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Exil

Exil

Titel: Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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hat.«
    »Ja.«
    »Willst du mir auch an die Wäsche?«, frage ich ihn direkt.
    »Nein, an Frauen bin ich nicht interessiert.«
    »Ich dachte mir schon so etwas …«
    »Hast du was dagegen?«
    »Nein, das erleichtert das Leben.«
    »Was meinst du?«
    »Ich muss mir keine Sorgen machen, von dir vergewaltigt zu werden.«
    »Willst du mit?«, fragt er mit einer Kopfbewegung in Richtung des Wohnhauses.
    »Na, klar.« Wir gehen hinüber. Jack legt zwei Linien Kokain auf dem Küchentisch aus.
    »Woher?«, will ich wissen.
    »Von einem, der Aziz heißt. Die Import-Exportfirma seines Vaters arbeitet für die Botschaft.«
    »Ich kenne ihn gut.« Wir nehmen jeder eine Linie. Nicht schlecht. Trinken Heineken, rauchen Marlboro, hören ABC .
    »Ich will dein Zimmer sehen«, erkläre ich und fange an, das Haus zu inspizieren.
    »Rechts … rechts … links«, sagt Jack, der mir wie ein Hund folgt. Das Zimmer: Sportmagazine voller halbnackter Männer, Plakate mit Männern, LP ’s mit Schwulenpop, die Klamotten im Schrank ein bisschen schrill – ein totaler Schwuler. Ich werfe mich aufs Bett und rubbele mir die Titten.
    »Bist du sicher, dass du keine Mädchen magst?«
    »Ich will dich nicht beleidigen. Aber so was törnt mich überhaupt nicht an.«
    »Gut«, sage ich. »Wollen wir uns den Film ansehen?«
    Zieh die Socke an
    »Fährst du zu Micks Arbeitsstelle und lädst ihn Silvester zum Essen ein?«, bittet mich Alison.
    »Kannst du nicht einfach anrufen?«
    »Komm schon, Samantha. Du musst mal raus. Ein bisschen herumkommen. Er wird sich freuen, dich zu sehen.« Sie gibt mir die Adresse. Mick arbeitet inzwischen als Chefmechaniker eines großen Transportunternehmens; er ist für den Lastwagenpark verantwortlich. Im privaten Transportsektor ist viel Geld zu verdienen, denn niemand wagt es, verderbliche Waren mit den Güterzügen zu schicken, sie haben immer Verspätung. Und sollte ein Zug tatsächlich mal pünktlich ankommen, ist es keineswegs sicher, dass die Ware noch immer in den Waggons ist.
    Ich fahre in die Werkstatt. Frage nach Mick. Einer der Mechaniker sagt, er sei im Büro, zeigt mir den Weg. Ich freue mich, ihn zu sehen; er steht am Schreibtisch und beugt sich über ein paar Papiere. Ich klopfe an die Glasscheibe, bis er aufblickt. Auf meinem Gesicht breitet sich ein Lächeln aus, als ich die Tür öffne.
    »Samantha!«, ruft er und steht auf. »Schließ bitte die Tür.«
    »Hallo, Mick.« Er steht leicht vorgebeugt hinter dem Schreibtisch, beide Handflächen auf der Tischplatte, und schaut mich an.
    »Verflucht, was treibst du eigentlich, Samantha?«
    »Was meinst du?«
    »Plötzlich sitzt mir dein Vater im Nacken, weil er glaubt, ich hätte dich dick gemacht!«
    »Nein …«
    »Doch. Du musst ein bisschen besser auf dich aufpassen, Mädchen.«
    Ich stemme die Hände in die Hüften. »Wer sagt denn, dass es meine Schuld war?«
    »Dann such dir einen Kerl, der genug Verstand hat, sich die Socke überzuziehen, bevor er dich pumpt.«
    »Aber es war doch …«
    »Ja, und Panos muss dafür bezahlen. Ist in dem verdammten England gelandet.«
    »Tsk«, stoße ich aus und gehe. Ein Klumpen im Hals. Ich gehe bis Msasani zurück zu Fuß.
    »Er kann nicht«, erkläre ich, als Alison fragt.

1986

Kigamboni
    Alison und Frans sind im Yachtklub. Der Koch ruft mich ans Telefon.
    »Ja«, melde ich mich.
    »Ich habe dich vermisst«, sagt eine Stimme.
    »Victor!«
    »Hey, Süße.«
    »Wo steckst du?«
    »Ich bin so nah, dass ich dich fast schmecken kann«, sagt er. Ich kichere. »Wir können uns sehen, wenn du willst«, fügt er hinzu.
    »Wenn ich will, was meinst du damit?«
    »Vielleicht bist du es ja leid, auf mich zu warten?«
    »Ja, das bin ich wirklich. Aber ich will dich gern sehen. Ich langweile mich. Wo steckst du?«
    »Kigamboni«, antwortet er – eine Halbinsel südlich von Daressalaam, vom Fischereihafen aus gibt’s eine Fähre. In Kigamboni leben nicht sonderlich viele Leute. Ein paar kleine Hotels stehen an der hübschen Küste, allerdings gibt es so gut wie keine Gäste. Die Fährzeiten sind unsicher, und auf dem Landweg muss man einen gewaltigen Umweg ins Landesinnere fahren, bis man zum Mzinga Creek kommt, um nach Kigamboni zu gelangen. Das gehobene Bürgertum veranstaltet in diesen Hotels dennoch gern ihre Hochzeitsfeiern.
    »Aber … kommst du Silvester zu Alison? Bist du eingeladen?«
    »Nein, niemand weiß, dass ich in Tansania bin. Nur du.«
    »Ich dachte, du bist in Angola oder England.«
    »Ich war in

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