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Exil

Exil

Titel: Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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davon gehört?«
    »Wovon?«, frage ich zurück.
    »Stefano hat seinen Geruchssinn verloren, und sein Gleichgewichtsnerv ist beschädigt. Er kann nichts schmecken, und außerdem wird er nie wieder Sport treiben können. Er stolpert über seine eigenen Beine. Er kann auch kein Auto mehr fahren. Und Panos ist verschwunden.«
    »Tja«, sage ich und schaue mich um. An der Bar sitzen ein paar teure Huren und warten auf weiße Fische. Aziz interessiert sie nicht, sie essen nicht gern indisch.
    »Tja«, wiederholt Aziz. »Ist das alles, was du zu sagen hast?«
    »Ja.«
    »Und was war mit Baltazar?«
    Ein Kälteschauer durchzuckt mich.
    »Was soll mit Baltazar sein?«
    »Wieso wurde er nach Angola geschickt?«
    »Ist das so?«
    »Ja. Er kam aus den Lernferien nicht zurück. Er ist auf ein Internat in Angola geschickt worden, obwohl sein Vater noch immer Handelsattaché in Dar ist.«
    »Davon weiß ich nichts«, erwidere ich und denke an Panos. Wer weiß, was er gerade tut? Er muss Baltazar bedroht haben, oder Baltazar hatte Angst, dass ich zur Polizei gehen würde. Oder zu meinem Vater. Vielleicht sitzt Panos gerade auf einem Schiff nach Griechenland. Oder er ist auf dem Weg zu seiner Mutter nach England, ich glaube, er spricht kein Griechisch. Er hat mal davon geredet, einen Kurs in Landwirtschaft zu belegen, damit er Tabakfarmer werden könnte wie sein Vater. Aber jetzt kann er nie wieder nach Tansania zurück, denn Stefanos Vater ist hinter ihm her.
    Aus Tanga ist ein Brief für mich gekommen. Ich meine, auf dem Umschlag Halimas Handschrift zu erkennen. In dem Umschlag liegt eine Postkarte von Panos: Ich bin mit dem Bus rund um den Berg gefahren und mit Viehschmugglern über die Grenze bei Rongai zum Schlachthof von Oloitokitok gezogen; von dort ging es per Autostopp nach Nairobi, wo ich mir Geld von Freunden meines Vaters geliehen habe und nach Athen geflogen bin. Ich war kurz bei meinem älteren Bruder auf Lesbos, dann sind wir mit dem Schiff nach Athen, und ich bin durch Europa bis nach England getrampt. Ich wohne bei der Kusine meiner Mutter und ihrem Mann in London und gehe auf die Landwirtschaftsschule; ich arbeite an einer Tankstelle und bin am Arsch, aber sonst geht es mir gut. Ihr Engländer seid schon merkwürdig. Meine Mutter hat meine Adresse, falls du schreiben willst. Ruf mich an, wenn du herkommst. Jah love, Panos.
    Was er für mich getan hat – es hat ihn eine Menge gekostet. Gegen seinen Willen ist er in Europa. Er lebt von der Gnade einiger entfernter Familienmitglieder. Arbeitet als Kuli an einer Tankstelle. War es seine Entscheidung? Ja, er hätte Stefano in Ruhe lassen können, aber was dann? Wie hätte er sich gefühlt? Ich habe ihn in diese Situation gebracht. Ich hoffe, Mick hat nichts von der Sache gehört, er würde mich hassen.
    Alison kommt zur Tür hereingestürmt. »Ich bin … Frans und ich … wir sind schwanger!«
    »Wirklich?« Ich reiße die Augen auf. Zwinge mich zu lächeln: »Herzlichen Glückwunsch!« Umarme sie, damit sie meinen Blick nicht sieht.
    Abwasserleitung
    Ich werde bald achtzehn, es sind nur noch anderthalb Monate bis Weihnachten, ich habe meine Mutter seit über einem Jahr nicht gesehen, und in ein paar Monaten werden sie mich zwingen, zurück aufs Internat zu gehen und den Rest der zehnten Klasse abzusitzen. Aber niemanden interessiert das. Alles dreht sich nur um Alisons Bauch. Sie sitzt auf dem Sofa und schaut ihn sich liebevoll an. Frans streichelt darüber. Er spricht mit dem Bauch. Sie kichert.
    »Hier, spür mal«, sagt Alison. »Genau da, es ist gewachsen.« Wovon redet sie? Man kann nichts erkennen. Vielleicht ist es einfach nur Luft.
    »Ich glaube, er wird Fußballer«, meint Frans.
    »Vielleicht wird es ja ein Mädchen.«
    »Dann wird sie so hübsch wie ihre Mutter«, erwidert Frans.
    Ich könnte kotzen. Stehe aus meinem Liegestuhl auf der Veranda auf, ziehe meinen Bademantel enger – spüre, wie meine Knochen hervortreten, keine Polster. Ich bringe keinen Bissen hinunter. Gehe ins Haus. Frans tut so, als lese er irgendwelche Unterlagen. Alison fragt, ob ich etwas essen möchte. Sie ist glücklich. Wenn sie mich sieht, ist es ihr peinlich, dass sie so glücklich ist. Ich müsste das Muster durchbrechen. Ich müsste es jetzt tun. Ich gehe zu ihr, lächele, lege eine Hand auf ihren Bauch und sage: »Ist es wach?«
    Alison lächelt erleichtert.
    »Ich glaub schon, aber im Augenblick bewegt es sich nicht. Vielleicht isst es?«
    »Oder scheißt«, sage ich. Was

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