.
    »Was soll ich in England?«, versuche ich es noch einmal.
    »Du kannst mit einer Ausbildung beginnen.«
    »Wozu?«
    »Man kann hier alles Mögliche studieren.«
    »Du weißt doch genau, dass ich nicht gerade ein Bücherwurm bin.«
    »Oder etwas Praktisches, eine Lehre. Das wird sich zeigen, wenn du erst einmal hier bist«, meint Mutter. »Hast du einen netten Freund?«
    »Nein. Hast du einen netten Freund?«
    »Nach deinem Vater habe ich von Männern genug. Ich überlege, ob ich mir einen Hund anschaffe.« Wir lachen. Dann hat sie kein Geld mehr, um noch länger zu telefonieren.
    Seychellen
    Ich werde ins Büro gerufen. Wieso? Ich bin seit mehreren Wochen nicht mehr aufgefallen, jedenfalls bin ich nicht entdeckt worden.
    Fuck. Vater steht im Büro.
    »Samantha«, sagt er und umarmt mich. »Es ist so lange her, dass die Familie zusammen war«, erklärt er Owen. »Nachdem ihre Mutter zurück nach England gegangen ist … Und ich bin ziemlich beschäftigt: Uganda, Mozambique, ständig unterwegs. Aber jetzt ist es so weit.«
    »Ja«, nickt Owen verständnisvoll. Weiß er überhaupt, wovon Vater lebt? Woher mein Schulgeld stammt?
    »Was ist?« Ich sehe Vater an. Owen lächelt mir zu. Was geht hier vor?
    »Wir fahren in den Urlaub auf die Seychellen; du, ich und Alison. Und Frans. Wir übernachten im Tanzanite und fliegen morgen früh vom Kilimanjaro Flughafen.«
    »Okay.« Ich gehe und packe. Unberechenbar zu sein, ist normal bei Psychopathen. Ab morgen sind Weihnachtsferien. Solange Alison dabei ist, ist es okay für mich.
    Am nächsten Tag fährt Mahmoud von der Lodge Vater und mich zum Flughafen. Wir fliegen nach Dar, und Alison und Frans steigen zu.
    Wir landen auf den Seychellen. Eine kleine Inselgruppe mitten im Indischen Ozean, tausendsechshundert Kilometer östlich von Daressalaam. Wunderhübsch ist es hier. Das Guesthouse liegt an einer Bergseite der Hauptinsel. Vater mietet einen offenen Wagen für uns, damit wir in die Stadt oder zum Strand fahren können. Eigentlich ist mir Essen egal, aber das Essen hier … wow! Alles Gute aus dem Meer. Zu Weihnachten schenkt Alison Frans einen zweitägigen Tauchkurs. In der Woche vor Silvester sind wir nur am essen und trinken oder liegen am Strand. Es ist wirklich schön.

1985

Vogelkundler
    Wenige Tage nach Neujahr beginnt Frans mit seinem Tauchkurs in einem Hotel am Strand. Alison und ich liegen mit einem Gin Tonic am Swimmingpool, während ein großer Mann mit Haaren auf dem Rücken und einem Schnauzer wie ein Fahrradlenker mit Frans den Grundkurs absolviert: Kontrolle der Ausrüstung, Taucherzeichen, wie teilen sich zwei Personen unter Wasser eine Sauerstoffflasche, verschiedene Manöver. Morgen soll Frans ins Meer und ernsthaft tauchen.
    Nach der Stunde fahren wir in die Stadt. Alle Rassen sind hier vertreten: Inder, Afrikaner, Araber, Weiße, sogar Chinesen. Alle haben sich seit Generationen vermischt, sie sehen fantastisch aus. Außer den Chinesen, sie halten sich für etwas Besseres und haben es daher nur mit ihresgleichen getrieben – totale Inzucht.
    Wir setzen uns auf eine Dachterrasse und bestellen Drinks und Mittagessen.
    »Ist Mick eigentlich noch immer in Dar?«, erkundige ich mich bei Alison.
    »Ja. Er ist Chef einer Wachfirma, die unter anderem bei der KLM für die Sicherheit am Flughafen sorgt.«
    »Und er ist gut«, fügt

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